MAINZ. Zu der Anhörung des Sachverständigen Dr. Dominic Gißler in der 40. Sitzung des Untersuchungsausschusses „Flutkatastrophe“ nimmt der Obmann der FREIE-WÄHLER-Landtagsfraktion, Stephan Wefelscheid, Stellung:
„Die Ausführungen des Sachverständigen bestätigen meine Annahme, dass die ADD, allen voran ihr Präsident Thomas Linnertz, nicht derart auf die Großschadenslage vorbereitet war wie sie es eigentlich hätte sein müssen. Die bisherige Zeugenvernehmung, insbesondere von auswärtigen Einsatzkräften aus anderen Bundesländern, die in der Einsatzleitung des Krisenstabes zum Einsatz kamen, hatten die Defizite in Struktur und Ablauf bereits offenbart.
Der Sachverständige bestätigte nun: Es fehlte an Schnittstellen zu unteren Ebenen, die Synchronisierung des Personalwechsels war nicht erfolgt. Das S3-Geschäft – Sachgebiet 3 Einsatz – konnte nicht adäquat aufgearbeitet werden. Die Funktionen im Sinne der DV 100 – Dienstvorschrift 100 ,Führung und Leitung im Einsatzführungssystem‘ – wurden zwar formal ausgeübt. Doch: Der Sachverständige führte aus, dass es sich bei der DV 100 um eine generische Dienstvorschrift handelt. Diese bildet den Rahmen für Ablauf- und Einsatzorganisation, enthält jedoch keine konkreten Festlegungen. Es hätte einer Konkretisierung der Prozesse für die Führungsbewältigung bedurft. Daran fehlte es.
Der Sachverständige identifizierte auch das Problem des fehlenden Zielbildes für den Einsatz. Auf meinen Vorhalt in Bezug auf § 6 LBKG, wonach das Land zur Erfüllung seiner Aufgaben im Katastrophenschutz Alarm- und Einsatzpläne für sonstige gefahrbringenden Ereignisse aufzustellen hat, entgegnete der Sachverständige, dass insbesondere Einsatzpläne durchaus hilfreich sein können, Zielbilder zu definieren.
Nach alledem steht für mich fest: Statt in den Urlaub zu fahren, wäre es die Aufgabe der Vizepräsidentin der ADD, Begoña Hermann – sie war immerhin Abteilungsleiterin Bevölkerungsschutz – gewesen, die fehlenden Handreichungen zur Konkretisierung der Aufbau- und Ablaufprozesse aufzusetzen. Diese hätte sie dann auch in die Ablaufprozesse einführen können. Die Aufgabe von Herrn Linnertz wäre es gewesen, als oberster Katastrophenschützer des Landes, im Vorfeld der Großschadenslage rechtzeitig dafür Sorge zu tragen, dass die DV 100 eine entsprechende Flankierung durch Handlungsanweisungen und Richtlinien erhalten hätte, die im Schadensfall hätten greifen können.
Hierbei schützt ihn nicht, dass der Sachverständige auf ein notwendiges, aber fehlendes, Spezialwissen hinwies. Denn Aufgabe eines obersten Katastrophenschützers ist es, sich im Zweifel dieses Spezialwissen zu besorgen. Das ist Kern seiner dienstlichen Aufgabe. Dafür wird er bezahlt. Diese Versäumnisse sind unvertretbar. Der Innenminister muss handeln und Thomas Linnertz wegen dieser Versäumnisse entlassen!“