Zum Abschluss der Haushaltsdebatte möchte ich nun noch einmal zu den Einzelplänen 12 und 20 Stellung beziehen. Beginnen möchte ich mit dem Einzelplan 20 – Allgemeine Finanzen – und somit das Pferd von hinten aufzäumen.
Für uns FREIE WÄHLER ist dieser Einzelplan naturgemäß von besonderer Relevanz. Im Kapitel 20 06 werden dort nämlich die Zuweisungen an kommunale Gebietskörperschaften abgebildet. Womöglich ist Ihnen der römische Politiker Cato der Ältere ein Begriff. Während einer Periode in seiner Zeit im Senat beendete er jede Rede – gleich welchen thematischen Schwerpunkts – mit den Worten:
Ceterum censeo Carthaginem esse delendam : Im Übrigen bin ich der Auffassung, dass Karthago zerstört werden muss.
Weniger martialisch, aber mit ebensolcher Vehemenz fordern wir seit Jahren, dass der Kommunale Finanzausgleich aufgestockt wird. Und durchaus stolz haben wir zur Kenntnis genommen, dass es einen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Einzug der FREIEN WÄHLER in den Landtag und der von der Landesregierung vorgeschlagenen Altschuldenlösung gibt. Wie Cato werden wir jedoch immer wieder – stetig, beharrlich und entschlossen – die gleiche Forderung erheben:
Dem kommunalen Finanzausgleich fehlen jährlich 300 Millionen Euro!
Es ist richtig und wichtig, dass die Verfassungswidrigkeit des kommunalen Finanzausgleichs in seiner aktuellen Form festgestellt wurde. Was uns jedoch irritiert, ist die vorbauende Lesart, mit der das Urteil seitens der Landesregierung aufgefasst wurde. Es wird nämlich unablässig darauf hingewiesen, die Ausgestaltung sei verfassungswidrig, nicht die Höhe. Sie alle wissen, dass wir FREIE WÄHLER über kommunalpolitische Praxiserfahrung auf verschiedenen Ebenen verfügen. Wir alle haben eine beschwerliche Ochsentour hinter uns, die uns vor Augen geführt hat, wie es um die Haushalte vieler Kommunen bestellt ist.
Allein: Niemand braucht diesen Erfahrungsschatz, um zu erkennen, dass die Neuregelung des KFA nur mit einer deutlichen Steigerung der Schlüsselzuweisungen einhergehen kann. Die Frage des Wie ist von Bedeutung. Die Frage des wie viel mehr stellt sie jedoch deutlich in den Schatten.
Doch während Kommunen unter finanziellen Belastungen ächzen, Brücken marode werden und die Energiepreise ins Unermessliche steigen, wächst die Haushaltssicherungsrücklage immer weiter. Das Zauberwort des Jahres 2022 ist jedoch Entlastung! Einige Beispiele: Schaffen Sie endlich die Straßenausbaubeiträge ab und kompensieren Sie die Kommunen in entsprechender Höhe. Verzichten Sie auf die Erhebung der Grunderwerbssteuer beim Kauf einer Erstimmobilie bis 500.000 Euro. Stärken Sie Siedlungsgesellschaften, um vor Ort Ideen für die Schaffung von dringend benötigtem Wohnraum im Einklang mit einer intelligenten Stadtentwicklung zu fördern. Was bringt eine Haushaltssicherungsrücklage von über 1 Mrd. Euro, wenn sie gerade in Zeiten der Inflation unberührt bleibt. So verkommt sie zum Papiertiger, zum Scheinriesen.
