Die besondere Bedeutung der Vereine in unserem Land wurde schon oft herausgestellt: Sie fördern das ehrenamtliche Engagement für Sport, Kultur oder mildtätige Zwecke, unterstützen die politischen Willensbildung und tragen zur Einbindung der Bürgerinnen und Bürger in den demokratischen Prozess bei, auch bei den Bemühungen um die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund. Ebenso ist die Jugendarbeit vieler Vereine unschätzbar wertvoll.
Doch aufgrund der Corona-Pandemie und der damit verbundenen Auflagen zum Infektionsschutz gerieten viele Vereine in existenzbedrohende Situationen, weil sie ihre Tätigkeit zeitweise fast völlig oder sogar ganz einstellen mussten. Durch die eingeschränkten Aktivitäten konnten bewährte Finanzierungswege nicht genutzt werden, während die Kosten nicht in gleichem Maße zurückgefahren werden konnten, sei es bei der Unterhaltung von Vereinsheimen oder bei vertraglichen Pflichten gegenüber Trainern oder Ausbildern. Waren Rücklagen vorhanden, mussten diese abgeschmolzen werden, um finanzielle Engpässe zu überbrücken.
Erfreulicherweise unterstützte und unterstützt das Land die Vereine in dieser Situation durch verschiedene Hilfsprogramme. Besonders durch den „Schutzschild für Vereine in Not“ konnte so manche Härte gemildert werden – auch deshalb, weil den Vereinen die „Ausgaben für vertraglich gebundene Honorare“ erstattet werden können. Soweit zur positiven Seite.
Wir müssen aber auch die Schwächen dieses Hilfsprogramms ansprechen: Der vorliegende Antrag der Fraktion der FREIEN WÄHLER verfolgt das Ziel, die erkannten Schwächen zu minimieren. Lassen Sie mich also diese kurz aufzeigen, vieles habe ich ja schon heute Morgen dargestellt.
1. Die Laufzeit
Wann sich die Pandemie-Lage soweit normalisieren wird, dass die Vereine ihre regulären Aktivitäten wiederaufnehmen können, ist derzeit nicht wirklich absehbar. Deshalb ist es zu begrüßen, dass das Hilfsprogramm bis Ende Juni 2022 verlängert wurde. Doch welchem Vereinsvorstand ist das bereits bekannt, da die neue Richtlinie kaum zu finden ist – wie ich heute Morgen schon detailliert aufgezeigt habe. Also eine große Bitte: Sorgen Sie dafür, dass sie transparent und leicht zugänglich ist, und die Vereine informiert werden!
Der 30. Juni als Enddatum scheint auf den ersten Blick nicht schlecht gewählt, aber ein Normalzustand im Vereinsleben wird bis dahin bestimmt nicht zu erreichen sein. Nehmen wir die Laien-Chöre als Beispiel: Diese müssen nach dem Neustart längere Zeit proben und ihre Chorleiter bezahlen, bevor sie wieder erste Auftritte durchführen können, um Einnahmen zu generieren. Weitere Hindernisse wurden ebenfalls heute Morgen angesprochen.
Vor diesem Hintergrund ist es aus Sicht der FREIEN WÄHLER zwingend notwendig, die Vereine in die Lage zu versetzen, zumindest das Jahr 2022 vollständig überbrücken zu können. Nur so wird die erforderliche Planungssicherheit für ihr Vereinsleben geschaffen. Wir fordern deshalb, das Hilfsprogramm „Schutzschild für Vereine in Not“ vorerst bis zum 31. Dezember 2022 zu verlängern, so wie es auch der Alternativantrag vorsieht.
2. Die Mittel
Dass die Landesregierung für dieses Programm 10 Millionen Euro bereitgestellt hat, wirkt auf den ersten Blick großzügig. Allerdings wurden bis zum 20. November 2021 weniger als 1,2 Millionen Euro der bereitgestellten Mittel ausgezahlt. Warum diese Diskrepanz?
Es ist den FREIEN WÄHLERN bewusst, dass die Hilfe durch den Schutzschild daran gebunden ist, „subsidiär angelegt“ zu sein. Das bedeutet, dass die liquiden Mittel des beantragenden Vereins zuerst aufgebraucht werden müssen. Ein verantwortlich handelnder Vereinsvorstand wird dies aber nur im äußersten Notfall zulassen, weil er sonst seine Handlungsfreiheit für die Zeit nach den pandemisch bedingten Einschränkungen aufgeben würde. Denn die notwendigsten Mittel für einen Neustart ständen nicht mehr zur Verfügung, zudem müssten Kündigungen ausgesprochen werden.
In der Praxis bedeutet diese eingeschränkte Förderung: Ein von der Pandemie hart getroffener Verein wird dadurch zwar formal am Leben gehalten, doch nach der Krise wird er kaum noch in der Lage sein, seine Aktivitäten wiederaufzunehmen. Dieser unhaltbaren Situation muss endlich abgeholfen werden. Oder will die Landesregierung vielleicht gar nicht, dass die Mittel verausgabt werden? Ich sage nur: „Honi soit qui mal y pense“.
Für die Planungssicherheit und das nachhaltige Überleben eines Vereins ist eine angemessene Reserve unabdingbar. Die FREIEN WÄHLER halten deshalb einen Betrag von etwa 5000 Euro für realistisch, in begründeten Ausnahmen müsste die Reserve auch größer sein dürfen. Ich gebe zu bedenken: Mit einer solchen Summe könnte allenfalls etwa ein Jahr eine Chorleitung bezahlt werden. Hier werden von Freiberuflern üblicherweise Honorare zwischen 300 und 500 Euro im Monat verlangt.
Wir fordern daher, die Bewilligungsvoraussetzungen so zu ändern, dass künftig bei der Beantragung von Geldern aus dem Hilfsprogramm „Schutzschild für Vereine in Not“ Eigenmittel bis zu einem Freibetrag von 5000 Euro nicht mehr berücksichtigt werden.
Der Alternativantrag enthält unsere Forderungen und geht in unserem Sinn darüber hinaus. Punkt a. kommt vor allem großen Vereinen zugute, während die schon vorhandenen Regeln z.B. die Honorarkosten abdecken, die kleinen Vereinen die meisten Probleme bereiten. Durch b. wird die Gesamtförderung auch für große Vereine gedeckelt. Die FREIEN WÄHLER können also auch dem weitergehenden Alternativantrag zustimmen.
Zum Schluss: Für den nicht unwahrscheinlichen Fall, dass die zuständige Ministerin den von uns geforderten Freibetrag – oder die völlige Freistellung der Rücklagen – mit Hinweisen auf Subsidiarität und Haushaltsordnung verwehren will, appelliere ich eindringlich an sie: „Frau Ministerin, lassen Sie nicht zu, dass schädliche Hürden bestehen bleiben. Lösen Sie die aufgezeigten Probleme und helfen Sie wirkungsvoll unseren notleidenden Vereinen. Das ist Ihre Aufgabe!“
Unser Antrag wurde mit den Stimmen der Ampelkoalition, bei Zustimmung der CDU und Enthaltung der AfD, abgelehnt.
Es gilt das gesprochene Wort.