47. Plenarsitzung – Joachim Streit zu “Schwimmen lernen – Modellvorhaben mobile Schwimmcontainer starten” – mit Video

Antrag der CDU-Fraktion

Video: Landtag RLP

Als ich mir die Vorlage durchgelesen habe, wusste ich erst nicht, ob ich es für einen Scherz halten sollte – der 1. April ist ja bereits vorbei – oder ob dieser Antrag das anstehende Sommerloch füllen soll.

Unbestritten ist das Thema Schwimmen lernen so wichtig, dass man damit keine Scherze treiben sollte. In dem Positionspapier rheinland-pfälzischer zivilgesellschaftlicher Organisationen – darunter der LSB und die Sportbünde sowie die DLRG – wurde vor wenigen Jahren gefordert, „Schwimmen als Kulturgut in Rheinland-Pfalz zu erhalten!“

Diesem Positionspapier kann ich als sportpolitischer Sprecher der FREIEN WÄHLER nur zustimmen. Die Fähigkeit zu schwimmen ist eine elementare Kulturtechnik, die auch heute noch Auswirkungen auf zahlreiche Lebensbereiche hat. Schwimmen können eröffnet den Zugang zum Erfahrungsraum Wasser, zu den Sportarten, die sich am, auf und im Wasser entwickelt haben und zu den altersübergreifenden positiven gesundheitlichen Wirkungen, die mit Bewegung, Spiel und Sport im Wasser, aber auch mit Therapien verbunden sind.

Zusätzlich stehen die gemeinschaftlichen Aktivitäten in Schule, im Verein und bei Jugendfreizeiten im Fokus. Und der Kreis schließt sich mit der Möglichkeit des Selbstschutzes und der Rettung anderer in Gefahrensituationen.

Damit aber zukünftig – auch im Kontext von Corona und Energiekrise – wieder mehr Kinder in Rheinland-Pfalz schwimmen lernen, wurde 2021 vom Landessportbund Rheinland-Pfalz gemeinsam mit den drei regionalen Sportbünden Rheinland, Rheinhessen und Pfalz das Programm „Kinder lernen schwimmen“ gestartet. Die Landesregierung hat hierzu 2021 50.000,00 und 2022 120.000,00 Eurobereitgestellt. Für 2023 sind insgesamt 117.500,00 Euro vorgesehen.

Die Frage stellt sich mir, reicht das aus, ein so wichtiges Kulturgut wie Schwimmen lernen in der Gesellschaft, vor allem aber im Schulbereich bzw. speziell im Grundschulbereich zu verankern?

Bundesweit hat die Corona-Pandemie Defizite in der Schwimmausbildung nach sich gezogen. Dabei gilt es, die Schulen zu unterstützen, diese Rückstände aufzuholen. In einem Flächenland wie Rheinland-Pfalz ergeben sich regional große Unterschiede. Dafür gibt es einerseits Gründe in der nicht ausreichenden Anzahl an Sportlehrern – gerade auch in den Grundschulen, die über eine Unterrichtsberechtigung Schwimmen verfügen. Auch wenn Sport in Rheinland-Pfalz kein Mangelfach ist, müssen genügend Sportlehrkräfte ausgebildet werden.

Stärker ist das Fehlen von Wasserzeiten in den Schwimmbädern zu spüren. Zahlreiche Schließungen in den letzten Jahren – vor allem in Kommunaler Trägerschaft – bringt uns wieder zu den altbekannten Finanzierungsproblemen und einer ausreichenden Finanzausstattung an der kommunalen Basis.

Hier gilt es anzusetzen und den Kommunen die entsprechenden Fördermittel bereitzustellen, damit weder Schließungen vorgenommen noch ausstehende Sanierungen aufgeschoben werden.

Dazu bedarf es folgender Konsequenzen: Mit einer vom Land finanzierten Bestandserhebung des Sanierungsstaus und der von der Schließung bedrohten Bäder anhand eines standardisierten Verfahrens müssen wir einen aktuellen Status erfragen. Aus diesen Ergebnissen, der Differenzierung zwischen landesweiter, regionaler, lokaler und schulbezogener Bedeutung sowie nach Erarbeitung von Mindeststandards, die die rheinland-pfälzische Bäderlandschaft erfüllen soll (z.B. Erreichbarkeit, Barrierefreiheit etc.) lassen sich dann die notwendigen Investitionen und Betriebskosten ermitteln.

