51. Plenarsitzung – Helge Schwab zu „Entwurf einer Schulordnung für den inklusiven Unterricht an öffentlichen Schulen sowie Entwurf einer Schulordnung für die öffentlichen Förderschulen“ – mit Video

Besprechung der Unterrichtung der Landesregierung

Video: Landtag RLP

Unter dem aufgerufenen Tagesordnungspunkt besprechen wir hier und heute die modernisierte Förderschulordnung und längst überfällige Schulordnung für den inklusiven Unterricht an öffentlichen Schulen. Dass die Sonderschulordnung aus dem Jahr 2000 endlich abgelöst und an die Realität angepasst werden muss – in diesen Punkten sind wir uns hoffentlich alle einig. Wir schreiben immerhin das Jahr 2023.

Mit dem heutigen Tag liegen zwei Schulordnungen vor – eine für die Förderschule und die andere für den inklusiven Unterricht – das möchte ich positiv hervorheben. Das entspricht auch unserer Auffassung: Förderschulen stärken und Inklusion vorantreiben. Wir sprechen uns dafür aus, dass mit den jeweiligen Schulordnungen beide Formen personell und strukturell bestmöglich und zukunftssicher aufgestellt werden. Das muss oberste Priorität haben. Nur so kann es gelingen, die gesamtgesellschaftliche Aufgabe der individuellen Förderung perfekt umzusetzen.

Doch werden beide Systeme mit den neu gefassten Schulordnungen auf zukunftssichere Beine gestellt? Aus unserer Sicht trifft das für die Förderschulen nicht zu und das zeigen auch die kritischen Briefe der Schüler, Eltern und Lehrkräfte, die diese Schulordnung unmittelbar betrifft – auch Sie haben diese Schreiben erhalten. Es sind u.a. Stimmen gegen die Schließung der 10. Klassen an Förderschulen in Rheinland-Pfalz. Weil sie vollständig an der Realität für bedarfsgerechte Förderung vorbeigehen. Das System Förderschule“ macht nur Sinn, wenn man darin starten und darin abschließen kann.

Das heißt: Ein spezifischer Förderbedarf muss in allen Schwerpunkten so früh wie möglich festgestellt werden. Diese Kinder müssen dann die Möglichkeit haben, von der 1. bis zur 10. Klasse eine Förderschule besuchen zu dürfen. Und sie müssen auch dort die Berufsreife erlangen können.

So verstehen wir die FREIE WÄHLER Landtagsfraktion eine umfassende, durchgängige Förderung.

Ihre Entwurfsfassung sieht allerdings vor, dass die Schulen mit dem Förderschwerpunkt Lernen zukünftig keinen Abschluss der Berufsreife mehr vergeben dürfen.

Das bedeutet konkret: Um einen Abschluss zu erlangen, müssten diese Kinder von einer Förderschule auf eine Realschule plus oder Integrierte Gesamtschule wechseln. Ein Wechsel in einen gänzlich neues und unbekanntes Lernumfeld. Das kommt einem geplanten Bruch der Bildungsbiografie gleich und kann aus pädagogischer Sicht nicht empfohlen werden. Wir lehnen das entschieden ab!

Eine Schulelternsprecherin bringt es für uns auf den Punkt – mit Erlaubnis des Präsidenten möchte ich zitieren: „Damit beschneidet man den Kindern mit Förderbedarf einen guten Weg und mutet ihnen ein Jahr vor dem Abschluss einen Schulwechsel zu. Würde man einem Gymnasiasten ein Jahr vor dem Abitur einen verpflichtenden Schulwechsel zumuten?“

Und eine betroffene Mutter fügt an: „Damit hängt die Schließung von Förderschulen wie ein Damoklesschwert über uns – dies ist eine für alle Betroffenen unzumutbare Situation!“ An dieser Stelle möchte ich Sie Frau Dr. Hubig ehrlich fragen: Wie kommen Sie auf die Idee, das Erreichen der Berufsreife auslaufen zu lassen, und welcher pädagogischen Empfehlung folgen Sie damit? Die Stimmen aus der Praxis sprechen ganz klar eine andere Sprache. Ihr Vorhaben ist für die betroffenen Jugendliche eine schier unzumutbare und chancenverwehrende Situation.

Wurde diese Personengruppen, die von der Schulordnung unmittelbar betroffen ist, überhaupt in den Prozess der Überarbeitung eingebunden? Unseres Wissen nach nicht. Immerhin sind Sie es liebe Sozialdemokraten, die Partizipation traditionell einfordern. Und allzu gern geben Sie selbst vor, dass im Vorfeld einer Planung eine Beteiligung aller relevanten Gruppen zu erfolgen habe. Hat diese stattgefunden? Oder passt es in diesem Fall gerade nicht zur eigenen Agenda?

Die Agenda, die da lautet: Inklusion als einzigen Weg und selbsterklärtes Ziel zu erreichen. Mit dieser sogenannten Modernisierung werden die Förderschulen in unserem Land de facto geschwächt. Und das ist für uns eine untragbare Situation. Wir, die FREIE WÄHLER-Landtagsfraktion, sprechen uns ganz klar für die gute Arbeit an den dringend benötigten Förderschulen und damit für den uneingeschränkten Erhalt dieser Schulform als Alternative zur Inklusion aus – von Anfang bis Ende.

Es gilt das gesprochene Wort.

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