39. Plenarsitzung – Helge Schwab zu „Revolution im Klassenzimmer? – Auswirkungen von Künstlicher Intelligenz auf Lernen und Lehre in den rheinland-pfälzischen Schulen“ – mit Video

Aktuelle Debatte auf Antrag der SPD-Fraktion

Video: Landtag RLP

„ChatGPT“ ist im Moment in aller Munde.  Im Dezember 2022 hat das Unternehmen Open AI eine Sprachgenerierungs-KI öffentlich zugänglich und nutzbar gemacht. ChatGPT kann anhand von Fragestellungen Texte generieren.  Schüler experimentieren bereits mit dieser Software und von Seiten der Lehrkräfte steigt die Nachfrage nach Weiterbildungen in diesem Bereich. Das Thema KI an Schulen darf nicht verschlafen werden. Daher ist es richtig, dass wir hier und heute über die Auswirkungen auf das Lehren und Lernen diskutieren.

Sicherlich ist die Künstliche Intelligenz eine Errungenschaft, die unsere moderne Gesellschaft in vielen Dingen des Alltags unterstützt – ja sogar voranbringen kann. Wir müssen aber lernen, damit umzugehen und die Herausforderungen, aber auch Grenzen ehrlich zu benennen. Mit der Künstlichen Intelligenz im Unterricht ist es nach meinem persönlichen Dafürhalten wie mit dem Umgang mit Salz im Lebensmittel. Zuviel ist schädlich. Ein Muskel, der nicht beansprucht wird verkümmert.

Wenn wir keine Texte mehr lesen und das Lesen nicht mehr regelmäßig üben, wird sich unsere Lesegeschwindigkeit reduzieren, das Leseverstehen sich verschlechtern. Wenn wir nicht mehr üben, Rechenaufgaben mit Papier und Bleistift zu lösen, wird sich unsere Kopfrechenfähigkeit gar nicht erst ausbilden beziehungsweise wird diese Fähigkeit immer mehr verkümmern. Alles Folgen unserer modernen Entwicklung.

Dafür bekommen wir heute Texte vorgelesen und hoch komplizierte Rechenaufgaben über unser Mobiltelefon oder die Smart-Watch als einfaches Ergebnis serviert. Die vorangegangene Eingabe versteht sich als Diktat. Wir können uns dieser Entwicklung nicht entziehen. Unsere Kinder, die “Digital-Eingeborenen” können eher ein Smartphone bedienen als zwei Sätze fehlerfrei handschriftlich zu Papier bringen. Wozu auch, gibt es bereits existierende Sprachmodelle die ohne Probleme einen menschenähnlichen Text in Windeseile erzeugen können.

Selbst Fragen können hierüber problemlos beantwortet werden. Man kann sich sogar aussuchen, wie alt der Verfasser des Textes sein soll. Jugendsprache? Kein Problem. ChatGPT macht’s möglich. Doch was hat das Ganze mit der Künstlichen Intelligenz in der heutigen beziehungsweise der morgigen Schulbildung zu tun?

Wir müssen darauf reagieren. Genauso wie man bei der Einführung des Taschenrechners die neuen Aufgaben der Anwendung mit Taschenrechner anpassen musste, müssen wir eben heute die Lehrpläne auch anpassen. Einziger Unterschied: Ganzheitlich. Nicht nur in einem Fach. Inwieweit wir gegebenenfalls Unterrichtseinheiten mit oder ohne technische Hilfsmittel generieren müssen, ist Aufgabe unserer Bildungswissenschaftler. Hier maße ich mir nicht an, eine optimale Lösung vorschlagen zu können.

Wir müssen uns auch die Frage stellen, ob wir künftig auch Alltagskompetenzen lehren, wenn immer mehr Aufgaben automatisiert werden und die Persönlichkeitsentwicklung zurückgeht. KI bringt uns eben nicht nur große Vorteile. Sie stellt uns auch große Aufgaben, die gelöst werden wollen. Es braucht eine KI mit Maß und Ziel für eine optimale Schulbildung der nächsten Generation.

Die Politik ist nun aufgefordert, den Blick auf die rasant fortschreitende Entwicklung bezüglich KI zu richten und Maßgaben für den verantwortungsvollen Umgang zu formulieren. Hierzu gehört auch, dass wir unsere Lehrerinnen und Lehrer Weiterbilden und auch in die Lage versetzen, KI-Texte zu erkennen.

Die Diskussion über KI darf aber auf keinen Fall die bereits bestehenden Herausforderungen überschatten: Lehrermangel, Inklusion, Förderbedarfe, Migration, kulturelle Herausforderungen, Glasfaseranbindung, Schul-IT und weitere Themen, die uns umtreiben, dürfen wir dabei nicht vergessen.

Es gilt das gesprochene Wort.

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