56. Plenarsitzung – Helge Schwab zu „Zukunft der Krankenhausstandorte in Rheinland-Pfalz“ – mit Video

Aktuelle Debatte auf Antrag der FREIE WÄHLER-Fraktion

Video: Landtag RLP

Rund 152,8 Millionen Euro: Das ist der jeweilige Ansatz der Landesregierung im Bereich der Krankenhausfinanzierung für die Jahre 2023 und 24. Das sind immerhin jeweils eine Million Euro mehr als 2021. Auf den ersten Blick sind diese Beträge beeindruckend. Bei näherer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass die Mittel für den Erhalt und den Ausbau unserer Kliniken im Land vorn und hinten nicht ausreichen.

Nach Angaben der Krankenhausgesellschaft Rheinland-Pfalz, die auf wissenschaftlichen Berechnungen beruhen, wären rund 300 Millionen Euro erforderlich, damit das Land seine Verpflichtungen voll erfüllen kann –  und zwar jährlich! Dazu kommt, dass die meisten Kliniken infolge der aktuellen Preissteigerungen in allen Bereichen nicht mehr kostendeckend arbeiten können. Wir gehen weiterhin davon aus, dass das Geschäftsjahr 2023 für 80 Prozent der Krankenhäuser im Land mit roten Zahlen endet. Die millionenschweren Gesamtdefizite vieler Häuser werden sich also weiter erhöhen.

Schon diese wenigen Fakten zeigen, dass wir in Rheinland-Pfalz gemeinsam eine Strategie entwickeln müssen, um zu retten, was noch zu retten ist. Es reicht nicht, auf die große Krankenhausreform zu hoffen, die von Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach schon jetzt als Lösung aller Probleme verkauft wird.

Wir sehen das alles sehr skeptisch – auch das sogenannte Transparenzgesetz, das für uns ein Symbol dafür ist, dass der Bund immer öfter in ureigene Zuständigkeiten der Länder hineinfunkt.

Fakt ist, dass frühestens 2026 Geld fließen wird. In den zahlreichen Informationsveranstaltungen, an denen ich in den vergangenen Wochen teilgenommen habe, war nicht nur hinter vorgehaltener Hand sogar von einem Zeitkorridor von 2027 bis 2028 die Rede. Bis dahin dürfte es mindestens ein Drittel der Krankenhäuser infolge des Liquiditätsmangels nicht mehr geben.

An allen Ecken und Enden fehlt Geld, aktuell ist sogar fraglich, ob das vom Bund geschnürte Hilfspaket zur Deckung der Energiekosten in Höhe von rund 6 Milliarden Euro tatsächlich in voller Höhe ausgezahlt werden wird. Ein „Nachschlag“ ist ebenso wenig in Sicht wie das
erhoffte „Vorschaltgesetz“, um die schwierige Situation einigermaßen in den Griff zu bekommen.

Und auch der Liquiditätspakt des Landes hilft nur bedingt, auch wenn sich die Summe von 275 Millionen Euro zunächst einmal gut anhört. Der Liquiditätspakt gewährt, und das haben Sie, Herr Minister Hoch, selbst gesagt, lediglich eine Verschnaufpause. Auch fließt kein frisches Geld, es wird nur die Zahlung und Zuteilung von Mitteln beschleunigt, die den Krankenhäusern ohnehin zustehen. Hier darf die SPD gerne ihre Werbung der ganzen Wahrheit anpassen.

Nach Angaben der Barmer haben allein die gesetzlichen Krankenkassen 2022 insgesamt rund 88,3 Milliarden Euro für den Krankenhaussektor bereitgestellt, das war knapp ein Drittel der Gesamtleistungen. Davon flossen 5,4 Milliarden Euro nach Rheinland-Pfalz. Dem stehen tatsächliche Investitionen des Landes in Höhe von 142 Millionen Euro gegenüber. Für 2023 und 24 ist zu erwarten, dass die jeweiligen Gesamtaufwendungen der gesetzlichen Kassen die 300-Milliarden-Euro-Grenze deutlich übersteigen.

Man muss kein Prophet sein, um vorauszusehen, dass sich die Kassen sehr zurückhalten werden, wenn es um die Stabilisierung der Krankenhäuser geht. Wer genau hinhört, erkennt schon jetzt den Wunsch einer Verlagerung von Leistungen auf den ambulanten Sektor.

