34. Plenarsitzung – Joachim Streit zum Einzelplan 03 (Ministerium des Innern und für Sport) – mit Video

Video: Landtag RLP

Der Einzelplan 3 umfasst viele Themen, die im alltäglichen Leben der Bürger von Rheinland-Pfalz und der Kommunen eine zentrale Rolle spielen: Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst, Katastrophenschutz, zivile Verteidigung UND Sport. Dabei geht es Vereinen nicht anders als Unternehmen und Privathaushalten. Zunächst wurden sie von der Corona-Krise gebeutelt. Sie mussten ihre Sportstätten schließen, teilweise Mitgliedsbeiträge zurückerstatten und konnten kaum Umsätze erzielen. Jetzt sind sie durch die massiv gestiegenen Energiepreise unter Druck. In den vergangenen drei Jahren Verantwortung als Funktionär in einem Verein zu übernehmen, gestaltete sich als äußerst undankbare Aufgabe.

Erschwerend kommt folgendes hinzu: Da ab dem 01.10.2022 der Mindestlohn von 12 Euro/Stunde für Minijobber zu zahlen ist, stehen viele Vereine vor der Herausforderung, 20% mehr an Personalkosten aufbringen zu müssen oder ansonsten die Anzahl der Arbeitsstunden noch weiter zu reduzieren. Verstehen sich mich nicht falsch, die Erhöhung des Mindestlohns ist angebracht. Angebracht ist aber auch, unsere Sportvereine bei der Finanzierung ihrer Arbeitnehmer angemessen zu unterstützen. Daher haben wir erneut ein Deckblatt für den Landessportbund eingebracht, um die rheinland-pfälzischen Vereine bei der Energiepreissteigerung und den erhöhten Lohnkosten zu entlasten.

Auch in diesem Zusammenhang wäre es interessant zu wissen, inwiefern Sportvereine von den von Frau Ahnen angekündigten und nun in der Beschlussempfehlung des HuFA vorgelegten 200 Millionen Euro profitieren werden. Wie und wann können Vereine mit der finanziellen Unterstützung durch die Landesregierung rechnen? Es ist schön, dass das Innenministerium für das Jahr 2023 Mittel für eine „Ehrenamtsstudie Feuerwehr“ eingestellt hat. Es sollte doch schon im letzten Haushaltsjahr etwas unternommen werden. Sie sind im Verzug!  

In Rheinland-Pfalz gibt es rund 51.000 freiwillig-ehrenamtliche Einsatzkräfte, die sich auf etwa 2.250 Freiwillige Feuerwehren verteilen. Ihr Einsatz und Engagement für die Bevölkerung ist nicht hoch genug einzuschätzen. Dennoch hat gerade die Corona-Pandemie die Nachwuchsgewinnung massiv erschwert. Und das weiß ich aus eigener Erfahrung. Ich habe vor 15 Jahren eine Feuerwehr-Stiftung zur Nachwuchsgewinnung gegründet. Wir haben mittlerweile über 50 Jugendfeuerwehren im Eifelkreis und über zehn Bambinigruppen. Ehrenamtliche stellen sich unentgeltlich in den Dienst der Gesellschaft, opfern Freizeit und setzten sich, wie im Fall der Freiwilligen Feuerwehrleute, Gefahren aus.

Sie sind elementare Stützen unserer Gesellschaft und leben vor, was zivilgesellschaftlicher Zusammenhalt bedeutet. Es gilt, ihre Bedeutung öffentlich wertzuschätzen und ihren Beitrag für das Gemeinwohl ausreichend zu würdigen. Daher stellt ein System der Rentenpunkte einen besonderen Anreiz für zukünftige und aktive Ehrenamtliche dar. Dabei geht es um eine private Zusatzrente, die den Einsatzkräften zustehen soll. Somit würde ihre Arbeit zwar nicht unmittelbar finanziell entlohnt werden, sich dennoch positiv auf ihre Rente auswirken. Dieses Modell ist vielversprechend, um die Nachwuchsgewinnung langfristig zu sichern und die Leistung ehrenamtlicher Arbeit nicht nur symbolisch, sondern gesellschaftlich zu würdigen. Denn was wäre die Konsequenz, wenn es keine Freiwillige Feuerwehr gäbe: eine Berufsfeuerwehr, die wir alle bezahlen müssten.

