„Mir ist nach wie vor unklar, wieso das Umweltministerium am Abend des 14. Juli im Wissen um die einsetzende Flut nicht stärker gewarnt hat.“

Stephan Wefelscheid, Obmann der FREIEN WÄHLER im Untersuchungsausschuss, zur Anhörung der Mitarbeiter des BBK in der neunten Ausschusssitzung:

MAINZ. In der neunten Sitzung des Untersuchungsausschusses 18/1 „Flutkatastrophe“ am 18.02.2022 hat sich der Untersuchungsausschuss insbesondere mit den Abläufen im Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) und den Warnmeldungen über die Systeme KATWARN, NINA und MoWas beschäftigt. Hierzu wurden vier Zeugen angehört.

Bewertung des Obmanns der FREIE WÄHLER-Fraktion, Stephan Wefelscheid, MdL, zum öffentlichen Teil der heutigen Sitzung:

Die Zeugin Dr. Miriam Haritz, Leiterin der Abteilung 1, Krisenmanagement (BBK), hat nach meinem Dafürhalten klar herausgestellt, dass das Bundesamt kein Selbsteintrittsrecht hat, sondern nur die Möglichkeit Amtshilfe im Krisenfall nach Anforderung durch die Länder zu leisten und ansonsten auf Beratung und weitere Unterstützungsleistungen, etwa die Bereitstellung einer Warninfrastruktur, beschränkt sei. Solange ein „Bedarfsträger“ (z.B. ein Bundesland oder ein Landkreis) sich nicht hilfesuchend an das BBK wendet, könne dieses auch nicht unterstützen. Eine „aufdrängende Hilfe“ gebe es nicht. Auf meine Nachfrage erklärte die Zeugin, es bestünden bzgl. der Weiterverbreitung von Warnungen sogenannte Multiplikatorenvereinbarungen mit den Rundfunkanstalten, hierunter falle auch der SWR. Dem gilt es in der Befragung von Vertretern des SWR in der Sitzung am 18.03.2022 näher nachzugehen.

Der Zeuge Dr. Michael Judex, Leiter Referat I.1., Grundlagen und IT-Verfahren im Krisenmanagement Geoinformationskoordinator, (BBK), erläuterte das Copernikus-System und unter anderem den Aspekt des Notfallkartierungsdienstes. Im Krisenfall können Satellitenbilder angefordert werden, diese Aufnahmen stellen den Ist-Zustand der überfluteten Gebiete und möglicher Schäden dar. Das Erstellen dieser Lagebilder sei aber recht aufwändig und hinge zeitlich auch davon ab, ob überhaupt ein Satellit zeitnah örtlich verfügbar sei. Am 13. Juli sei der erste Antrag aus RLP (LfU) zur Aktivierung des Systems eingegangen, damals sei die Aktivierung für Rhein und Mosel erbeten worden.

Auf meinen Vorhalt zu einem E-Mailverkehr zwischen Herrn Dr. Löw (BBK) und Herrn Christ (MKUEM) vom Abend des 14. Juli, aus dem hervorgeht, dass das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität bereits um 18:07 Uhr über das sich Abzeichnen eines über 100-jährigen Hochwassers an der Ahr in Kenntnis war, erklärte er, dass das LfU allerdings erst am nächsten Morgen die benötigten Geodaten übermittelt habe. Das erste Lagebild unter Berücksichtigung des Ahrtals habe am 16. Juli vorgelegen und sei dann nach RLP geschickt worden. Auf meine Frage, ob das Lagebild früher hätte geliefert werden können, wenn das LfU die Geodaten bereits am Abend des 14. Juli übermittelt hätte, erhielt ich keine klare Aussage. Wieder mal bleibt für mich die Frage stehen, warum am Abend des 14. Juli im Wissen um die einsetzende Flut Seitens des MKUEM nicht stärker gewarnt wurde.

Der Zeuge Thomas Mitschke, Bundesakademie für Bevölkerungsschutz und Zivile Verteidigung, Bad Neuenahr-Ahrweiler erklärte, dass Schulungen des Ex-Landrates Pföhler im Sinne von Weiterbildungsveranstaltungen und Übungsausbildungen nicht stattgefunden hätten. Weitere Verwaltungsbeamte des Stabes hätten aber an Veranstaltungen teilgenommen, auch Mitarbeiter der Ministerien. Im Friedensfall seien die Weiterbildungszentren in den Ländern, etwa die LFKA, für die Schulungen vorrangig zuständig. Auf meine Nachfrage erklärte er, dass Schulungen von Mitarbeitern der integrierten Leitstelle Koblenz nach seiner Kenntnis seit 2015 nicht stattgefunden hätten. Dieser Sache werde ich nachgehen.

Der Zeuge Armin Schuster, Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe betonte die vom BBK bereitgestellte Warninfrastruktur habe lückenlos und fehlerfrei funktioniert, so das Ergebnis einer im Nachgang durchgeführten Überprüfung. Die Annahme, die Bundesrepublik Deutschland habe eine oberste Katastrophenschutzbehörde in Form des BBK, sei nicht zutreffend. Das BBK sei nicht primär zuständig für den Katastrophenfall. Demgegenüber sei der Bund für den Kriegsfall zuständig, für den Frieden liege die Zuständigkeit bei den Ländern. Das System beruhe auf gegenseitiger Amtshilfe im jeweiligen Bedarfsfall. Auf meine Nachfrage, erklärte der Zeuge, die automatische Weiterübermittlung an alle Warn-Apps sei voreingestellt. Diese könne nur unterbrochen werden, indem die entsprechende Weiterleitung selektiv durch die integrierte Leitstelle rausgenommen werde. Leider sei das Förderprogramm, um das Abstimmungs- und Warnprozedere zwischen Bund und Ländern zu verbessern, für das Ahrtal zu spät gekommen.

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