48. Plenarsitzung – Joachim Streit zu „Inflation verhindern – Gastronomie in Rheinland-Pfalz gemeinsam stärken“ – mit Video

Aktuelle Debatte auf Antrag der FREIE WÄHLER-Fraktion

Video: Landtag RLP

Als im Juli 2020 im Zuge der Corona-Hilfspakete der Mehrwertsteuersatz für Speisen von 19 auf sieben Prozent gesenkt wurde, war das die richtige Entscheidung. Zum Ende des Jahres läuft diese Ermäßigung aus, derweil hat sich an der Richtigkeit der Entscheidung auch über 2023 hinaus nichts geändert. Die Berliner Ampel windet sich noch. Während aus der FDP positive Signale zu vernehmen sind, verweist die finanzpolitische Sprecherin der Grünen Bundestagsfraktion, Katharina Beck, auf die angespannte Haushaltslage.

Das Thema, so die Grünen, müsse auf seine Dringlichkeit geprüft werden. Schaut man sich die nackten Zahlen an, so ist die Frage nach der Dringlichkeit recht schnell geklärt. Der Gastgewerbeumsatz im ersten Quartal 2023 lag real immer noch deutlich unter dem Vor-Corona-Niveau desselben Zeitraums – und das um satte 12,5 Prozent. Zwischen den Jahren 2019 und 2021 haben 36.000 steuerpflichtige Unternehmen schließen müssen. Die Energiekrise gepaart steigenden Personalkosten bedeuteten einen Einbruch bei den Gewinnen im Gastgewerbe um 46,8% zwischen 2022 und 2021. Angesprochene Personalkosten sind im Vergleich zum Vorjahr um 21,5% gestiegen. Ich könnte mich noch eine Weile an weiteren Zahlen abarbeiten. Aber jedem sollte auch bereits jetzt klar sein, dass die von den Grünen in Zweifel gezogene Dringlichkeit gegeben ist. Um es deutlich zu sagen: Als FREIE WÄHLER-Landtagsfraktion fordern wir die Landesregierung auf, sich im Bundesrat für eine Entfristung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes auf Speisen einzusetzen.

Denn was passiert sonst? Gelang es bisher zumindest teilweise die Kostensteigerungen bei Personal, Produkten und Energie über die reduzierte Mehrwertsteuer zu kompensieren, wird dies zukünftig nicht mehr der Fall sein. Die steigenden Kosten würden 1:1 an die Kunden weitergegeben – weil es nicht anders ginge. Die daraus resultierenden gesellschaftlichen Folgen wären enorm. Zum einen könnten es sich viele Bürger schlichtweg nichtmehr leisten, den Spießbraten, das Schnitzel und die Pizza um die Ecke zu genießen.

Denn natürlich werden nicht nur Gastronomen, sondern alle von der hohen Inflationsrate erfasst. Diejenigen, die es sich leisten können, fahren ihr Verhalten zurück – und diejenigen, die ohnehin nur zu besonderen Anlässen ausgehen, stellen die Restaurantbesuche zum Hochzeitstag oder Geburtstag des Kindes vollständig ein. Mit anderen Worten: Es geht ein Stück Leben verloren. Zum anderen hat das Ausbleiben von Gästen selbstredend zur Folge, dass sich zu den 36.000 Unternehmensschließungen zeitnah etliche tausend dazugesellen würden. Der Rattenschwanz ist natürlich noch viel länger.

Denken wir nur an die Lieferanten oder den Tourismusstandort Rheinland-Pfalz. Das kann alles nicht in unserem Interesse sein – und zwar parteiübergreifend. Wie gehen unsere Nachbarländer mit diesem Thema um? Natürlich gehen die Mehrwertsteuersätze an sich auseinander. Aber der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband weist zurecht darauf hin, dass es in der Bundesrepublik an der Einheitlichkeit mangelt, die in weiten Teilen Europas gegeben ist. Mit Erlaubnis zitiere von der Seite des Dehoga-Bundesverbands:

„Der reduzierte Mehrwertsteuersatz für Speisen in Restaurants ist in der EU nicht die Ausnahme, sondern die Regel. In aktuell 23 EU-Staaten wird steuerlich kein Unterschied gemacht zwischen dem Essen aus dem Supermarkt, der Lieferung von Essen, dem Essen im Gehen, im Stehen und dem Essen im Restaurant. Das ist nachhaltig, fair und gerecht. Das muss auch für das Essen in Restaurants in Deutschland gelten.“

Ja, sage ich, denn sonst haben unsere deutschen Gastronomen einen klaren Wettbewerbsnachteil. Zahlen, Daten, Fakten sprechen eine klare Sprache. Deswegen kann es bei der Entfristung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes auf Speisen nur eine Meinung geben. Lassen Sie uns gemeinsam die vielfältige Gastrokultur in Rheinland-Pfalz erhalten – dazu gehört auch, dass es sich der kleine Mann auch leisten kann.

Es gilt das gesprochene Wort.

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