Darauf aufbauend muss es einen Masterplan „Schwimmen in RLP“ geben, der die vorhandenen Schwimm-Defizite mittelfristig lösen kann.

Aber heute wollen wir ja auch über die Lösung kurzfristiger Schwimm-Defizite sprechen. Ob da der Projektansatz aus NRW zielführend ist oder eher als Bankrotterklärung anzusehen ist, überlasse ich ihrer persönlichen Einschätzung.

Die Idee, Schwimmunterricht in Containern anzubieten, ist vielleicht gut gemeint. Doch wir FREIEN WÄHLER sehen zahlreiche Gründe, warum dies nicht die beste Lösung ist.

Erstens möchte ich betonen, dass der Schwimmunterricht eine äußerst wichtige Komponente der schulischen Bildung ist. Das Erlernen der Schwimmfähigkeiten trägt nicht nur zur körperlichen Fitness bei, sondern ist auch ein entscheidender Aspekt der Wassersicherheit. Es ist von großer Bedeutung, dass Kinder die Möglichkeit haben, in einem sicheren und angemessenen Umfeld schwimmen zu lernen.

Leider halte ich Schwimm-Container nicht für eine angemessene Umgebung, um diese wichtigen Fähigkeiten zu erlernen. Container sind in der Regel eng, begrenzt belüftet und bieten nicht den notwendigen Raum für eine effektive Schwimmausbildung. Die Enge und Begrenztheit könnten die Kinder und Jugendlichen einschränken und ihre Fähigkeit, sich im Wasser frei zu bewegen, beeinträchtigen.

Des Weiteren stellt sich die Frage der Hygiene und Sicherheit. Container sind nicht für den Schwimmunterricht konzipiert und könnten potenzielle Risiken für die Gesundheit und Sicherheit der Schülerinnen und Schüler darstellen. Die angemessene Wartung und Reinigung solcher Container, insbesondere im Hinblick auf das Wasser, würde eine enorme Herausforderung darstellen.

Zusätzlich zu diesen praktischen Bedenken möchte ich auch auf den pädagogischen Aspekt eingehen. Ein effektiver Schwimmunterricht erfordert qualifizierte Lehrkräfte, die in der Lage sind, den Schülerinnen und Schülern individuelle Aufmerksamkeit und Anleitung zu bieten. Es ist fraglich, ob Container diese Art von pädagogischem Umfeld bieten können, das für einen erfolgreichen Schwimmunterricht notwendig ist.

Auch der in NRW vorgesehene zeitlich enge Rahmen, nach wenigen Wochen die Container an eine andere Schule zu überführen, scheint wenig zielführend. Erst bringen wir die Schülerinnen und Schüler in Kontakt mit dem Wasser und dann nehmen wir ihnen das Wasser weg.

Schwimmen lernen ist keine kurze temporäre Aktion sondern lebt von der ständigen Übung.

Anstatt auf Container als temporäre Lösung zurückzugreifen, sollten wir uns stattdessen weiter darauf konzentrieren, die vorhandenen Schwimmeinrichtungen zu verbessern und zu erweitern. Dazu zählt für uns weiter die Investition in Schwimmbäder und in die Ausbildung von qualifizierten Lehrkräften.

Des Weiteren gilt es zu berücksichtigen, das jeder Landkreis zur Durchführung eines Sport-Abiturs ein Prüfungsgeeignetes Schwimmbad vorhalten muss. Dies wäre dann eine kommunale Pflichtaufgabe – die angesichts der aktuellen Haushaltsgenehmigungen oft nur schwerlich finanziell darstellbar ist. Hier ist das Land gefordert, die entsprechenden Investitionen zu genehmigen.

Meine Damen und Herren, ich möchte abschließend betonen, dass meine Ablehnung des Schwimm-Container-Unterrichts auf der Sorge um die Sicherheit und das Wohl der Schülerinnen und Schüler sowie auf dem Streben nach einer qualitativ hochwertigen Bildung beruht. Lassen Sie uns gemeinsam nachhaltige und effektive Lösungen finden, um sicherzustellen, dass alle Kinder die Möglichkeit haben, in einer sicheren und angemessenen Umgebung schwimmen zu lernen und dann auch schwimmen zu können.

Aus diesen Gründen können wir FREIE WÄHLER dem vorliegenden Antrag nicht zustimmen.

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