53. Plenarsitzung – Helge Schwab zu “IQB-Bildungstrend 2022: Kenntnisse im Fach Deutsch auf einem Tiefststand” – mit Video

Aktuelle Debatte auf Antrag der AfD-Fraktion

Video: Landtag RLP

Aktuelle Debatte zum IQB-Bildungstrend 2022 – fangen wir mit den positiven Nachrichten an. So macht es übrigens auch die Bildungsministerin in ihrer Pressemitteilung vom 13. Oktober. Ladies and Gentlemen we proudly present: Die Schülerinnen und Schüler – deutschlandweit und insbesondere in Rheinland-Pfalz – haben im Fach Englisch besonders gut abgeschnitten. Platz 4 im Bundesvergleich. Das sei ein positives Signal in einer global vernetzten Welt und wichtig für ein weltoffenes Land wie unser Rheinland-Pfalz. Dem widersprechen wir nicht.

Aber die zentrale Frage, die sich doch vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse stellt: Was im Speziellen haben Sie – die Landesregierung – dazu beigetragen, dass die Englischkenntnisse überdurchschnittlich gut sind? Oder sind es andere Umstände? Fahren Sie gerade Trittbrett? Sind es vor allem die aktuellen Lebensumstände, die zu dem guten Abschneiden der Schülerinnen und Schüler im Englischunterricht beitragen? Die sozialen Medien wie Instagram und TikTok finden fast ausschließlich in englischer Sprache statt, und auch Filme und Serien werden bei Streaming-Anbietern meist im Original konsumiert. Dazu hat nicht per se Ihre rheinland-pfälzische Bildungspolitik beigetragen.

Und vielleicht hat es auch etwas mit der Sprachstruktur des Englischen zu tun? Das Englische ist einfach aufgebaut – vor dem Prädikat steht das Subjekt und es gibt nur einen Artikel, um alle Geschlechter zu markieren. Das macht sie besonders unkompliziert und verbindlich. Und ich bin ganz ehrlich zu Ihnen: Mit dem Englischen wird auch keine Überzeugung und Ideologie transportiert. Für das barrierefreie Lesen und Schreiben ist das ein großer Vorteil.

Sollen wir dieses IQB-Einzelergebnis nun aber über den „grünen Klee“ loben und uns darauf ausruhen? Das können wir nicht. Denn Deutsch ist Bildungssprache. Das Deutsch, das glücklicherweise durch den Rat der deutschen Rechtschreibung klar geregelt ist, ist die Sprache, die in der Schule gesprochen wird. Die Sprache, die die Schülerinnen und Schüler brauchen, um dem Unterricht folgen zu können, sich Lernstoff anzueignen und abzuspeichern. Und daher sind die Ergebnisse des IQB-Bildungstrends 2022 mehr als alarmierend.

Im Kompetenzbereich Lesen erreichen die Neuntklässler 28 Punkte weniger als die im Jahr 2015 getesteten Jugendlichen – umgerechnet entspricht das dem Lernfortschritt von einem ganzen Schuljahr. Insgesamt ist das Platz 5 – allerdings von hinten! Ein besorgniserregender Trend. Denn Deutsch braucht es für alle Fächer und wenn die IQB-Ergebnisse zeigen, dass die Lesekompetenz deutlich zurückgegangen ist, dann betrifft das auch alle anderen Fächer. Lesen, Schreiben und Zuhören sind die Basis für Leistungsfähigkeit.

Bei gesunkenen Deutschkompetenzen ist in der Konsequenz damit zu rechnen, dass auch die Leistungen in anderen Fächern abfallen. Das muss uns in diesem hohen Haus zuallererst bewusst werden.  Wie können wir dem Problem begegnen?

Wir haben strukturelle Probleme, die wir nur auf politischer Ebene lösen können:

  • zu wenige und überlastete Lehrkräfte
  • Lehrkräfte, die fachfremd unterrichten – müssen! –
  • zu wenige Unterrichtsstunden im Fach Deutsch
  • zu wenige Ressourcen für Integration

Gleichzeitig zeigt sich aber auch: Das Interesse am Deutschunterricht ist bei fast allen Schülerinnen und Schülern niedriger als am Englischunterricht. An dieser Stelle müssen wir unseren Lehrkräften den Rücken stärken – für innovative Lernformate, beste multimediale Ausstattung und insbesondere Zeit, um Weiterbildungen in dem Bereich „Digitales Lehren und Lernen“ zu besuchen. Vor allem an Letztgenanntem, der Zeit für Weiterbildungen, kann es nur mangeln, wenn die Unterrichtsversorgung bei 100 Prozent liegt und damit keine Lehrkraft für die Erfüllung der Stundentafel fehlen darf.

Das sind vermeintlich kleine Rädchen, die sich jedoch mit großer Wirkung drehen können – Wenn Sie, Frau Dr. Hubig, es nur wollen – für die Basiskompetenzen unserer Kinder und Jugendlichen.   

Es gilt das gesprochene Wort.

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