70. Plenarsitzung – Helge Schwab: Erwiderung Regierungserklärung des Ministerpräsidenten

Es sind noch keine 100 Tage her, seit Sie ihr Amt von Malu Dreyer übernommen haben. Auch bei mir sind es weniger als 100 Tage, dass ich das Amt des Vorsitzenden der Landtagsfraktion der FREIEN WÄHLER übernommen habe.

Parallelen? Gleiche Voraussetzungen? Weit gefehlt. Sie, Herr Schweitzer haben eine ungleich schwerere Bürde zu tragen.

Das Ende der Ära Dreyer hat sich nicht nur durch die wenig berauschenden Wahlergebnisse der Kommunalwahl und der Europawahl in Rheinland-Pfalz angedeutet, nein, da gab es einige Vorzeichen, die einen Wechsel an der Spitze des Landes als angebracht erscheinen ließen. Da ist zum einen die Flutkatastrophe 2021, die unser Land ganz klar vorgeführt hat. Mögen auch zwischenzeitlich einige der Forderungen der Enquete-Kommission in Umsetzung sein, das neue Amt für Brand- und Katastrophenschutz sich im Aufbau befinden, der Entwurf des an die tatsächlichen Verhältnisse angepassten Landes Brand- und Katastrophenschutz Gesetzes in Arbeit sein – dennoch fehlt es noch allen Ecken und Enden.

Unser unermüdlicher Obmann im Untersuchungsausschuss, Stephan Wefelscheid, mahnte bereits in der vorigen Woche, dass das Land bei Großschadensereignissen oder großen Katastrophenszenarien, sofern zentrale Abwehrmaßnahmen von Nöten sind, immer die Einsatzleitung übernehmen müsse. Auch hier gibt es beim LBKG konkreten Nachbesserungsbedarf.

Sie Herr Ministerpräsident werden sicherlich die Presse nach dem Tag ihrer Wahl aufmerksam gelesen haben: Neben den Berichten über die Wahl und über Sie standen auch viele Berichte über das Ahrtal zur Verfügung: Mangelnde Unterstützung, Unverständnis darüber, warum erst 1,5 Mrd. Euro von den zur Verfügung stehenden 15 Mrd. Euro ausgezahlt seien. Immerhin sind seither drei Jahre vergangen. Bei dem Tempo würde es wohl unter einer von der Ampel gestützten Landesregierung noch weitere 27 Jahre dauern, bis alle Mittel verausgabt sind. Aber dazu wird es nach heutigen Umfragewerten 2026 nicht mehr kommen – die Neuwahlen zum Landtag werden hoffentlich andere Konstellationen ermöglichen.

Sie haben in einer ersten Erklärung den Aufbau der Flutregionen als ihren persönlichen Schwerpunkt aufgelistet. Ich empfehle Ihnen, sich ein Beispiel an der Versicherungswirtschaft zu nehmen: Dort sind insgesamt bereits 7,5 Mrd. Euro geflossen, eine zehnprozentige Rücklage wurde gebildet – die Schadensregulierung ist dort weitestgehend abgeschlossen. So funktioniert der Aufbau – nicht im Verharren auf bürokratischen Hürden!

Es ließe sich jetzt noch eine ganze Anzahl an Beispielen aufführen, doch ich möchte ja auch noch auf weitere Herausforderungen und Schwerpunkte ihrer zukünftigen Arbeit als Ministerpräsident eingehen. Mit dem Begriff „Schutz und Chance“ haben Sie ein Motto ihrer Regierungszeit gewählt, welches viel Interpretationsraum für Ihr persönliches zukünftiges Handeln lässt. Mit einem Veränderungsjahrzehnt hat ihre Vorgängerin geworben – fragen Sie sich selbst: Sind die großen Veränderungen eingetreten oder war es nur ein Minimalkonsens und damit ein Stillstehen in vielen Bereichen?

Mit dem Klimawandel haben Sie eine zentralpolitische Aufgabe formuliert, die als Generationenaufgabe das Handeln der Landesregierung in allen Facetten begleiten soll. Wie bereits angedeutet, hat das 2021 im Bereich Katastrophenschutz schon einmal nicht reibungslos funktioniert. Der Rücktritt zweier Minister sowie die weiterhin geforderten Rücktritte von zwei maßgeblichen Akteuren in der Flutnacht und danach stehen im Raum. Daran wird auch der jetzt zu diskutierende Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses nichts ändern. Die Wahrheit ist auf 2.100 Seiten festgehalten. Schutz war demnach für viele Betroffene nicht zu bekommen.

