53. Plenarsitzung – Herbert Drumm zu „Stärkung der Hochschulen für Angewandte Wissenschaften und konsequente Förderung des Forschungspotentials als Grundlage für ein qualitätsgesichertes Promotionsrecht“ – mit Video

Antrag der CDU-Fraktion

Video: Landtag RLP

Der bereits 1999 von 29 europäischen Bildungsministerinnen und -ministern eingeleitete Bologna-Prozess hat die deutsche und natürlich auch die rheinland-pfälzische Hochschullandschaft fundamental verändert. Besser oder schlechter, Ersatz des langbewährten Diploms – ich will mir hier keine Beurteilung erlauben. Jedenfalls wurden Studiengänge umstrukturiert, Abschlüsse vereinheitlicht. Vielerorts sind zusätzliche, oftmals komplett neue Angebote entstanden ­– ich erinnere in diesem Zusammenhang an die neuen hydrologischen Studiengänge in Koblenz. Auch die Internationalisierung wurde vorangetrieben.

Während sich an vielen Universitäten sehr schnell die Skeptiker zu Wort meldeten, waren die Reaktionen an den damaligen Fachhochschulen weitaus positiver. Und das natürlich mit gutem Grund: Die neue einheitliche Unterteilung in Bachelor- und Masterstudiengänge brachte eine Gleichwertigkeit der Abschlüsse und eine Verbesserung der Wettbewerbssituation gegenüber den Universitäten im In- und Ausland.

Es kommt also nicht von ungefähr, dass die einstigen Fachhochschulen jetzt selbstbewusst und öffentlichkeitswirksam als Hochschulen für Angewandte Wissenschaften auftreten.  Sie stehen aber auch unter einem hohen Wettbewerbsdruck. Sie müssen nicht nur Studenten, sondern auch Absolventen immer wieder neue Angebote machen. Promotionsmöglichkeiten an forschungsstarken Fachbereichen der rheinland-pfälzischen Hochschulen für Angewandte Wissenschaften, vor allem in den ingenieur- und naturwissenschaftlichen Disziplinen, wären vor diesem Hintergrund ein großer Fortschritt, auch wenn Kritiker bemerken, dass Promotionen dorthin gehören, wo auch Grundlagenforschung betrieben wird ­– nämlich an die Universitäten.

Die Praxis zeigt aber immer wieder, dass sich die Grenzen schon seit einigen Jahren in einem Auflösungsprozess befinden. Am Rande sei bemerkt, dass in Rheinland-Pfalz Hochschulabsolventen bereits im Rahmen von kooperativen Angeboten promovieren können. In solchen Fällen sind Hochschulen und Universitäten, auch außerhalb der Grenzen unseres Bundeslandes, gemeinsam im Boot. Ein weiteres Argument ist, dass beide Hochschulkategorien schon lange nicht nur in der akademischen „Grundausbildung“, sondern auch im Bereich der Aufbaustudiengänge zusammenarbeiten.

Jetzt in einem neuen Schritt eine weitere Aufwertung der Hochschulen zu wagen, wäre nur konsequent. Wir meinen deshalb, dass der Antrag unserer Kollegen von der CDU in die richtige Richtung geht, zumal die Initiatoren nichts überstürzen wollen und deshalb einen Evaluierungsprozess „eingebaut“ haben. Auch der Ausbau des akademischen Mittelbaus und die Reduzierung des Lehrdeputats sind unbedingt nötig.

Dennoch lädt der Antrag auch dazu ein, kritische Fragen zu stellen, bleibt doch vieles vage.  So vermissen wir unter anderem Vorschläge zur Gegenfinanzierung des ambitionierten Forderungs- und Maßnahmenkatalogs. Auch fragen wir uns, wer eigentlich neutral darüber wacht, ob als forschungsintensive geltende Fachbereiche wirklich forschungsintensiv sind oder nur ein Image aufgebaut haben.

Ein weiterer Punkt ist, dass die Initiatoren des Antrags zu sehr die Perspektive der Wirtschaft einnehmen. Wer vor allem in den Regionalzeitungen die Berichterstattung aufmerksam verfolgt, wird feststellen, dass bedeutende örtliche Arbeitgeber schon seit Jahren manchmal versuchen, Einfluss auf Forschung und Lehre zu nehmen ­– möglichst so, dass sich der Aufwand für sie in engen Grenzen hält. Diese Entwicklung birgt Gefahren, zu den vor allem ­– gerade vor dem Hintergrund der begrenzten finanziellen Möglichkeiten der öffentlichen Hand und der Einwerbung von Drittmitteln – die Beeinträchtigung der Freiheit von Forschung und Lehre gehört. Wir müssen genau hinschauen, um mögliche Fehlentwicklungen von vornherein auszuschließen und um die Unabhängigkeit und Freiheit von Forschung und Lehre nicht zu gefährden.

Auch wenn wir einige Punkte des CDU-Antrags als ergänzungsbedürftig bewerten, stimmt die FREIE WÄHLER-Landtagsfraktion dem Antrag bzw. der Überweisung zu.

Es gilt das gesprochene Wort.

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