51. Plenarsitzung – Joachim Streit zum „Landesgesetz zur Änderung des Landesgesetzes zur Neuregelung der Finanzbeziehungen zwischen dem Land und den kommunalen Gebietskörperschaften (Landesfinanzausgleichsgesetz – LFAG) – mit Video

Gesetzentwurf der CDU-Fraktion

Video: Landtag RLP

Mein Dank für diese Gesetzesinitiative und Einbringung in den Landtag geht an die Fraktion der CDU. Aber zugleich schaue ich dann weiter nach rechts und frage in Richtung Landesregierung und auch in Richtung der kommunalpolitisch tätigen Abgeordneten der Koalition: Spiegelt sich bei Ihnen nicht die Meinung der kommunalen Basis wieder, dass es bereits fünf nach zwölf ist? Stehen bei Ihnen nicht die kommunalen Funktionsträger Schlange, um Ihnen die desolate Lage der Kommunen, Verbandsgemeinden und Kreise vorzutragen und den dringenden Handlungsbedarf einer Nachbesserung beim Landesfinanzausgleichsgesetz zu verdeutlichen?

Schon lange fordern die FREIEN WÄHLER, dass der Kommunale Finanzausgleich (KFA) neu aufgestellt werden muss, damit die Kommunen mit adäquaten Finanzmitteln ausgestattet werden und sich nicht noch mehr Ehrenamtliche von der Kommunalpolitik abwenden – wie es beispielsweise unlängst beim Rücktritt des Gemeinderats von Freisbach geschehen ist. Der Austritt der Oberbürgermeisterin von Ludwigshafen, Jutta Steinruck, aus der SPD ist nur ein weiteres Zeichen für die Ohnmacht der Kommunalpolitiker in der aktuellen Situation. Da hilft es auch nicht, dass Innenminister Ebling nun eine „Kommunalaufsicht mit Augenmaß“ und mehr Beratungsleistungen für finanzschwache Kommunen angekündigt hat. Beratungsleistungen, sehr geehrter Herr Ebling, sind für klamme Kommunen nur ein Nebenkriegsschauplatz – es braucht endlich mehr Landesmittel für alle die Aufgaben, die von Bund und Land ständig an die unterste Ebene weitergegeben werden.

Und mit Verlaub, das, was das Innenministerium in seinem Rundschreiben vom 12. September 2023 anpreist, ist nicht mehr als eine Nebelkerze. Natürlich sollen Kommunen, die darauf angewiesen sind, Beratungsleistungen für die Verbesserung ihrer Einnahmen und Ausgaben zur Verfügung stehen. Aber das Problem beginnt doch an ganz anderer Stelle: Der Kommunale Finanzausgleich hat schlichtweg nicht den Umfang, den er haben müsste. Und das liegt einzig an der mangelnden Finanzausstattung durch die Landesregierung. Kommunen können sich nur beraten lassen, wenn sie auch einen Beratungsgegenstand haben – und dazu braucht es endlich eine Aufstockung des KFA durch originäre Landesmittel.

Wer 2023 trotz Übernahme eines Teils der Liquiditätskredite im Nachhinein auf einer Datenbasis von 2020 argumentiert, der hätte auch allen Städten und Kreisen verbieten müssen, nach 2020 weitere Kredite zur Deckung seiner Pflichtaufgaben aufnehmen zu dürfen. Das Innenministerium offenbart mit seinen jüngsten Verlautbarungen auch die eigenen Widersprüche. Wenn eine Erhöhung von Steuern und Gebühren erst dann in Betracht kommen soll, wenn alle anderen Möglichkeiten zum Haushaltsausgleich – Installation von Windkraftanlagen, Verpachtung von Gemeindeflächen, Ansiedlung von Gewerbegebieten – ausgeschöpft seien, dann frage ich mich, warum die Nivellierungssätze bereits jetzt erhöht wurden.

Die Reihenfolge hätte lauten müssen: Aufstockung des KFA, dann Beratungsleistungen und abschließend eine Anpassung der Nivellierungssätze.

Und auch der Hinweis im vorgenannten Rundschreiben, dass 21 von 24 Landkreise einen ausgeglichenen Haushalt aufweisen, muss doch bei den Verhältnissen der vergangenen Jahre stutzig machen. Gab es eine seltsame Einnahmenvermehrung? Die erhöhten Nivellierungssätze können es nicht ein, die schlagen erst in den nächsten Jahren bei den Kreisumlagen zu Buche – oder haben die Kreise in die Trickkiste gegriffen?

Ich vermute eher letzteres – als langjähriger Landrat war mein Bestreben immer, einen Haushaltsausgleich zu erreichen. Aber seit dem Malbergweich-Urteil habe auch ich gelernt, dass die Umlagenschraube nicht unendlich nach oben gedreht werden kann. Selbst eine Kreisumlage von 55 % hätte mir da nicht geholfen.

Und siehe da, plötzlich soll das alles möglich sein, weil das Innenministerium mit dem bösen Finger droht. Haushaltsreste werden übertragen, nicht getätigte Investitionen werden als Ausgabenreduzierungen eingebracht und noch nicht abgerufene Forderungen Dritter verbessern die Haushaltssituation. Wohl wissend, dass geht alles nur einmal, der nächste Haushalt wird dann wieder anders aussehen.

Das LFAG ist sicherlich ein erster kleiner Schritt in die richtige Richtung, aber es müssen weitere Optimierungsschritte folgen. Auch eine zeitnahe Evaluierung und vertikale Bedarfsermittlung muss hier für mehr Klarheit sorgen. 2026 könnte es bereits zu spät sein, wenn die Landesregierung dann nicht vor einem Scherbenhaufen der eigenen Arbeit stehen möchte. Ich zitiere hier noch einen Satz aus dem Urteil des VGH RP vom 16.12.2020: „Der Gesetzgeber muss den Finanzbedarf der Kommunen nicht nur realitätsgerecht ermitteln und diese Ermittlung dokumentieren. Er unterliegt auch einer Beobachtungs- und Nachbesserungspflicht.“ Zitat Ende. Die geplante erste Evaluation 2026 und die dann darauf basierenden Anpassungen zum 1.1.2028 ist zu weit weg von der Realität. In meinen Augen sind bis dahin weitere Klagen aus der kommunalen Familie zu erwarten.

Und die sich weiter andeutenden Mehrbelastungen der kommunalen Familie durch das „sehr gute KITA-Gesetz“, mehr Schulsanierungen und Investitionen in den ÖPNV der Zukunft werden bei einer durch das Konnexitätsprinzip nur suboptimal gegenfinanzierten Erstattung die kritische Lage in Rheinland-Pfalz weiter verschärfen.

Sehr geehrte Damen und Herren von der Landesregierung – haben Sie den Mut, durch einen Nachtragshaushalt des Doppelhaushalts 2023/2024 und einem parallel einzurichtenden Härtefallfonds für die Übernahme der Liquiditätskredite notleidender Kommunen ein wegweisendes Zeichen für das Ehrenamt zu setzen.

Die FREIEN WÄHLER bieten Ihnen an, diesen Weg konstruktiv mit zu begleiten.

Es gilt das gesprochene Wort.

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