  • Fühlten wir uns in Rheinland-Pfalz zu sicher?
  • Hätte es durch die Regierung bereits vor Jahren schon Maßnahmen der Vorsorge geben müssen?

Als Offizier habe ich verinnerlicht, dass Verantwortung unteilbar ist: Man haftet auch für nicht erteilte Befehle. Zumindest moralisch, wenn hierdurch Kameraden oder Schutzbefohlene geschädigt oder verletzt wurden oder gar ihr Leben ließen.

Sie, Herr Ministerpräsident Schweitzer standen zur Zeit der Flutkatastrophe nicht in der Verantwortung. Dessen bin ich mir bewusst. Ich persönlich glaube auch nicht, dass Sie damals und in der Zeit danach gefühlskalt reagiert hätten. Nicht, nachdem ich Ihre gelebte Bürgernähe in den letzten Wochen regelmäßig erleben durfte. Eine Chance wäre bis zum Ende der Amtszeit gewesen. Leider hat die frühere Ministerpräsidentin ihre Chance auf eine persönliche Entschuldigung für die Versäumnisse der Landesregierung – auch wenn ihr direkt kein Vorwurf gemacht wurde – verpasst.

Vielleicht überlegen Sie es sich, Herr Ministerpräsident und springen über den Schatten der Regierung. Die Menschen im Ahrtal und in den Flutregionen warten noch immer auf ein Zeichen…

Sehr geehrter Herr Schweitzer, Sie haben am 10. Juli 2024 in einer ersten Erklärung auch die Demografie angesprochen.

Ja es tut sich etwas in unserem Land – viele Zuzüge aus anderen Ländern stellen unsere Kommunen vor fast unlösbare Aufgaben. Wohnraum wird knapp oder ist gar nicht mehr vorhanden; Kita-Plätze nach dem novellierten „Gute-Kita-Gesetz“ rücken angesichts von fehlenden Erzieherinnen und Erziehern, fehlendem Raumangebot und natürlich den fehlenden finanziellen Ressourcen der Verantwortlichen vor Ort in weite Ferne. Die aufnehmenden Behörden ächzen angesichts fehlenden Fachpersonals vor der Aufgabe, Integration und menschenwürdige Unterbringung und Betreuung überhaupt unter einen Hut zu bringen.

Wie Sie angesichts dieser Situation fast in einem Atemzug das Aufstiegsversprechen der SPD-geführten Landesregierung unter ihr Motto “Schutz und Chance” subsumieren, nötigt mir – mit Verlaub – größten Respekt ab.

Als klaren Schwerpunkt Ihrer Arbeit als Ministerpräsident sehen Sie auch hier den Schutz für den Einzelnen wie auch die Chance für den Einzelnen im Bereich der Bildung als wichtig und elementar an. Ja, dann freue ich mich doch auf den Dialog mit uns Parlamentariern – wie am 10. Juli versprochen.

Sie wollen zuhören und lernen – ja, erste Auswirkungen sind spürbar. Sie wollen Kinder künftig mit viereinhalb Jahren zur Schule anmelden lassen und ab 2026/2027 stufenweise den Sprachstand aller Kinder feststellen. Dies entspricht unserer Forderung der Sprachstandsfeststellung eineinhalb Jahre vor der Einschulung. Und Sie versuchen auch unsere Forderung des Deutschlernens vor der ersten Klasse umzusetzen. Ein guter Schritt in die richtige Richtung. Sie geben unseren Kindern damit die Chance, mit entsprechenden Deutsch-Kenntnissen einen erfolgreichen Start in einen individuellen Bildungsweg gehen zu können. Dabei spreche ich nicht nur von ausländischen oder migrierten Kindern – selbst deutsche Kinder haben hier teilweise enormen Aufholbedarf… Allerdings hört es sich etwas wachsweich an, wenn Kinder nur 15 Stunden pro Woche die Kita „sozusagen als Vorschule“ besuchen müssen.

