Wefelscheid begrüßt Initiative von Justizminister Mertin
MAINZ. Während der Corona-Pandemie gewährten die Bürger von Rheinland-Pfalz ihrer Landesregierung viele Vertrauensvorschüsse. Insbesondere das Thema Datenschutz bei der Kontaktnachverfolgungs-App „Luca“ wurde lange und kontrovers diskutiert. Auf die Frage, ob die in der App gespeicherten Kontaktdaten beispielsweise zur Strafverfolgung genutzt werden könnten, antwortete die Landesregierung in den FAQs zu Luca wie folgt: „Die zur Kontaktnachverfolgung erhobenen Daten dürfen (…) nicht zu anderen Zwecken verwendet werden.“ Wie der SWR bereits am 7. Januar berichtete, wurde diese Zusicherung durch Polizei und Staatsanwaltschaft in Mainz unterlaufen und das Vertrauen der Bürger somit schwer missbraucht.
Demnach habe die Polizei zur Aufklärung eines Sturzes mit Todesfolge im Anschluss an einen Lokalbesuch am 29. November 2021 die über die Luca-App gespeicherten Kontaktdaten beim Gesundheitsamt sowie dem Betreiber der Lokalität abgefragt und in der Folge 21 potentielle Zeugen befragt. „Ein solcher Vertrauensbruch beschädigt das Verhältnis zwischen Bürger und Staat zutiefst und beschädigt das Ansehen von Landesregierung, Justiz und Polizei“, befindet Stephan Wefelscheid, rechtspolitischer Sprecher der FREIE WÄHLER-Landtagsfraktion und Mitglied der Datenschutzkommission. „Ich habe bereits Montagmorgen mit dem Büro des Landesdatenschutzbeauftragten telefoniert und darum gebeten, dass dieses Thema auf die Tagesordnung der nächsten Kommissionsitzung gesetzt wird.“
Wefelscheid, auch Parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion, begrüßt jedoch ausdrücklich, dass Justizminister Herbert Mertin den Vorgang umgehend untersuchen lässt und auch kurzfristig auf die Tagesordnung des nächsten Rechtsausschusses am Donnerstag, 13. Januar, setzt. Zugleich erwartet er die lückenlose Aufklärung des Sachverhalts: „Wer sind hier die Verantwortlichen? Wie kann es sein, dass die eindeutigen Bestimmungen in den §28a Abs. 4 des Infektionsschutzgesetzes und §1 Abs. 8 der Corona-Bekämpfungsverordnung von Rheinland-Pfalz derartig fehlinterpretiert wurden? Insbesondere, wenn es sich um eigentlich gesetzeserfahrene Beamte handelt? Wie oft wurde schon versucht, auf Kontaktdaten der Luca-App zuzugreifen? Was wird die Landesregierung unternehmen, um dies künftig zu unterbinden? Welche personellen Konsequenzen wird es geben? Fragen, auf die ich mir in der nächsten Rechtsausschuss-Sitzung Antworten erwarte.“
Doch auch über diesen Fall hinaus mehren sich die Bedenken bezüglich des Nutzens der Luca-App. Bundesweit haben zahlreiche Gesundheitsämter die Kontaktnachverfolgung mittels der
App aufgegeben. In Bayern wird sie bereits nicht mehr genutzt. Zudem moniert der rheinland-pfälzische Landesdatenschutzbeauftragte Dr. Dieter Kugelmann den mangelnden Datenschutz.
Auch die digitalpolitische Sprecherin der FREIE WÄHLER Landtagsfraktion, Lisa-Marie Jeckel, äußert sich kritisch: „Wie unser Berichtsantrag aus dem Oktober 2021 ergeben hat, läuft der Vertrag mit den Betreibern der App bis zum 31. März 2022 und wird automatisch verlängert, wenn die Kündigung nicht bis Ende Februar erfolgt. Spätestens angesichts des Vorgangs in Mainz und der sich häufenden Bedenken halte ich eine gründliche Diskussion über die weitere Nutzung von Luca für notwendig und werde mich im Ausschuss für Digitales weiterhin für den Schutz der Bürgerinnen und Bürger stark machen.“
„Wenn der Staat den Schutz der Daten seiner Bürger nicht mehr zu gewährleisten vermag, ist das ein unüberhörbares Alarmsignal“, befindet Stephan Wefelscheid. „Ich schließe mich der Meinung der Politiker von Grünen und FDP in Baden-Württemberg an, die dazu aufrufen, die App von den Telefonen zu löschen und den Vertrag nicht mehr zu verlängern. Wir dürfen den Schutz persönlicher Daten nicht für eine App mit mehr als fraglichem Nutzen aufgeben.“