Gesetzentwurf der FREIE WÄHLER-Fraktion
Gegenstand dieser Gesetzesinitiative ist die zeitliche Erweiterung der Möglichkeit des länger dauernden polizeilichen Gewahrsams nach § 14 POG. Danach kann die Polizei eine Person in Gewahrsam nehmen, wenn das unerlässlich ist, um die unmittelbar bevorstehende Begehung oder Fortsetzung einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung zu verhindern, das unerlässlich ist, um eine Platzverweisung oder ein Aufenthaltsverbot nach § 13 durchzusetzen, oder einige Beispiele:
- Ein Terrorist droht sich in die Luft zu sprengen, die Polizei nimmt ihn zum Schutz der Bevölkerung in Vorbeugegewahrsam
- Aktivisten der sog. „letzten Generation“ planen Anschläge auf Rohölleitungen, die Polizei erfährt davon und nimmt die Personen in Vorbeugegewahrsam
- Mitglieder der verbotenen Organisation Samidoun planen eine antiisraelische Kundgebung, die Polizei erfährt davon und nimmt die Personen zur Verhinderung weiterer Aktivitäten in Vorbeugegewahrsam
Aktuell beträgt die maximale Dauer einer möglichen Gewahrsamnahme nach § 17, II POG allerdings nur 7 Tage. Reicht das, angesichts der neuen Gefährdungslagen? Beispiel Dietrich Rühle.
Aber: Dafür bedarf es ja zumindest der 24/7 Überwachung, um erkennen zu können, wann denn der potentielle Täter in das Versuchsstadium der Tatverwirklichung eintritt! Da frage ich mich: Mit welchem Personal soll das denn gewährleistet werden? Hier zeigt sich: 7 Tage Gewahrsam sind zu wenig.
Beispiel andere Länder:
Bayern: Bis zu einen Monat, mit der Verlängerung um einen weiteren Monat. Bayerischer Verfassungsgerichtshof hatte übrigens keine Bedenken.
NRW: Bis zu 28 Tage
In Berlin denkt man derzeit über die Anhebung nach.
Unser Vorschlag, den wir mit dieser Gesetzesinitiative unterbreiten, ist nicht ganz so weitgehend wie Bayern, trägt aber aus unserer Sicht den geänderten Bedrohungszenarien für Rheinland-Pfalz Rechnung: Bis zu 14 Tage, mit der Möglichkeit der Verlängerung um weitere 14 Tage, was in der Summe mit 28 Tagen der Regelung von NRW entspricht.
Stein des Anstoßes für diese Gesetzesinitiative war für mich auch der Fall Edenkoben. Hier kurz zum Zeitstrahl:
14. Juli 2023 Haftentlassung; Durch LG Frankenthal im Rahmen der Führungsaufsicht angeordnet u.a. Kontaktverbot, Verbot Smartphone zu besitzen und elektr. Aufenthaltsüberwachung
Irgendwann danach: Weigerung Fussfesseln anzulegen
10. bis 16. August 2023 Führungsaufsichtsstelle wurde über Verweigerung des Tragen d. Fußfessel informiert, dass Beschuldigter Smartphone besitz und dass er gegen das Kontaktverbot verstößt
04. September 2023 Fertigung Anklageentwurf
08.September 2023 Strafantrag durch Führungsaufsichtsstelle
08. September 2023 Ausfertigung Anklageerhebung der StA Frankenthal zum AG Neustadt an der Weinstraße wegen Verstoß gegen Weisungen während der Führungsaufsicht (§ 145 a StGB), Antrag auf Untersuchungshaftbefehl gegen den Beschuldigten beim Amtsgericht Neustadt
11. September 2023 Tat in Edenkoben
14. September 2023 Eingang der Anklageschrift beim AG NW (am 12. September Anklage elektronisch als Vorabinformation ans AG NW)
Das bedeutet: Zwischen dem 16 August, dem Tag an dem spätestens Kenntnis erlangt wurde über die substantiellen Verstöße gegen die Auflagen des LG Frankenthal, und dem Tatatag, das war der 11. September, liegen 26 Kalendertage.
Nehmen wir an, die Polizei sei nicht von einer sog. „latenten Gefahr“, sondern – wie ich übrigens finde – von einer „konkreten Gefahr“ ausgegangen:
Dann hätte sie nach den Regelungen unserer Gesetzesinitiative zumindest die Möglichkeit gehabt, den Täter 2 mal 14 Tage lang in Gewahrsam zu nehmen. Gleiches Beispiel ohne Gesetzesänderung: Die Polizei hätte den Täter nur 7 Tage in Gewahrsam nehmen und dann entlassen müssen.
Ich denke, dass dieser Zeitstrahl recht gut aufzeigt, wie langwierig die Abläufe sein können und dass es gut sein kann, wenn die Polizei bessere präventivpolizeiliche Möglichkeiten hat.
Ich denke auch, dass es angebracht ist, dieses Thema im Innen- und begleitend Rechtsausschuss näher zu beleuchten und beantrage daher die Überweisung dieser Gesetzesinitiative in den federführenden Ausschuss.
Es gilt das gesprochene Wort.