Apropos „Vorschule“: Sie sagen, die erste Klasse kann bereits auf zwei Jahre gestreckt werden. Das soll doch hoffentlich keine Rechtfertigung dafür sein, dass in Rheinland-Pfalz so viele Kinder die erste Klasse wiederholen müssen.

Vielleicht bräuchte es doch Ihren Mut, Herr Ministerpräsident, anstatt die erste Klasse künstlich zu verlängern, ein verpflichtendes Vorschuljahr einzuführen. So kann sichergestellt werden, dass die Schülerinnen und Schüler von Beginn an erfolgreich lernen und sich entfalten können.

Und auch auf das „First Class“ Modell möchte ich noch eingehen: Sie wollen es landesweit anbieten, wo es gebraucht wird. Das Modell „First Class“, bei dem Schulanfänger zu Schuljahresbeginn für sechs Wochen von Studierenden gezielt unterstützt werden, habe ich wohlwollend zur Kenntnis genommen und begleite es eng. Es ist zweifellos ein positiver Ansatz. Doch wir müssen über das hinausblicken und uns dauerhaft diesen Herausforderungen widmen. In unseren Klassenzimmern braucht es viel mehr Lehrkräfte, um den Spagat zwischen großen und vor allem heterogenen Lerngruppen bewältigen zu können. Nicht nur in den ersten sechs Wochen!

Da Sie unsere Forderungen hier aufgegriffen haben und zuhören wollen, biete ich Ihnen gerne unsere konstruktive Begleitung und Unterstützung an. Es geht uns um die Sache! Um unsere Kinder und die Zukunft in Rheinland-Pfalz! Ich danke Ihnen für die nahezu hunderprozentige Übernahme erster Forderungen. Daran erkennt man, dass Sie Herr Ministerpräsident, unsere Arbeit ernst nehmen und wertschätzen.

FREIE WÄHLER wirken erneut!

In dem bisher von Ihnen geführten Transformationsministerium spielt die Digitalisierung und die künstliche Intelligenz eine wichtige Rolle. Dass es in Rheinland-Pfalz in den SPD-Reihen niemanden gab, dem Sie diese Rolle zugetraut haben, sondern sich für eine Ihnen bekannte Persönlichkeit entschieden haben, spricht für Sie. Es geht ihnen um Eignung, Leistung und Befähigung. Sie geben Frau Schall eine Chance – und schützen mögliche rheinland-pfälzische Alternativen vor dem Scheitern.

Gleichzeitig verbinden Sie den Transformationsprozess im Land mit der herausragenden wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Chance durch BionTech, unserem Land einen gewissen Stempel aufzudrücken. Nach dem Abebben des Verkaufsschlagers aus Corona-Jahren sind aber jetzt auch an der Mainzer Goldgrube ruhigere Zeiten eingekehrt. Die Gewerbesteuer fließt bei weitem nicht mehr so üppig, die Kämmerer in Mainz und Idar-Oberstein drehen wieder wie zuvor jeden Cent mindestens dreimal um, und das Land könnte möglicherweise bald wieder vom Geberland zum Nehmerland werden. So ist das, mit dem schnellen Geld…

Die Abwanderungsgedanken vieler produzierender Betriebe, die Verlagerungen an ausländische Standorte sollten die Landesregierung aus ihrer Lethargie aufwachen lassen. Wenn es bisher noch nicht ein Schwerpunkt Ihrer Arbeit war, dann sollten Sie jetzt die Chance ergreifen, es dazu zu machen. Die rheinland-pfälzische Wirtschaft hat den Schutz und die Unterstützung des Landes verdient.

Beispielhaft sei die Ansiedlung von Fraser’s in Bitburg genannt – täglich zahlt dieses Unternehmen hohe Zollabgaben, um seine Produkte nach Europa zu versenden, statt sich am neuen Standort eine neue Europazentrale bauen zu können. Mit über 1.000 Arbeitsplätzen hat dieser GlobalPlayer allemal den Schutz der Landesregierung vor überbordenden Verbandsklagen verdient.

Unser Kollege Michael Ludwig von der CDU hat die entstehenden Möglichkeiten und den enormen Druck im Kessel bereits im Oktober 2023 erkannt. Schaffen Sie es, dass auch Ihre Regierung solche Chancen erkennt?

