37. Plenarsitzung – Herbert Drumm zu „Weiterbildung in Rheinland-Pfalz stärken und ausbauen“ (Besprechung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD und Antwort der Landesregierung auf Antrag der Fraktionen der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP) – mit Video

Video: Landtag RLP

Nachdem ich gestern wieder ein Lebensjahr vollendet habe, erlauben Sie mir einen kurzen Rückblick in die – manchmal – gute alte Zeit. Es gab einmal ein Ministerium, in dem alles was zusammengehört auch zusammen war. Es trug den Namen: Minis-terium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur. Es war ein Superminis-terium, das aber mit gutem Personal sehr wohl beherrschbar war und gut arbeitete. Wenn Frau Ahnen anwesend wäre, fände ich sicherlich Ihre Zustimmung! Die Auf-splitterung dieser Bereiche – politisch oder aus anderen Gründen gewollt – in ver-schiedene Ministerien und Zuständigkeiten ist in meinen Augen mehr als unklug.

Doch nun zum eigentlichen Thema. Seit Jahrzehnten sichert technologischer Vor-sprung den wirtschaftlichen Erfolg der Industrie- und Exportnation Deutschland, deren wertvollste Ressource gut ausgebildete Menschen sind, ob Facharbeiter, Handwerker, Ingenieure oder Wissenschaftler.

Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird die Arbeitswelt in naher Zukunft von Künstlicher Intelligenz und Robotik geprägt sein. Von Menschen ausgeführte einfache Arbeiten wird es nur noch in geringem Maße geben, genau so wenig wie lebenslang garan-tierte und unveränderliche Arbeitsplätze. Geistige Flexibilität und die Fähigkeit, sich in neue Gebiete einzuarbeiten, werden also von herausragender Bedeutung sein und müssen lebenslang bestmöglich entwickelt und gefördert werden.
Vor diesem Hintergrund ist eine breite Palette an Weiterbildungsangeboten, durch die das vorhandene berufliche Wissen immer wieder aktualisiert und erweitert wer-den kann, für die Zukunft unseres Landes unverzichtbar. Und daher bedarf auch das Weiterbildungsangebot eine stetige Ausweitung und Anpassung an aktuelle und künftige Themenfelder.
Es ist gut, dass das Land die Weiterbildungsträger, also vor allem die Volksbil-dungswerke und Volkshochschulen, nach Kräften unterstützt. Es ist wichtig, dafür zu sorgen, dass durch Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft bereits notwendi-ge und künftig sinnvolle Weiterbildungsangebote den Trägern nahegelegt werden, damit das zu vermittelnde Fachwissen frühzeitig bereitgestellt werden kann. Vor diesem Hintergrund begrüßen die FREIEN WÄHLER die Initiative der Transformati-onsagentur, Kooperationen mit Trägern der Weiterbildung einzugehen und diese in so gennannte „Praktiker-Talks“ einzubinden, bei denen Handlungsbedarf erkannt und aufgezeigt werden kann.

Doch es nicht damit getan, neue Weiterbildungsangebote zu schaffen: Gerade in Rheinland-Pfalz müssen das Land und die Weiterbildungsträger auch dafür sor-gen, dass diese Angebote in der Fläche wahrgenommen werden und viel mehr Menschen die wachsende Bedeutung von lebenslangem Lernen erkennen. Nur dann werden sie bereit sein, einen Teil ihrer Lebens- und Freizeit zu investieren, um zusätzliche Qualifikationen für ihre berufliche Tätigkeit zu erwerben und ihren Wert als Arbeitskraft zu erhöhen.

Die rheinland-pfälzischen Arbeitgeber sollten durch die Landesregierung noch stärker motiviert werden, ihre Mitarbeiter noch mehr als bisher auf sinnvolle Weiter-bildungsangebote aufmerksam zu machen und deren Teilnahme daran durch zeit-liche Freiräume oder finanzielle Anreize zu fördern. Denn es liegt im Interesse der Unternehmen, in einer Phase des zunehmenden Fachkräftemangels die vorhan-dene Man-Power durch optimale Aus- und Weiterbildung voll nutzen zu können, um eine möglichst hohe Wertschöpfung zu erzielen. Daher muss auch die innerbe-triebliche Weiterbildung gewürdigt und unterstützt werden.

Auch im Bereich der „Politischen Bildung“ sehen die FREIEN WÄHLER erhebli-chen Handlungsbedarf: Der zunehmend feststellbaren Demokratieverdrossenheit muss entgegengewirkt werden, indem möglichst vielen Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes ein ausreichendes Fundament an politischer Bildung und Wissen um die Grundlagen unseres Staates vermittelt wird. Dies birgt auch die Chance, dass die Bereitschaft zum politischen Engagement wieder zunehmen könnte.
Bei der Vermittlung von Basiswissen, beispielsweise bei der Alphabetisierung oder beim Erwerb eines Schulabschlusses, haben die Weiterbildungsträger in der Ver-gangenheit wertvolle Beiträge für unser Gemeinwesen geleistet, auf die wir auch in Zukunft nicht verzichten können. Doch sollte der Bereich der allgemeinen Weiter-bildung nach Einschätzung der FREIEN WÄHLER noch stärker als bisher durch Angebote zur beruflichen Weiterbildung ergänzt werden. Denn die notwendige Transformation der Wirtschaft kann nur gelingen, wenn gewährleistet ist, dass die Arbeitnehmer auf diese Entwicklung ausreichend vorbereitet werden. Nur dann werden sich die Industrie und die mittelständischen Unternehmen unseres Landes auch weiterhin im internationalen Wettbewerb behaupten können.

Lassen Sie mich zum Schluss nochmals kurz den Bogen zum Anfang meiner Rede schlagen: Wie schon der Name sagt, hat Weiterbildung etwas mit Bildung zu tun. Vor allem ist Sie nur dann wirklich erfolgreich und den Anforderungen der Zukunft gewachsen, wenn Sie auf der Grundlage einer guten, einer sehr guten Bildung aufbauen kann. Und da, meine Damen und Herren, ist auch in Rheinland-Pfalz bei Weitem nicht alles Gold, was glänzt. Ein ganz weites Betätigungsfeld – aber mit ei-ner Anhebung der Besoldung der Grundschullehrer auf A13 ist es sicherlich nicht getan!

Es gilt das gesprochene Wort.

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