64. Plenarsitzung – Helge Schwab zu “Erfolgsgeschichte Biotechnologie in Rheinland-Pfalz: Der translationalen Forschung den Boden bereiten”

Aktuelle Debatte auf Antrag der SPD-Fraktion

Video: Landtag RLP

Mit Erlaubnis des Präsidenten zitiere ich gleich zu Anfang: „Wir werden nie eine große Biotech-Nation haben, da haben wir den Zug verpasst“. Diese bei einer öffentlichen Anhörung des Wirtschaftsausschusses im Bundestag zum Thema „Deutschland als Innovations-, Biotechnologie- und Pharmastandort“ am 1. März 2023 getätigte Expertenaussage macht wenig Mut.

Doch ist der Zug wirklich abgefahren?

Der bevorstehende internationale Tag der Immunologie am Montag, 29. April, ist ein Anlass, über diese Frage nachzudenken. Eines steht für mich bereits fest: Entscheidend wird für unser Land sein, Forschungsergebnisse aus Medizin und Naturwissenschaften so schnell und vor allem so gut wie möglich in die Gesundheitsversorgung einfließen zu lassen.

Wir sprechen in diesem Zusammenhang von „TransLationaler“ Medizin. Grundsätzlich sehe das Ganze nicht so schwarz wie es auf den ersten Blick erscheint. Gerade die Entwicklungen rund um die Universität Mainz zeigen uns, dass es in Deutschland sehr wohl Perspektiven gibt.

Sicherlich: Wir werden in diesen Bereichen nie gegen das Tempo schritthalten und vor allem die Dimensionen erreichen, mit dem die Vereinigten Staaten von Amerika und China auf diesem noch relativ jungen Markt agieren. Doch brauchen wir uns trotzdem nicht zu verstecken, zumal wir den Schutz von Patienten höher halten als andere. Gerade auch hier in Rheinland-Pfalz.

Die Ampel-Fraktionen weisen gern darauf hin, dass das Land bis einschließlich 2026 Steuermittel in Höhe von rund 800 Millionen Euro für die Förderung der Biotechnologie und der Lebenswissenschaften bereitstellen wird. Auch wird immer wieder gern betont, dass das Land zwischen 2010 und 2020 insgesamt 200 Millionen Euro zusätzlich für die Forschungsförderung ausgegeben hat. Wir könnten mit diesen Zahlen die Debatte beenden und uns gegenseitig auf die Schulter klopfen.

Ich frage dennoch: Reicht das? Wir wissen alle um die globale Konkurrenz.

Aber, dass die größte Konkurrenz aus dem eigenen Bundesgebiet kommt, ist in der Öffentlichkeit noch nicht überall angekommen. So hat sich in Bayern ein Biotechnologie-Cluster formiert, das vom Großraum München bis in den nördlichen Landesteil reicht. Am Rande sei erwähnt, dass Würzburg mit rund 150 Km Entfernung aus der Mainzer Perspektive gar nicht so weit weg ist. Und unsere Nachbarn in Hessen werben mit rund 20.000 Beschäftigten im Biotech-Sektor, die einen Jahresumsatz von 5,2 Milliarden Euro erwirtschaften. Das sind deutliche Signale nach Rheinland-Pfalz.

Gut, dass hier mehr getan wird, als sich über den „Biontech-Sondereffekt“ zu freuen. Die Entwicklungen rund um den geplanten Biotech-Campus an der Saarstraße, quasi in Verlängerung des Universitätscampus, spiegeln wider, dass es zumindest im Bereich der Biotechnologie eine Aufbruchsstimmung gibt. Grundlagenforschung, anwendungsbezogene Forschung und der direkte Draht zu den Unternehmen: In Mainz hat sich in den vergangenen Jahren ein Netzwerk entwickelt, das sich auch im internationalen Vergleich sehen lassen kann. Es kommt nicht von ungefähr, dass allein die Mainzer Wissenschaftsallianz rund 4.000 Mitglieder hat.

Und: Mit ihren 36.000 Studenten, 4.150 Wissenschaftlern, davon 540 Professoren, sowie 150 Instituten und Kliniken gehört die Universität Mainz zu den größten und führenden Hochschulen in Deutschland. Das gilt auch für die Ausbildung von Medizinern. Diese Tatsachen sind angesichts der leidigen Diskussion um die finanziellen und personellen Probleme der Universitätsmedizin ein wenig ins Hintertreffen geraten – ebenso die Tatsache, dass die örtlichen Wissenschaftler oft Herausragendes leisten.

Es kommt nicht von ungefähr, dass an der Johannes Gutenberg-Universität ein Forschungszentrum TransLationale Medizin mit drei Einrichtungen angesiedelt ist. Das große Ziel: Die Personalisierte Präzisionsmedizin durch Entwicklung neuer Verfahren und Therapien voranzubringen – und das ganz besonders auch mit Blick auf unsere Jüngsten. Ich nenne daher exemplarisch das Kinderonkologische Zentrum der Universitätsmedizin.

Hier werden unter anderem neuartige Immuntherapeutische Ansätze für den Kampf gegen den Krebs im Rahmen der Pädiatrischen Onkologie entwickelt. Mit Blick auf die kommenden Haushaltsberatungen ist die Politik in der Pflicht, auch künftig für eine auskömmliche Finanzierung dieser Vorzeigeeinrichtungen zu sorgen.

Es gilt das gesprochene Wort.

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