Nachdem die Regierung Dreyer zweimal die Chance der Entwicklung eines 70 Hektar großen Konversionsgeländes durch die Vergabe der Landesgartenschau vertan hat, hat sich die Region selbst auf die Beine gemacht und nach Alternativen gesucht. Mit der eben zitierten Firmenansiedlung besteht nun die Chance, hier endlich auch in einer ländlichen Region für gleichwertige Lebensverhältnisse zu sorgen.

Nutzen Sie, Herr Schweitzer diese Chance. Als Verfechter gleicher Verhältnisse in Stadt und Land haben Sie versprochen, in die Regionen zu schauen. Gleiche Chancen, aber auch der gleiche Schutz sind daher wichtig. Sie haben versprochen auf Augenhöhe miteinander zu sprechen – zumindest im Sitzen sollte das für die meisten ihrer Gesprächspartner möglich sein.

Oftmals haben allerdings die Vertreter in Stadt und Land das Gefühl, dass Mainz ganz weit weg ist, dass Mainz gar nicht „nah bei de Leut“ ist und dass sich in der Landesregierung ein Ausruhen auf vermeintlichen Erfolgen breitgemacht hat. Mit der Ankündigung eines neuen Förderprogramms für Kommunen mit hohen Schuldenbergen für über 200 Millionen Euro – bezahlt aus der prall gefüllten Rücklage – haben Sie schon einmal einen Pflock eingeschlagen. Hat mein Vorgänger Joachim Streit doch beim Kommunalen Finanzausgleich einen Härtefallfonds von 100 Millionen Euro gefordert, um die beim Landesfinanzausgleichsgesetz benachteiligten Kommunen eine Chance auf einen Neuanfang zu geben. Diese Forderung ist heute knapp eineinhalb Jahre alt – jetzt legen Sie noch 100 Millionen Euro drauf –DANKE Herr Ministerpräsident.

Da sage ich schon wieder: FREIE WÄHLER wirken!

Aber seien Sie gewiss, die Lage der kommunalen Haushalte ist bei weitem noch nicht so rosig, wie Ihnen vielleicht die Damen und Herren der ADD und des Finanzministeriums weismachen wollen. Oft sind die vermeintlich ausgeglichenen Haushalte nur durch Taschenspielertricks entstanden. Welche dies im Einzelnen sind, wissen Sie als erfahrener Kommunalpolitiker mit Erfahrung im VG-Rat und Kreistag selbst. Das Problem ist, dass diese Buchungstricksereien mit der Zeit die Wahrheit nicht mehr verdecken lassen und dann sehen die Haushalte in einigen Jahren wieder so aus. Die Stadt Trier hat gerade erst, trotz sparsamster Führung ein Loch von 28 Millionen Euro statt vier Millionen Euro Plus zu verkünden gehabt. Unser Landkreis Kusel führt die Tabelle der ärmsten Landkreise Deutschlands nach wie vor unangefochten an. Da hilft es auch nicht, dass Kollege Kusch immer exklusiv die Förderbescheide als sein Werk und das Wohlwollen der SPD ankündigen darf. Hier gilt es jetzt sofort und kurzfristig und nicht erst in drei Jahren den kommunalen Finanzausgleich zu evaluieren – wie dies die Kommunalen Spitzenverbände bereits früher schon gefordert haben – um direkt und nachhaltig nach zu bessern.

Sie, Herr Schweitzer haben jetzt die Chance, den Kommunen eine Zukunftsperspektive zu eröffnen, indem eine adäquate Finanzausstattung für die Pflichtausgaben vor Ort – egal ob in der Eifel, der Westpfalz oder in Ludwigshafen –
Wirklichkeit wird.

