Antrag der CDU-Fraktion
Wenn ein Marsianer mit einem Fernglas die weltweiten Flüchtlingsströme beobachten würde, vorausgesetzt er kenne die politischen Hintergründe, würde er sich ohne humanistische Sozialisation womöglich die Frage stellen: Warum halsen sich diese abgegrenzten Entitäten – wir würden sagen Staaten – mit dem Zuzug von landesfremden Menschen derlei Probleme auf. Warum?
Die zwei zusammenhängenden Antworten geben einen Hinweis auf das Dilemma, das die CDU in ihrem Antrag skizziert. Die erste Erklärung würde lauten, dass wir dann Hilfe schenken, wenn wir sie in vergleichbaren Situationen selbst erwarten würden. Das ist ein nicht unerheblicher Bestandteil vom Wesen des Menschseins. Die zweite Erklärung ist technokratischer Natur und sie kommt mit 4 Worten aus: weil wir es können.
Bei der seit 2015 anhaltenden Diskussion um Flüchtlinge müssen wir uns nüchtern immer diese beiden Ebenen vor Augen halten. Was wollen wir und was können wir mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln tatsächlich gewährleisten. Können und wollen tanzen derweil nicht immer im selben Rhythmus, sondern verkanten sich bis zu einem Grad, der gesellschaftspolitischen Sprengstoff birgt.
Unlängst hat auch ein grüner Landrat aus Bayern seinem Unmut Luft gemacht. Die Kommunen hätten keine Kapazitäten mehr, Schulen und Sportvereine würden bereits umfunktioniert, das Verständnis der Gemeinden für die Marschrichtung „weiter, mehr und alles machbar“ wäre verflogen. Meine Damen und Herren, wir stehen an einem Punkt, an dem auf kommunaler Seite das Können massiven Einfluss auf das Wollen hat. Und zwar insbesondere deswegen, weil sich unsere Bundesregierung der Illusion hingibt, dass das Wollen das Können uneingeschränkt ermöglicht. Das ist aber nicht der Fall. Denn wir leben in der Realität, und Politik nennt man zurecht auch die Kunst des Machbaren. Machbar, steuerbar, finanzierbar, all das trifft jedoch auf die Flüchtlingssituation vieler unserer Gemeinden im Moment nicht mehr zu. Still nickend hören Bund und Land sich die Sorgen und Nöte kommunaler Verantwortlicher an und akzeptieren schulterzuckend den Kontrollverlust derjenigen, die vor Ort für die Unterbringung der Flüchtlinge verantwortlich sind.
Wir FREIEN WÄHLER hatten schon im letzten Jahr mehrfach die Verlängerung des §13 b BauGB verlangt, der in der Flüchtlingskrise von 2015 den Kommunen die schnelle Umsetzung von Baugebieten ermöglicht hatte. Das Land kann sich beim Thema Flüchtlinge nicht mehr länger einen schlanken Fuß machen und alles auf die Kommunen verlagern. Der von der Bundesinnenministerin Faeser abgehaltene Flüchtlingsgipfel war ergebnislos und peinlich. Rheinland-Pfalz sollte sich nicht dieselbe Blöße geben. In der Verantwortlichkeit des Landes steht dabei der Bau von ausreichend sozialem Wohnraum, um auch denjenigen eine Perspektive zu bieten, die dauerhaft nicht mehr in ihr Heimatland zurückkehren können, ohne dabei in Konkurrenz zu einheimischen Geringverdienern zu treten – wie zuletzt in Lörrach geschehen – oder wenn ich auf die Sporthallen schaue, in Worms.
In der Verantwortlichkeit des Landes steht die Finanzierung des zusätzlichen kommunalen Personals, das die verschiedenen Flüchtlingsströme notwendig gemacht haben. Deshalb sollte die Landesförderung den Neubau von Wohnraum für Flüchtlinge in den Fokus nehmen und nicht nur die Renovierung von Bestandsgebäuden.
Und in der Verantwortlichkeit des Landes steht auch die Ausbildung von zusätzlichen Erziehern und Lehrern, um die Integration der Zugezogenen auf hohem Niveau zu standardisieren. Darüber hinaus brauchen wir dringend Ankerzentren für Flüchtlinge, um den weiteren Verlauf des Asylverfahrens effizient steuern zu können. Dazu gehört auch – und darauf hat meine Kollege Stephan Wefelscheid bereits aufmerksam gemacht -, dass die Residenzpflicht für Asylsuchende nicht bereits nach drei Monaten wegfallen darf, sondern wir eine Beschränkung der Freizügigkeit von zwei Jahren auch nach Anerkennung benötigen.
Ich möchte abschließend eine Diskrepanz verdeutlichen, die mich im politischen Raum immer spürbarer irritiert. Politiker in Bund und Land betonen, wie wichtig es sei, dass die Bundesrepublik und Rheinland-Pfalz eine Willkommenskultur leben. Doch diejenigen, die vor Ort für die Umsetzung zuständig sind und ihr bestes Geben, um den Geflüchteten tatsächlich ein besseres Leben zu schenken, lässt man im Regen stehen. Hier brechen Anspruch und Wirklichkeit und das darf nicht sein!
Es gilt das gesprochene Wort.