53. Plenarsitzung – Joachim Streit zu “Schwimmen lernen – Modellvorhaben mobile Schwimmcontainer starten” – mit Video

Antrag der CDU-Fraktion

Video: Landtag RLP

Unbestritten ist das Thema Schwimmen lernen wichtig und so wundert es auch nicht, dass in dem Positionspapier rheinland-pfälzischer zivilgesellschaftlicher Organisationen – darunter der LSB und die Sportbünde sowie die DLRG – bereits vor wenigen Jahren gefordert wurde, „Schwimmen als Kulturgut in Rheinland-Pfalz zu erhalten!“

Diesem Positionspapier kann ich als sportpolitischer Sprecher der FREIEN WÄHLER nur zustimmen. Die Fähigkeit zu schwimmen ist eine elementare Kulturtechnik, die auch heute noch Auswirkungen auf zahlreiche Lebensbereiche hat. Schwimmen können eröffnet den Zugang zum Erfahrungsraum Wasser, zu den Sportarten, die sich am, auf und im Wasser entwickelt haben und zu den altersübergreifenden positiven gesundheitlichen Wirkungen, die mit Bewegung, Spiel und Sport im Wasser, aber auch mit Therapien verbunden sind.

Damit aber zukünftig – auch im Kontext von Corona und Energiekrise – wieder mehr Kinder in Rheinland-Pfalz schwimmen lernen, wurde 2021 vom Landessportbund Rheinland-Pfalz gemeinsam mit den drei regionalen Sportbünden Rheinland, Rheinhessen und Pfalz das Programm „Kinder lernen schwimmen“ gestartet. Die Landesregierung hat hierzu 2021 50.000,00 und 2022 120.000,00 Euro bereitgestellt. Für 2023 sind insgesamt 117.500,00 Euro vorgesehen.

Die Frage stellt sich mir, reicht das aus, ein so wichtiges Kulturgut wie Schwimmen lernen in der Gesellschaft, vor allem aber im Schulbereich bzw. speziell im Grundschulbereich zu verankern? Das Fazit der Anhörung „Schwimmen lernen – Modellvorhaben mobile Schwimmcontainer“ wäre jetzt einfach zu fassen: Untauglicher Versuch, mittels gekaufter oder geleaster Container einen adäquaten Schwimm-Unterricht für unsere Kinder bereitzustellen.

Doch der Reihe nach:

Was die Anhörung im Innenausschuss klar aufgezeigt hat, ist die Option, wenn auch mit großem organisatorischen Aufwand, eine temporäre Wassergewöhnungsmöglichkeit vor Ort für die Schulen bereit zu stellen, die weder eine fußläufige noch eine mit vertretbarem Aufwand per Bus zu erreichende Chance haben, Schwimmunterricht zu erteilen. Nicht mehr und nicht weniger. Insofern bin ich der beantragenden Fraktion dankbar für das Thema. Die Anhörung hat aber auch gezeigt, die mobilen Schwimmcontainer können nicht unsere Probleme lösen.

Und die Expertenanhörung hat in mehrerlei Hinsicht noch weitere wichtige Gesichtspunkte hervorgebracht:

  1. Die Verteilung von Lehrschwimmbecken in Rheinland-Pfalz und überhaupt für den Schwimm-Unterricht nutzbare Hallen- und Freibäder ist mehr als dürftig. Prof. Thieme hat hier unserem Land mit seiner sehr umfassenden Studie ein recht mittelmäßiges Zeugnis ausgestellt.
  • Vor dem Hintergrund der Zielvorgabe gleichwertige Lebensbedingungen in Stadt und Land werden mehr Schulschwimmbecken benötigt. Diese in entsprechender Anzahl zur Verfügung zu stellen, sollte an erster Stelle eines Masterplans stehen. Das beinhaltet zu eruieren, wo und wann Schwimmbäder genutzt werden können und gegebenenfalls an einem Schulstandort, an dem eine Konzentration stattfinden solle, Schulschwimmbecken vorzusehen sind.
  • Bei Schwimmbadsanierungen darf es nicht zu verordneten Reduzierungen der Wasserfläche kommen, nur um die Kosten bzw. auch die Förderungen des Landes zu verringern.
  • Wir müssen Kindern und Jugendlichen die elementare Teilhabe am Bewegungsraum Wasser geben und die Möglichkeit so erweitern, Menschenleben zu retten. Schwimmcontainer sind in diesem Kontext nur eine Symbolpolitik, die eigentlich auch als Offenbarungseid verstanden werden kann.
  • Die Frage nach Erfüllung und Einhaltung der gesetzlich vorgegebenen Schullehrpläne stellt sich natürlich auch, Frau Dr.Hubig.