Zugegeben, mit der Entschuldung vieler Kommunen wurde ein wichtiger Schritt getan; wir FREIE WÄHLER habe diesen Kurs auch gerne mitgetragen. Was fehlt ist die Einlösung des Versprechens, dass nunmehr auch der Bund für seine stetig auf die Kommunale Familie übertragenen Aufgaben und die daraus resultierenden hohen Schuldenstände eintritt. Der Bund muss trotz angespannter Haushaltslage an sein Versprechen der hälftigen Schuldenübernahme erinnert werden. – Hier erwarten wir, dass Sie, Herr Ministerpräsident, Ihr ganzes politisches Gewicht für unser Rheinland-Pfalz einsetzen. Und in Bezug auf das angedachte Förderprogramm von 200 Millionen Euro bitte ich Sie darauf zu achten, dass auch Kommunen, die einen möglicherweise erforderlichen Eigenanteil nicht stemmen können, nicht schon wieder hinten runterfallen. Neben den bisher Genannten wäre die Stadt Kaiserslautern hier spontan als ein Beispiel zu nennen.

Angesichts der immer noch recht respektablen Haushaltsrücklage, aber auch angesichts der unsicheren Steuerprognosen – insbesondere der Wirtschaft – bleibt mir doch noch immer der Blick in ihren Koalitionsvertrag. Dieser wird sicherlich auch in der Ära Schweitzer weiterverfolgt.

Der Koalitionsvertrag beginnt bedeutungsschwer mit dem Hinweis: „Wir befinden uns in einem Veränderungsjahrzehnt.“ Nun, seit ich mich erinnern kann, befinden wir uns immer in einem Veränderungsjahrzehnt. Sie haben diese Worte Ihrer Vorgängerin geerbt.

Und in diesem Koalitionsvertrag steht: „Vereinbarte Vorhaben stehen unter einem Finanzierungsvorbehalt.“ Das heißt, die Ziele, die 2021 für die nächsten fünf Jahre formuliert wurden, sind keine verbindlichen Ziele.

Wenn man dann aber noch einmal die Suchfunktion einschaltet und nach 2025 und 2026 sucht, dann stellt man gar nicht so viele konkrete Ziele fest: Die Lernmittelfreiheit für Schüler, ein Endgerät kostenlos ausleihen zu können, die Photovoltaikpflicht für 50 Stellplätze, und 2024 sollten es gar 10.000 Polizeibeamtinnen und -beamten geben…

Ihre vorausberechnete Erhöhung auf 10.500 habe ich gerade sehr positiv wahrgenommen. Ja, nach Köpfen, nicht nach Vollzeitäquivalenten. Wir wissen beide, dass es bei Beamten keine halben Stellen gibt, die eine weitere Stelle begründen könnte. Eine Reduzierung der Arbeitszeit wirkt sich nur auf den eigenen Pensionsanspruch aus, nicht auf weitere Dienstposten und Haushaltskarten. Hier gibt es keine verbeamtete Schwangerschaftsvertretung auf Zeit. Und, Herr Ministerpräsident, die FREIEN WÄHLER werden nicht müde, die berechtigten Forderungen unserer Polizei nach gleichwertiger Entlohnung, nach angemessener Ausstattung und nach der erforderlichen Personalstärke von 11.000 Vollzeitäquivalenten zu fordern. Wir unterscheiden in unseren Berechnungen im Übrigen auch zwischen Innen- und Außendienst. Sicherheit und Ordnung hat nun mal ihren Preis – und auch die neue Welt der Kriminalitätsbekämpfung, die in diesem Sommer eingeläutet wurde, bedarf der Aufstockung gerade auch in den ländlichen Räumen.

Dazu passt auch das Festhalten an unserer Forderung einer Feuerwehrrente für ehrenamtlich tätige Feuerwehrleute. Vorletzten Sonntag in Bitburg beim Ehrenamtstag haben Sie sich ja selbst von der Leistungsfähigkeit der ehrenamtlichen Blaulichtfamilie ein Bild machen können. Zwischenbescheide aus dem Ministerium des Inneren über bereits genehmigte Zuschüsse und Anschaffungen von rund 13 Millionen Euro täuschen nicht darüber hinweg, dass ein Großteil der Feuerschutzsteuer in unserem Land am Ehrenamt und an der Ausrüstung vorbeigeht, sondern in den Betrieb der Landesfeuerwehrakademie fließt.

Nutzen Sie auch hier die Chance, diese Verteilung aufzubrechen und eine zielgerichtete Verteilung vorzunehmen. Das Ehrenamt wird es Ihnen und uns allen danken.