Damit komme ich zur Berufsfeuerwehr. Ich habe heute bereits von der Erhöhung der Polizeizulage gesprochen. Diese Zulage muss natürlich auch bei den Feuerwehrleuten auf mindestens 220 Euro angehoben werden. Und selbstverständlich muss diese Zulage auch ruhegehaltsfähig sein. Im Rahmen der Grundsatzrede haben wir unsere Verbesserungsvorschläge zur Situation unserer Polizeibeamten in Rheinland-Pfalz vorgestellt. Nun möchte ich noch einige Punkte ergänzen. Es ist erschreckend und verstörend, aus den jährlichen Berichten der Landesregierung über die Beamtenversorgung zwischen den Jahren 1999 bis 2018 zu lesen, dass die Einstellung des Ruhegehalts – also das Sterbealter – bei Polizisten mit 77 Jahren ca. 5 Jahre unter dem Schnitt der restlichen Verwaltung erfolgt. Was wir demnach dringend benötigen, ist eine Studie, die den Ursachen dieses Missverhältnisses auf die Spur geht. Diese Zahlen können wir nicht einfach so hinnehmen oder unbeachtet lassen.

Wenn einem der Job so viel abverlangt, dass man im Schnitt mit einer verkürzten Lebenserwartung zahlt, dann läuft etwas falsch. Ein Weg, den Job als Polizeibeamter zu verbessern, ist die Zahl der Kollegen zu erhöhen und den Druck zu nehmen, der durch die Überbelastung entsteht. Deswegen werben wir FREIE WÄHLER für die Einstellung von 800 Anwärtern pro Jahr. Darüber hinaus muss die Beförderungssituation deutlich verbessert werden – denn nicht nur aber eben auch durch finanzielle Würdigung steigt die Lebenszufriedenheit. Konkret setzen wir uns dafür ein, die Beförderungen von A12 und A13 um jeweils 10 Prozent auszuweiten. Was der Einzelplan 03 für die rheinland-pfälzische Polizei ebenfalls bereithalten muss, ist ein flexibler Titel, mit dem bei Bedarf Sachmittel angeschafft werden können, für die andere Budgets bereits ausgeschöpft wurden. Seien es Desinfektionsmittel oder Teile der Schutzausrüstung. Ganz grundsätzlich ist es doch so: Wer das demokratische System verteidigt und Bürger schützt, dem darf es nicht an sicherer Ausrüstung mangeln. Helme, Schutzwesten, Bodycams, Waffen und vieles mehr müssen dem neuesten Stand der Technik entsprechen, in ausreichender Stückzahl vorhanden sein und rechtzeitig gewartet werden. Polizeieinsätze jeder Art dürfen nicht daran scheitern, dass Ausrüstung nicht vorhanden, veraltet oder eingeschränkt einsatzfähig ist. Außerdem fordern wir FREIE WÄHLER das Vorhalten von Mobilgeräten in ausreichender Stückzahl und die Ertüchtigung von Stätten für Schieß- und Einsatztrainings. Kurzum: Egal wie schlimm es finanziell kommt, sei es nun Feuerwehr, Polizei oder Rettungsdienst, ei denjenigen, die ihr Leben für unseren Schutz einsetzen, darf weder personell noch materiell gespart werden!

Als Parlament müssen wir unser Möglichstes versuchen, um diese Berufsgruppen zukunftsfest aufzustellen. Die rheinland-pfälzische Blaulichtfamilie leistet täglich einen unentbehrlichen Dienst für alle Bürger. Zusehends sehen sie sich in ihrem Arbeitsalltag mit Gewalt, Anfeindungen und Häme konfrontiert. Dies hat sich durch die Corona-Zeit verschärft. Dabei schützen sie unsere Freiheit und bewahren, unter Einsatz ihres eigenen Lebens, die rechtsstaatliche und demokratische Grundordnung. Sie sind Vorbilder und keine Feindbilder. Ihnen gilt der aufrichtige Dank der FREIE-WÄHLER-Landtagsfraktion.

Es gilt das gesprochene Wort.

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