Ich zitiere hier, Herr Präsident mit ihrer Erlaubnis aus der Drucksache 18/4444 den Experten Kölsch von der ADD: „Das Thema Schwimmen findet sich in den Lehrplänen aller rheinland-pfälzischen Schularten wieder. Im Bereich der Primarstufe hat es jedoch die größte Bedeutung. Die Lehrpläne der einzelnen Schularten sind so aufgebaut, dass die Anforderungen sich sukzessive entwickeln. So knüpft der Lehrplan der Sekundarstufe I an den der Primarstufe an. Danach sollen die Kinder die Primarstufe als sichere Schwimmer oder zumindest mit dem erworbenen Seepferdchen verlassen und in der Sekundarstufe dann mehr und mehr Sicherheit erlangen, in dem sie die einzelnen Schwimmarten lernen und vertiefen sollen. Durch den direkten Austausch mit den Schulen wird jedoch immer deutlicher, dass hier Anspruch und Wirklichkeit schon einige Jahre immer weiter auseinandergehen.

Ich glaube, da sind wir an dem Punkt, der entscheidend ist. Wir schaffen es nicht mehr, den von uns gesetzten Anspruch zu erfüllen – nicht, weil wir vielleicht zu wenig Lehrkräfte mit einer entsprechenden Ausbildung einsetzen können – das ist ein ganz anderes Thema. Nein, wir können unseren Anspruch nicht umsetzen, weil es einfach faktisch keine Schwimmbäder gibt, den Lehrplan der Primarstufe umzusetzen. Das ist Fakt und für mich das beschämende Ergebnis der Expertenanhörung. Wahrlich kein gutes Zeugnis.

Anstatt auf Container als temporäre Lösung zurückzugreifen, sollten wir uns stattdessen weiter darauf konzentrieren, die vorhandenen Schwimmeinrichtungen zu verbessern und zu erweitern. Dazu zählt für uns weiter die Investition in Schwimmbäder und in die Ausbildung von qualifizierten Lehrkräften.

Des Weiteren gilt es zu berücksichtigen, das jeder Landkreis zur Durchführung eines Sport-Abiturs ein Prüfungsgeeignetes Schwimmbad vorhalten muss. Dies wäre dann eine kommunale Pflichtaufgabe – die angesichts der aktuellen Haushaltsgenehmigungen oft nur schwerlich finanziell darstellbar ist. Hier ist das Land gefordert, die entsprechenden Investitionen zu genehmigen.

Meine Damen und Herren, ich möchte abschließend betonen, dass die Ablehnung eines Schwimm-Container-Unterrichts auf der Sorge um die Sicherheit und das Wohl der Schülerinnen und Schüler sowie auf dem Streben nach einer qualitativ hochwertigen Bildung beruht. Lassen Sie uns gemeinsam nachhaltige und effektive Lösungen finden, um sicherzustellen, dass alle Kinder die Möglichkeit haben, in einer sicheren und angemessenen Umgebung schwimmen zu lernen und dann auch schwimmen zu können.

Aus diesen Gründen können wir FREIE WÄHLER dem vorliegenden Antrag der CDU nicht zustimmen.

Was den aktuell nachgereichten Alternativantrag der Ampel-Koalition betrifft, muss ich mich doch sehr wundern:

  • In der Anhörung habe ich da von den Vertretern der Ampel keine der jetzt vorgelegten neun Forderungen gehört.
  • Die Forderungen, eine entsprechende Aus- und Fortbildung von Grundschullehrern zu forcieren, liegt aufgrund der Zuständigkeit bereits jetzt beim Bildungsministerium, um die selbst erstellten Lehrpläne auch umzusetzen.
  • Runde Tische helfen wenig, wenn entsprechende finanzielle Förderungen durch das Innenministerium nicht umgesetzt werden und stattdessen auf eine Flächenreduzierung gesetzt wird.

Wenn die Landesregierung ihrem bisher schon vorhandenen Auftrag nachgekommen wäre, hätte es eines solchen Forderungskataloges gar nicht bedürft. Aber vielleicht hört die Landesregierung ja auf die Ampel-Koalitionäre…

Wir FREIEN WÄHLER halten daher den Alternativantrag für überflüssig – setzen sie es einfach um.

Es gilt das gesprochene Wort.

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