Und wo wir gerade beim Koalitionsvertrag waren: Auf Seite 160 heißt es: „Um die Feuerwehren zielgerichtet und nachhaltig stärken zu können, werden wir eine umfangreiche Studie zum Ehrenamt Feuerwehr in Rheinland-Pfalz durchführen.“

Letzte Auskunft war: „Stand der Ehrenamtsstudie ist, dass sich die Studie durch das Ministerium in Vorbereitung befinde.“ Ob ich das Ergebnis noch in dieser Legislaturperiode lesen werde?

Abseits des Ehrenamts haben Sie, Herr Ministerpräsident aber noch viele weitere Baustellen geerbt: Wie geht es bei der Grundsteuerreform weiter? Damit verbunden bleibt natürlich auch die zukünftige Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt? Bundesweit hinken wir deutlich hinter den Zielen hinterher – landesweit sieht es da nicht besser aus. Jährlich fallen mehr Wohnungen aus der Sozialbindung heraus, als neue hinzukommen. Funktionieren die Förderprogramme nicht, sind die Vorgaben der Landesbauordnung zu komplex und inhärent? Den deutlichen Bevölkerungszuwachs laut Zensus gegenüber den Prognosen steht eine immer mehr zurückgehende Anzahl an genehmigten Neubauten gegenüber.

Auch hier haben Sie, Herr Schweitzer die Chance, die Voraussetzungen für gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land zu schaffen.

Zusammen mit einer Wohnraumoffensive geht natürlich ein klimagerechteres Bauen einher. Die FREIEN WÄHLER begrüßen den Ausbau der regenerativen Energien. Aber dies nicht mit Verboten oder Vorschriften, sondern durch Anreize!

Wenn ich regenerative Energien ausbauen will, dann muss ich für Speichermedien sorgen. Wenn ich nicht parallel zum Ausbau die Speichermöglichkeit hochfahre, wird der Ausbau keine Lösung sein. Von den Netzen ganz zu schweigen.

Solange Hunderttausende von Dächern in Rheinland-Pfalz noch keine Solarzellen haben, braucht es im Pfälzerwald kein einziges Windrad! Stellen Sie sich vor, es gibt überall, in jedem Dorf, in jeder Gemeinde, in jeder Stadt Speicheranlagen, die mit den Batterien in den Häusern vernetzt sind. Ich erzeuge, speichere und stelle den Strom nicht nur mir, sondern auch meinen Nachbarn für die Waschmaschine oder der Gemeinde für die Straßenbeleuchtung zur Verfügung. Durch diese Vernetzung der Speicher entstehen Schwarmbatterien, und aus unseren Dörfern werden virtuelle Kraftwerke, gesteuert durch künstliche Intelligenz. Und diese Netzwerkstrukturen sind nachhaltig. Dazu bedarf es aber konkreter Zielvorgaben, nicht erst für 2030, 2035 oder 2040.

Deshalb erneuere ich die Forderung der FREIEN WÄHLER nach einer Klimaschutzkommission, die nicht nur aus Vertretern der Regierung, sondern auch aus Vertretern der Zivilgesellschaft, Scientists for Future, Fridays for Future, der Wissenschaft und den jungen Menschen, die auf die Straße gegangen sind und das zum Thema gemacht haben, besteht. Die jährlichen Erfolge auf dem Weg zur Klimaneutralität müssen in Zahlen bestätigt und mit Brief und Siegel für die gesamte Gesellschaft festgestellt werden. Gleichzeitig nehmen Sie damit auch den sogenannten Klimaleugnern den Wind aus den Segeln. Solche sollen auch schon in diesem Hause entsprechendes geäußert haben.

Das ist Klimaschutz – und das ist ideologiefrei!

Wichtig ist, wir müssen das Ganze vom Kleinen ins Große denken. Dann gelingt der Klimaschutz, und dann gelingt die Nachhaltigkeit. Geothermie, Wasserkraft, Wasserstoff, Power-to-Gas, und Sie haben mich auch bei Power-to-Fuel und den künftigen E-Fuel´s an ihrer Seite. Wenn man sich das anschaut, hätten wir auch hier einen riesigen Wurf für die Mobilität.

Apropos Mobilität.

