Erwiderung des Fraktionsvorsitzenden Helge Schwab auf die Regierungserklärung des Ministerpräsidenten Alexander Schweitzer

Noch keine 100 Tage ist Alexander Schweitzer im Amt, doch er habe eine ungleich schwerere Bürde zu tragen als seine Vorgängerin Malu Dreyer, konstatierte Helge Schwab, Vorsitzender der FREIE WÄHLER-Fraktion im Landtag Rheinland-Pfalz, in seiner Erwiderung auf die Regierungserklärung des neuen Ministerpräsidenten des Landes Rheinland-Pfalz. Schwerpunktmäßig nennt Schwab als Erstes die Auswirkungen der Flutkatastrophe im Sommer 2021 – und die springen dem Ministerpräsidenten auch heute noch nahezu täglich aus den Medien in die Augen: Mangelnde Unterstützung, Unverständnis darüber, warum erst 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung stehenden 15 Milliarden Euro ausgezahlt seien. Immerhin sind seither drei Jahre vergangen. „Bei dem Tempo würde es wohl unter einer von der Ampel gestützten Landesregierung noch weitere 27 Jahre dauern, bis alle Mittel verausgabt sind“, kritisiert der Fraktionsvorsitzende der FREIEN WÄHLER – und ergänzt: „Sie, Herr Schweitzer haben in einer ersten Erklärung den Aufbau der Flutregionen als ihren persönlichen Schwerpunkt aufgelistet. Ich empfehle Ihnen, sich ein Beispiel an der Versicherungswirtschaft zu nehmen: Dort sind insgesamt bereits 7,5 Milliarden Euro geflossen, eine zehnprozentige Rücklage wurde gebildet – die Schadensregulierung ist dort weitestgehend abgeschlossen. So funktioniert der Aufbau – nicht im Verharren auf bürokratischen Hürden!“

Eines vermissen die Rheinland-Pfälzer und Betroffenen der Flutkatastrophe zudem bis heute: Eine Entschuldigung der ehemaligen Ministerpräsidentin Dreyer. „Eine Chance hätte bis zum Ende der Amtszeit bestanden. Vielleicht überlegen Sie es sich, Herr Ministerpräsident und springen über den Schatten der Regierung. Die Menschen im Ahrtal und in den Flutregionen warten noch immer auf ein Zeichen . . .“

Allerdings richtet Helge Schwab auch lobende Worte an den Ministerpräsidenten, der auch das Thema Bildung zu einem Schwerpunkt seiner Amtszeit erklärt hat. Erste Auswirkungen seien spürbar. „Verpflichtende Sprachtests vor Eintritt in die Grundschule! Vielen Dank, dass die Forderung der FREIEN WÄHLER endlich aufgegriffen wird!“  Doch Schwab fordert von Schweitzer auch „den Mut, ein verpflichtendes Vorschuljahr einzuführen, anstatt die erste Klasse künstlich zu verlängern“. Hatte der Ministerpräsident doch geäußert, die erste Klasse könne auf zwei Jahre gestreckt werden. „Das soll doch hoffentlich keine Rechtfertigung dafür sein, dass in Rheinland-Pfalz so viele Kinder die erste Klasse wiederholen müssen“, fragt der Fraktionsvorsitzende der FREIEN WÄHLER und erneuert die Forderung nach mehr Lehrkräften, um den Spagat zwischen großen und vor allem heterogenen Lerngruppen bewältigen zu können. „Eine Antwort auf das heterogene Klassenzimmer ist noch nicht gefunden!“

Erfreut registriert Helge Schwab auch die geplante Erhöhung der Polizeibeamten auf 10.500 – allerdings nach Köpfen, nicht nach Vollzeitäquivalenten wie FREIE WÄHLER es mit der Anzahl von 11.000 gefordert hatten. „Aber immerhin: Der Weg stimmt. Aber wir werden nicht müde, unsere berechtigten Forderungen weiter zu stellen – ebenso wie die nach der Rente für ehrenamtlich tätige Feuerwehrleute.“

Dass diese Beharrlichkeit Wirkung zeigt, ist auch am Kommunalen Finanzausgleich zu sehen, resümiert Schwab, dessen Vorgänger Joachim Streit beharrlich einen Härtefallfonds von 100 Millionen Euro gefordert hatte, um den beim Landesfinanzausgleichsgesetz benachteiligten Kommunen eine Chance auf einen Neuanfang zu geben. „Diese Forderung ist heute rund eineinhalb Jahre alt. Mit der Ankündigung eines neuen Förderprogramms für Kommunen mit hohen Schuldenbergen für über 200 Millionen Euro – bezahlt aus der prall gefüllten Rücklage – haben Sie schon einmal einen Pflock eingeschlagen.“

Auch hier bleibt festzustellen: FREIE WÄHLER wirken!