Dieser ist aber jetzt schon überlastet, wie jüngst auch die unerfreuliche Entwicklung im Bereich der Bereitschaftspraxen gezeigt hat, deren Folgen die Kliniken zusätzlich belasten wird. Wir als FREIE WÄHLER haben grundsätzlich nichts gegen Umstrukturierungen. Die jüngsten Klinikinsolvenzen, die vor allem den Norden von Rheinland-Pfalz betrafen und betreffen sind ein deutliches Zeichen dafür, dass man nicht einfach so weitermachen kann wie bisher. Wir sagen aber auch, dass Umstrukturierungen nicht ausschließlich nach betriebswirtschaftlichen Argumenten zu Lasten der Patienten erfolgen dürfen.

Herr Minister: Ihre jüngsten Äußerungen haben gezeigt, dass sie dies ähnlich sehen.

Gerade deshalb verstehen wir nicht, warum sie kreative Beteiligungslösungen des Landes grundsätzlich ablehnen und immer wieder pauschal auf die Rechtslage verweisen. Die großen Sanierungs- und Neubauprojekte für die Krankenhäuser im Land, an denen Sie nach wie vor festhalten, helfen uns bei der Bewältigung der Betriebskostenkrise wenig weiter.

Was wir brauchen, ist ein schlüssiges und vor allem transparentes Gesamtkonzept für Rheinland-Pfalz. Hierbei wirken wir im Rahmen der parlamentarischen Arbeit gerne mit. Oder gibt es das bereits? Herr Minister, wir sind gespannt auf Ihre Ausführungen!

Zweiter Redebeitrag:

Ich hatte es angedeutet: Wir glauben nicht, dass ehrgeizige Sanierungs- und Neubauprojekte die gewünschten Einspareffekte bringen. Denn: Der finanzielle Aufwand für das Land ist zunächst erheblich, ein Erfolg ist schon allein angesichts der Kostenentwicklung fraglich.

Aus aktuellem Anlass erinnere ich an die neue Westerwaldklinik in Müschenbach, deren Realisierung die Steuerzahler voraussichtlich rund 200 Millionen Euro kosten wird. Ich finde es erstaunlich, dass trotz des aktuell laufenden Insolvenzverfahrens (in Eigenverwaltung) der Trägergesellschaft das Projekt nicht komplett auf Eis gelegt wird. Ganz im Gegenteil.

Sie, Herr Hering, haben in ihrer Eigenschaft als Abgeordneter Ihres Heimatwahlkreises jüngst in der Presse sogar gefordert, die Vorbereitungen für eine Realisierung des Vorhabens sogar zu forcieren. Dabei ist es nicht so, dass man die Standorte
Altenkirchen und Hachenburg hätte vergammeln lassen. In jüngerer Vergangenheit wurden allein in den Standort Hachenburg Millionenbeträge investiert.

Sehr geehrter Herr Hering: Ich würde Ihr Anliegen ja verstehen, wenn es im Land nicht die vielen anderen „Großbaustellen!“ gäbe. Mit dem Sonderfall Universitätsmedizin in Mainz möchte ich hier gar nicht anfangen. Die Beispiele des Gemeinschaftsklinikums Mittelrhein, in dessen Standorte insgesamt wohl mehrere hundert Millionen investiert werden müssten und die angedachte, womöglich rund 200 Millionen Euro teure Generalsanierung des Diakonie-Krankenhauses in Bad Kreuznach mögen hier als Beispiele genügen.

Als Ganzes gesehen sprechen wir von mittel- und langfristigen Investitionen des Landes in milliardenschweren Dimensionen.

Und dann gibt es ja noch die Herausforderung, die regionale medizinische Versorgung neu aufzustellen. Nicht umsonst sind im laufenden Doppelhaushalt erstmals Mittel angesetzt – und zwar rund 3,2 Millionen Euro für 23 und 3,6 Millionen Euro für 24. Ich bezweifle, dass dies ausreichen wird.

Wer soll das alles bezahlen? Vor allem aber: Wer löst das Betriebskostenproblem? Für die Kliniken schwebt uns eine
Beteiligungsgesellschaft des Landes vor, die einzelne Standorte unterstützt, indem sie für einen befristeten Zeitraum einsteigt. Eine staatliche Beteiligung öffnet den Weg zur günstigeren Finanzierung, was angesichts der Zinsentwicklung sicherer denn je ist. Vor allem aber müssen wir über die Notwendigkeit einzelner Maßnahmen sprechen. Jeder eingesparte Euro kann womöglich an anderer Stelle besser eingesetzt werden.

Es gilt das gesprochene Wort.

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