Herr Schweitzer, Sie haben auch hier die Chance einen Fehler bzw. eine Baustelle ihrer Vorgängerin zu beseitigen. Die Trennung von Straße und Mobilität auf zwei Ministerien hat sich in der Praxis nicht bewährt. Fragen Sie nach bei den zuständigen Verkehrsverbünden.

Damit bin ich direkt beim ÖPNV. Der Landesverkehrsplan lässt weiter auf sich warten. Wenn es ein Bürokratieungetüm der letzten fünf Jahre gibt, so ist es das damit verbundene neue Nahverkehrsgesetz. Die fehlende Bestimmung, was eigentlich Pflichtaufgabe ist, um dem Konnexitätsprinzip nicht nachkommen zu müssen, ist bezeichnend. Es sollte alles einfacher werden, aber Tarifauseinandersetzungen, die Unsicherheit beim Deutschland-Ticket, und vieles mehr lassen die gut gemeinten Verkehrsverbünde allein im Regen bzw. auf der Straße stehen. Immer mehr Linien werden gestrichen. Dazu kommt mangelnde Akzeptanz auf dem flachen Land – dort funktioniert nun mal nicht der Stundentakt oder das Ruf-Taxi, wenn teilweise nur zehn Personen täglich einsteigen.

Und da sind wir bei der nächsten Baustelle: die Gesundheitsvorsorge.

Abseits der Gedanken, die im Hirn unseres Bundesgesundheitsministers herumschwirren, stellt sich mir die Frage: Was soll ich davon halten, wenn im Koalitionsvertrag von 2016 steht: „wohnortnah“ und dieses bedeutende Adjektiv im aktuellen Koalitionsvertrag gestrichen ist. Da wirkt die Aussage „Gute Versorgung für alle“ doch eher sarkastisch. Auch der Hinweis auf die Krankenhäuser – Seite 114 – ist zu nennen. Während im alten Koalitionsvertrag noch Investitionen für alle Krankenhäuser stand, heißt es heute vorrangig unverzichtbare Standorte. Die Menschen in diesen Räumen interessiert, welches die vorrangigen und welches die von Ihnen als Regierung abgeschriebenen Krankenhäuser sind.

Für uns Freie Wähler sind alle wohnortnahen Krankenhäuser relevant.

Wenn aber bereits Zahlen kolportiert werden, wonach rund 30 Krankenhäuser in Rheinland-Pfalz verzichtbar seien, dann bekommt das Wort „wohnortnah“ und „vorrangig“ für die Menschen im ländlichen Raum eine ganz andere Bedeutung.

Um beim ländlichen Raum zu bleiben gibt es noch eine Herzensangelegenheit, die uns Rheinland-Pfälzer alle einen dürfte: unsere Landwirtschaft und natürlich auch den Weinbau. Aus unserem Land kommen die besten Kartoffeln und die besten Weine. Hier haben Sie die Chance, unseren Landwirten und Winzern wirklich eine verlässliche Größe zu sein. Sorgen Sie dafür, dass wir uns als Land Rheinland-Pfalz bei Fragen wie der Nutzungsverlängerung von Glyphosat künftig nicht enthalten müssen, um den Koalitionsfrieden zu wahren.

Sorgen Sie dafür, dass unsere heimische Landwirtschaft nicht Ideologien zum Opfer fällt. Denn es sind unsere selbständigen, Unternehmerinnen und Unternehmer aller Wirtschaftszweige, die unseren Wohlstand in Rheinland-Pfalz garantieren.

Rheinland-Pfalz galt lange Zeit als „das Land der Rüben und Reben“, oftmals wurde diese Bezeichnung spöttisch genutzt. Wir FREIE WÄHLER sind der Meinung, dass wir sehr selbstbewusst als Rheinland-Pfälzer mit dieser Kommentierung umgehen können. Starke Bauern im Land, sorgen für regionale Lebensmittel und dies ist gut für uns alle. Doch wir müssen auch die Zeichen der Zeit erkennen: Die Versorgung mit gesunden und regional produzierten Lebensmitteln wird immer schwieriger. Weltweite Krisen und der Ukraine-Krieg haben Einfluss auf die Lebensmittelproduktion. Die Umstellung unserer Energie sorgt nebenbei auch für Engpässe und somit zu einer enormen Preissteigerung bei Düngemitteln. Zudem wirkt der Fachkräftemangel bis in unsere Heimatregionen und führt zu Schließungen von einer Vielzahl an Unternehmen. Das Ende des Schlachthofs in Zweibrücken, der aufgrund von Fachkräftemangel schließen musste. Das Bäcker- und Metzgerhandwerk vermeldet eine Zunahme an offenen Lehrstellen und aufgrund des Mangels an Meistern, schließen viele Traditions-Bäcker und Meister-Metzgereien ihre Pforten – für immer und unwiederbringlich.