Die Unzulänglichkeiten der Landesregierung verdeutlicht Helge Schwab dann weiter beim Thema Mobilität und fordert den Ministerpräsidenten auf, den Fehler bzw. eine Baustelle seiner Vorgängerin zu beseitigen. „Die Trennung von Straße und Mobilität auf zwei Ministerien hat sich in der Praxis nicht bewährt. Fragen Sie nach bei den zuständigen Verkehrsverbünden. Der Landesverkehrsplan lässt weiter auf sich warten. Wenn es ein Bürokratieungetüm der jüngsten fünf Jahre gibt, so ist es das damit verbundene neue Nahverkehrsgesetz.“ Der Verkehr auf dem flachen Land breche zusammen, die Akzeptanz gehe verloren – und dazu komme auch noch die Unsicherheit beim Deutschland-Ticket.

Eine Lanze bricht Schwab auch für die Landwirtschaft und das Handwerk. Auch hier fordern FREIE WÄHLER eine stärkere Unterstützung seitens des Landes. „Sorgen Sie dafür, dass unsere heimische Landwirtschaft nicht Ideologien zum Opfer fällt. Wir sollten in einem Landwirtschafts-Pakt für Rheinland-Pfalz die Kräfte bündeln, konzertiert den Landwirten und dem Handwerk im Land Perspektiven aufzeigen und Chancen ermöglichen, damit es auch in Zukunft heißt: ,starke Bauern – starkes Land: regionale Lebensmittel: gut für Land und Leute‘. Denn es sind unsere Selbständigen, Unternehmerinnen und Unternehmer aller Wirtschaftszweige, die unseren Wohlstand in Rheinland-Pfalz garantieren. Dafür nimmt Helge Schwab den Ministerpräsidenten erneut gerne beim Wort: „Gleichwertige Lebensbedingungen in Stadt und Land.“ Dazu gehört auch die Unterstützung der Bäcker und Metzger, die derzeit vielerorts die Pforten schließen.

Auch den Jägern stehen FREIE WÄHLER weiterhin zur Seite. „Was da im vorigen Jahr als Regierungsentwurf zum Landesjagdgesetz veröffentlicht wurde, war ein Offenbarungseid. Waldschutz über allem, die Jagd fällt hinten runter. Wir dürfen nicht nur die ökologische Ausrichtung beachten, sondern auch die ökonomische – und das Festhalten an bewährten Strukturen. Der neu zu diskutierende Vorschlag hat ein anderes Gesicht.“ Den Ministerpräsidenten bittet er auch hier, seine Richtlinienkompetenz zu nutzen und ein weiteres Jagddebakel zu verhindern. Und, im Bundesrat darauf zu achten, dass das neue Bundeswaldgesetz in einem so waldreichen Land wie Rheinland-Pfalz nicht den nächsten Flurschaden produziert.

Der Fraktionsvorsitzende der FREIEN WÄHLER wirft auch einen Blick auf den Doppelhaushalt 2025/26. Nachdem der Ministerrat den Entwurf beschlossen hat, gewinnt das politische Zahlenwerk für die nächsten beiden Jahre an Kontur. Aber gleichzeitig mischt sich Skepsis in diesen noch von der Regierung Dreyer und ihrer Finanzchefin Ahnen geprägten Haushalt. „Unsere chronisch klammen Kommunen haben von der Landesregierung einen Befreiungsschlag erwartet, aber dazu wird es offenbar nicht kommen. Die signifikante Erhöhung des Kommunalen Finanzausgleichs gegenüber dem Jahr 2024 verliert an Bedeutung, wenn man bedenkt, dass die Schlüsselzuweisungen 2023 ebenfalls über denen des Folgejahres lagen. Somit ist das Schönfärberei – und die Verantwortlichen vor Ort wissen das. Auch bei den ,Rekordsummen‘ im investiven Bereich wird uns ein X für ein U vorgemacht. Denn Tatsache ist – und die Berichte des Rechnungshofs belegen dies -, dass Rheinland-Pfalz im Vergleich der Flächenländer bei der Investitionsquote abgeschlagen ist. Kommt man vom nichts, lassen sich schnell Rekorde erzielen. Und öffnet man im Vorwahljahr die prall gefüllte Sparschatulle, lassen sich möglicherweise einige Wähler davon blenden.“

Schwab „verspricht“ dem Ministerpräsidenten: „Wir FREIEN WÄHLER werden jedenfalls diesen Doppelhaushalt kritisch begleiten und ihrem politischen Handeln mit monetären Morgengaben unsere besondere Aufmerksamkeit schenken.“

Die komplette Rede gibt’s unter: Im Plenum / 70. Plenarsitzung.

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