Aktuelle Debatte auf Antrag der CDU-Fraktion
Versetzen Sie sich zurück in die ersten Wochen und Monate Ihrer Ausbildung – sei es in einem Betrieb oder der Universität –, welche fundamentalen Grundlagen Ihnen in dieser ersten Zeit vermittelt wurden und wie wichtig die Inhalte zu Beginn waren, um in den darauffolgenden Jahren Kompetenzen aufzubauen und Wissen zu mehren. Was wäre gewesen, wenn Sie an dieser Wissensvermittlung nicht hätten teilnehmen können – beispielsweise aufgrund fehlender Sprachkenntnisse? Wie soll man das je aufholen? Das entspricht scheinbar der Situation vieler Schülerinnen und Schüler in Rheinland-Pfalz. Ihnen fehlen die notwendigen Kompetenzen, die sie in der Schule brauchen, um dem Schulunterricht zu folgen oder an der Schulgemeinschaft teilnehmen zu können.
Diese beschriebene Situation war zuletzt auch Thema in verschiedenen Sitzungen des Bildungsausschusses. Im Februar haben wir uns mit den hochaktuellen Zahlen des IQB-Bildungstrends beschäftigt – der zeigte Defizite in den grundlegenden Fähigkeiten des Lesens, Schreibens und Rechnens auf. Und letzte Woche diskutierten wir im Ausschuss ausführlich über die Situation an der Gräfenauschule Ludwigshafen. Dort müssen voraussichtlich 40 Schülerinnen und Schüler das erste Schuljahr wiederholen – ein belastender Zustand für Kinder, Eltern und Lehrkräfte. Es ist klar, wenn es um die basalen Kompetenzen der Kinder geht, müssen wir handeln, eine Trendwende einleiten und uns auf die Bewältigung dieser Herausforderungen konzentrieren.
Vor allem die individuellen Sprachkompetenzen der Kinder nehmen eine Schlüsselrolle ein und tragen positiv oder negativ zu Lernerfolg, Chancengerechtigkeit und Integration bei. Denn jede Form der schulischen Interaktion, der Wissensvermittlung und des Lernens sind sprachlich gestaltet. Ohne Deutschkenntnisse können Kinder dem Unterricht nicht folgen, die Grundfertigkeiten des Lesens, Schreibens und Rechnens nicht aufbauen. Ich möchte an dieser Stelle gern den Matthäus-Effekt „Wer hat, dem wird gegeben“ heranziehen und umkehren: „Wer nicht hat, dem wird auch noch genommen.“ Bedeutet, dass Kindern ohne Deutschkenntnisse auch die Chance auf schulische Teilhabe und sozialen Aufstieg verwehrt bleibt.
Umfassende Förderung, eng verbunden mit Diagnostik, sind das Mittel der Wahl. Und das so früh wie möglich. Daher sollte aus Sicht der FREIE WÄHLER-Landtagsfraktion gute Bildung verbindlicher und schon vor der Schule beginnen. Bereits im Kindergarten werden Kernkompetenzen, wie sprachliche Bildung, kognitive und motorische Fähigkeiten, vermittelt und damit der Grundstein für einen erfolgreichen Einstieg in die schulische Laufbahn gelegt. Eine verpflichtende Schulvorbereitungszeit sollte laut Experten 12 bis 18 Monate betragen, damit noch ausreichend Zeit für eine Sprachstandsdiagnose und entsprechende Förderung bleibt. Schwierige Startbedingungen bestimmen häufig den gesamten Bildungs- und Lebensweg. Lassen Sie uns also gemeinsam dafür eintreten, die Voraussetzungen für einen möglichst frühen und lebenslangen Zugang zu individueller Bildung für jeden zu schaffen.
Es gilt das gesprochene Wort.