18. Plenarsitzung – Helge Schwab zu „Altersentwicklung der Ärzteschaft in RLP“ und „Maßnahmen zur Sicherung der medizinischen Versorgung in RLP“ (Besprechung der Großen Anfragen der CDU-Fraktion) – mit Video

Video: Landtag RLP

Die beiden Antworten aus dem Gesundheitsministerium auf die großen Anfragen der CDU-Fraktion lesen sich für mich wie eine Satire: Zitat aus der Antwort des Ministeriums: „Für die Sicherung einer guten ärztlichen Versorgung ist die hausärztliche Versorgung zentral (…) der gesetzliche Sicherstellungsauftrag liegt bei der Kassenärztlichen Vereinigung.“ Die vorangegangene Frage war nicht etwa, wer für die ärztliche Versorgung zuständig ist, die Frage war: „In wieweit besteht landespolitisch Handlungsbedarf zur Sicherstellung der medizinischen Versorgung?“

Wenn ich einen Auftrag erteile, so muss ich dessen Durchführung kontrollieren und gegebenenfalls den Auftrag konkretisieren, um sachgerecht nachsteuern zu können.

Wir alle wissen, dass es um die ärztliche Versorgung auf dem Land – jetzt und vor allem in der Zukunft – nicht gut bestellt ist. Und wir wissen auch, dass bei der derzeitigen Rahmenlage keine Verbesserung zu erwarten sein wird. Da hilft es uns auch nicht zu wissen, dass es Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigung sei, die Versorgung sicherzustellen.

Welche Möglichkeiten haben wir denn, wenn die Kassenärztliche Vereinigung vermelden sollte, dass die Besetzung freier Hausarztstellen in einer Region nicht mehr möglich ist? Hilft uns dann die Antwort, dass die Kassenärztliche Vereinigung zuständig ist?

Sie rühmen sich mit einer Erhöhung der Studienplätze für Humanmedizin um 15 Prozent. Das entspricht einer Erhöhung auf 450 Studienanfänger insgesamt pro Jahr. Gleichzeitig wissen wir, dass die niedergelassene Ärzteschaft der über 65-Jährigen, Stand ihrer eigenen Beantwortung vom Oktober 2021, mit 933 Sitzen zu Buche schlägt. In der Altersstruktur zwischen 60 und 65 sind dies 1.229 und zwischen 50 und 59 sogar 2144.

In den nächsten 15 Jahren müssen wir damit rechnen, sowohl in den Krankenhäusern als auch in den Hausarztpraxen mindestens 7.126 Stellen neu besetzen zu müssen. Gleichzeitig können wir mit 450 Studienanfängern bis zu diesem Zeitpunkt jährlich maximal 6.750 Humanmediziner ausbilden. Dies ergibt ein Defizit von 376 unbesetzten Stellen.

Und dies bei alternder Gesellschaft. Eine Abwanderung einiger Mediziner oder Studienabbrecher noch nicht inbegriffen. Und unsere Landesregierung rühmt sich für diese besondere Leistung, die Kapazität der Studierenden um 15 Prozent erhöht zu haben. Ist das Realsatire?

Haben Sie schon einmal daran gedacht, dass es vielleicht sinnvoll sein könnte, einen weiteren Standort für den Studiengang Humanmedizin beispielsweise an der TU Kaiserslautern zu etablieren? Bereits weitere 250 Studierende jährlich würden unser Problem ab 2032 lösen können.

Auf die Frage, welche Fachbereiche durch die Altersentwicklung der Ärzteschaft besonders günstig oder ungünstig betroffen war, konnten Sie keine Antwort geben, da der Landesregierung keine Datenlage vorliegt.

Der Innenminister unseres Landes verleiht alle drei Jahre die Heinrich-Friedrich-Karl-vom-und-zum-Stein-Plakette in Erinnerung an den preußischen Staatsmann, Beamten und Reformer, der durch seine Denkschriften auch unsere Verwaltungen heute noch positiv beeinflussen könnte.

Von ihm stammt der Ausspruch, den ich mit Erlaubnis zitieren darf: „Die Kenntnis des Ortes ist die Seele des Dienstes“ Im übertragenen Sinne bedeutet dies nichts Anderes, als dass es sich leichter regieren ließe, würde die Regierung wissen, was gerade von Nöten ist.

Wenn Sie nicht wissen, welche Fachärzte aus demografischen Gründen in den nächsten zehn Jahren gebraucht werden, wie können Sie dann rechtzeitig für Ersatz/Ergänzung sorgen?

Zur Frage: „Wie sehen die entsprechenden Situationen hinsichtlich des Durchschnittsalters und der Altersstruktur der niedergelassenen und der im Krankenhaus tätigen Ärzteschaft aus?“

Auch hier antworten Sie, dass der Landesregierung hierzu keine Erkenntnisse vorliegen, da die entsprechenden Daten von der Landesärztekammer nicht erhoben werden. Bei beiden hier zu besprechenden große Anfragen ist die Landesregierung unterm Strich entweder nicht in der Lage auf Daten zurückzugreifen oder schlichtweg nicht zuständig, da die Landesärztekammer oder die Kassenärztliche Vereinigung zuständig ist.

Und ich frage mich an dieser Stelle: Ist die Verantwortung der Landesregierung teilbar? Nach meinem Dafürhalten definitiv NEIN!

Vielleicht ist es die individuelle Sichtweise, welche mir einen möglicherweise differenzierten Blick auf die Parlamentsarbeit beschert: Wenn ich davon ausgehe, dass wir für die Beste Lösung eines Problems in unserem Land streiten, so kann dieser Streit niemals persönliche Auswirkungen haben.  Es geht schließlich rein um die Sache.

Als Parlamentarier stelle ich meine Anfrage, um einem vermuteten Problemfeld auf den Grund zu gehen. Das jeweils zuständige Ministerium sollte hierbei völlig wertneutral dazu beitragen, die Unklarheiten zu beseitigen. Ja, vielleicht sogar durch diese Anfragen dazu bewegt werden, an ein Problemfeld heranzugehen, gegebenenfalls fehlende Datensätze zu erlangen.

Wenn ich nun wieder zu den mir vorliegenden Antworten zurückkomme, über die wir heute sprechen, so frage ich mich selbst, ob die Botschaft, welche ich hierbei erfasse auch die ist, die der Verfasser beabsichtigte. Meine Botschaft zu diesem Themenfeld ist einfach:

Nehmen Sie die Anregungen der Opposition ernst. Unsere Arbeit dient wie Ihre unserem Rheinland-Pfalz und unseren Einwohnern. Sowohl die Sicherstellung der medizinischen Versorgung als auch die Altersentwicklung der Ärzteschaft in Rheinland-Pfalz bereitet uns große Sorge. Es liegt nun an Ihnen, ob Sie unsere Anfragen als Unterstützung werten.

Es gilt das gesprochene Wort.

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