Das Thema Wohnraum führt uns zum Einzelplan 12. Es ist eine recht plumpe Binsenweisheit, dass wir immer mehr werden. Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass diese Aussage uns faktisch mit Problemen konfrontiert. Der Krieg in der Ukraine wird die Situation auf dem Wohnungsmarkt weiter verschärfen. Es ist unsere Pflicht, Lösungen – gerade im Bereich der sozialen Wohnraumförderung – zu finden, die allen Menschen gleich welcher Herkunft, gleich welchen Einkommens, die Gelegenheit bieten, ein Zuhause zu finden, es bezahlen zu können und sich dort wohlzufühlen. § 13 b Baugesetzbuch liefert hier einen pragmatischen Ansatz. Er ermöglicht es Kommunen, in einem beschleunigten Verfahren, Bebauungspläne zur Siedlungsabrundung im Außenbereich für Wohnnutzungen mit einer Grundfläche von bis zu 10.000 Quadratmetern aufstellen zu können. Bislang ist dieses Instrument bis zum 31.12.2022 befristet. Gerade vor dem Hintergrund der schrecklichen Lage Geflüchteter aus der Ukraine gilt es, diese Regelung zu verlängern. Gleichsam ist eine entsprechende Verlängerung von § 13 b Baugesetzbuch notwendig, um gerade junge Familien zeitnah beim Immobilienerwerb zu unterstützen, bevor sich die Preisspirale am Wohnungsmarkt weiter nach oben dreht.
Nehmen Sie aber auch unsere Studenten. Es darf nicht sein, dass sich ein kluger Kopf aus Rheinland-Pfalz für einen Universitätsstandort in NRW, Bayern, Hessen oder im Saarland entscheidet, weil er oder sie in Koblenz, Mainz oder Kaiserslautern keine Wohnung findet. Kurzum: Wir brauchen mehr Studentenwohnungen, am besten energetisch saniert, um die Nebenkosten auf einem erträglichen Niveau zu halten. Wir können uns keinen Brain-Drain erlauben. Ganz im Gegenteil: Der Wohnungsmarkt für Studenten in Rheinland-Pfalz muss zum Pull-Faktor für die Entscheidung eines Studiums an einer unserer herausragenden Universitäten werden.
Lassen Sie mich abschließend noch einige Worte an unsere Kollegen der CDU zum Thema Landesgrundsteuer richten, wobei ich mich den Ausführungen von unserem Fraktionsvorsitzenden, Dr. Joachim Streit, im HuFA anschließen möchte. Die Öffnungsklausel wurde den Ländern vom Bund zugestanden, um eigene Modelle zur Landesgrundsteuer zu entwickeln. Am Einbringen des Gesetzesentwurfes der CDU ist also nichts verwerflich. Auch dass die Wahl auf das modifizierte Bodenwertmodell in Anlehnung an Baden-Württemberg fiel, ist zunächst neutral zu betrachten. Das Anhörverfahren der Sachverständigen hat gezeigt, dass alle existierenden Modelle ihre Stärken und Schwächen haben. Entscheidend für unser Nein zum Gesetzesentwurf der CDU ist der Zeitpunkt. Wir können den Finanzämtern, die bei der Neugestaltung der Grundsteuer bereits in Vorleistung getreten sind, doch jetzt nicht mehr zumuten, die getane Arbeit einfach über den Haufen zu werfen. Dort hat man sich nun mal am Bundesmodell orientiert. Jetzt fehlt schlicht die Zeit, um sich noch einmal ganz neu aufzustellen. Beim Jobrad, liebe CDU, haben Sie uns auf Ihrer Seite.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wir sind am Ziel eines langen Haushaltsmarathons angekommen. Unsere Fraktion hat nun auch in dieser Königsdisziplin ihr Debut gegeben. Die Haushaltsberatungen, aber auch die vergangenen Plenartage, haben gezeigt, dass der oftmals als trocken verschriene Haushalt, Stoff für leidenschaftliche Debatten bietet. Dass diese Debatten in dieser demokratischen Arena aber überhaupt stattfinden konnten, ist der Verdienst der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Finanzministeriums. Ihnen gilt mein aufrichtiger Dank. Ebenso Ihnen, werte Kolleginnen und Kollegen, für Dissens und Anerkennung, Streitgespräche und Einigkeit, Kritik und Unterstützung.
Verbleiben möchte ich mit Cato und dem Hinweis auf unser zur Einzelabstimmung stehendes Deckblatt Nr. 75:
Dem kommunalen Finanzausgleich fehlen jährlich 300 Millionen Euro!
Es gilt das gesprochene Wort.