Oftmals sind von solchen Schließungen die kleinen Gemeinden und kleinsten Dörfer auf dem Land betroffen. Der Bäcker oder Metzger um die Ecke ist nicht nur Nahversorger, sondern auch einziger Treffpunkt für viele ältere Menschen. Wir sollten in einem Landwirtschafts-Pakt für Rheinland-Pfalz die Kräfte bündeln, konzertiert den Landwirten und dem Handwerk im Land Perspektiven aufzeigen und Chancen ermöglichen, damit es auch in Zukunft heißt:

Starke Bauern – starkes Land: regionale Lebensmittel: gut für Land und Leute.

Dafür nehme ich Sie erneut gerne beim Wort: gleichwertige Lebensbedingungen in Stadt und Land.

Eine vorletzte Baustelle für heute darf ich Ihnen nicht vorenthalten: Was da im letzten Jahr als Regierungsentwurf zum Landesjagdgesetz veröffentlicht wurde, war ein Offenbarungseid. Waldschutz über allem, die Jagd fällt hinten runter. Dass es sowohl den verantwortlichen Sachbearbeiter im Umweltministerium in ein anderes Büro verschlagen hat und der jetzt zu diskutierende Vorschlag ein völlig anderes Gesicht hat, ist gut. Gut für die Jägerschaft, gut für die Landwirte, gut für Kreisjagdmeister und gut für die Jagdbehörden, die von zunehmender Bürokratie entlastet werden sollen. Nutzen Sie auch hier ihre Richtlinienkompetenz als Ministerpräsident und verhindern Sie bis 2026 ein weiteres Jagddebakel.

Und wenn der Landesregierung schon so viel am Wald liegt, dann achten Sie im Bundesrat auch darauf, dass das neue Bundeswaldgesetz in einem so waldreichen Land wie Rheinland-Pfalz nicht den nächsten Flurschaden produziert.

Abschließend gestatten Sie mir noch einen Blick auf den bald zu diskutierenden Doppelhaushalt: Nachdem der Ministerrat den Entwurf für den Doppelhaushalt 2025/2026 beschlossen hat, gewinnt das politische Zahlenwerk für die nächsten beiden Jahre an Kontur. Aber gleichzeitig mischt sich Skepsis in diesen noch von der Regierung Dreyer und ihrer Finanzchefin Ahnen geprägten Haushalt.

Unsere chronisch klammen Kommunen, auch meine Ortsgemeinde, haben von der Landesregierung einen Befreiungsschlag erwartet, aber dazu wird es offenbar nicht kommen. Die signifikante Erhöhung des Kommunalen Finanzausgleichs gegenüber dem Jahr 2024 verliert an Bedeutung, wenn man bedenkt, dass die Schlüsselzuweisungen 2023 ebenfalls über denen des Folgejahres lagen. Somit ist das Schönfärberei – und die Verantwortlichen vor Ort wissen das.

Und auch bei den ‚Rekordsummen‘ im investiven Bereich wird uns ein X für ein U vorgemacht. Denn Tatsache ist und die Berichte des Rechnungshofs belegen es, dass Rheinland-Pfalz im Vergleich der Flächenländer bei der Investitionsquote abgeschlagen ist. Kommt man vom nichts, lassen sich schnell Rekorde erzielen. Und öffnet man im Vorwahljahr die prall gefüllte Sparschatulle, lassen sich möglicherweise einige Wähler davon blenden.

Wir FREIEN WÄHLER werden jedenfalls diesen Doppelhaushalt kritisch begleiten und ihr politisches Handeln mit monetären Morgengaben unsere besondere Aufmerksamkeit schenken.

Schutz und Chance – wir begleiten Sie, Herr Ministerpräsident, gerne dabei.

Es gilt das gesprochene Wort!

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