Nach letzter Sitzung des Untersuchungsausschusses „Flutkatastrophe“ zieht FREIE WÄHLER-Obmann erstes Fazit
MAINZ. Am heutigen Donnerstag (11. Juli 2024) kamen die Obleute des Untersuchungsausschusses 18/1 „Flutkatastrophe“ letztmalig in ihrer 47. Sitzung zusammen, um über den zu veröffentlichenden Abschlussbericht und die abweichenden Bewertungen zu entscheiden. Nach der nun erfolgten Beschlussfassung zum Abschlussbericht, wird dieser im Sommer veröffentlicht und der Untersuchungsausschuss 18/1 „Flutkatastrophe“ mit der Besprechung des Abschlussberichts im September-Plenum seinen Abschluss finden.
Nach intensiver Befassung mit den Ergebnissen der Beweisaufnahme aus dem Untersuchungsausschuss und dem Abfassen seines Sondervotums macht Abgeordneter Stephan Wefelscheid, Obmann der FREIE WÄHLER-Landtagsfraktion im Untersuchungsausschuss, erneut deutlich, dass Staatssekretär Erwin Manz und ADD-Präsident Thomas Linnertz ihre persönliche Verantwortung übernehmen und zurücktreten müssen.
„In der Gesamtschau muss festgestellt werden, dass es in den Tagen vor, während und nach der Flutkatastrophe zu einem Versagen von staatlichen Strukturen im weiteren Sinne gekommen ist. Menschliches Versagen hat für unterbliebene Warnungen und nicht erfolgte Evakuierungen eine wesentliche Rolle gespielt. Hervorzuheben ist dabei insbesondere die Rolle und die Verantwortung von Ministerin Anne Spiegel und ihres Staatssekretärs Erwin Manz, von ADD-Präsident Thomas Linnertz sowie von Landrat Jürgen Pföhler. Sowohl Anne Spiegel als auch Landrat Jürgen Pföhler sind nicht mehr im Amt. ADD-Präsident Thomas Linnertz und Staatssekretär Erwin Manz haben jedoch nicht die Verantwortung für ihre Fehler, Versäumnisse und Pflichtverletzungen übernommen. Diese beiden sind weiter im Amt und mussten sich bisher nicht für ihr Verhalten verantworten. Neben dem Landrat Jürgen Pföhler und Ministerin Anne Spiegel sind sie jedoch erkennbar diejenigen, die wesentlich mehr hätten tun können und müssen, damit rechtzeitige und umfassende Warnungen die Menschen vor und während der Flut auch erreichen“, zeigt sich Wefelscheid entrüstet.
So habe Staatssekretär Erwin Manz nach eigener Aussage in der Flutnacht noch ein Bier getrunken, die Tagesthemen geschaut und sei zeitig ins Bett gegangen. „Wenn sich ein Staatssekretär in Kenntnis einer solchen katastrophalen Lage für Rheinland-Pfalz so verhält, anstatt alle Hebel in Bewegung zu setzen, um Menschenleben zu retten, dann ist das in meinen Augen ein Versagen auf ganzer Linie. Und wenn der Präsident der ADD, Thomas Linnertz, als oberster Katastrophenschützer des Landes nicht erkennt, dass er gemäß Brand- und Katastrophenschutzgesetz(LBKG) die Einsatzleitung innehat und schnellstmöglich dem Landkreis leitend bei der Bewältigung der Katastrophe beistehen muss, ist das für mich ein Zeugnis für mangelnde Eignung. Diese Erkenntnisse lassen sich in meinem Sondervotum detailliert und klar belegt nachzeichnen,“ so Wefelscheid.
Wefelscheid zeigt sich zudem enttäuscht über die Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft Koblenz (StA): „Die Zusammenarbeit mit der Ermittlungsbehörde der Staatsanwaltschaft Koblenz bei der Aufarbeitung der Flutkatastrophe habe ich mir anders vorgestellt. Seitens des Untersuchungsausschusses haben wir die StA immer und umfassend mit Erkenntnissen versorgt und uns an alle Absprachen gehalten. Umgekehrt war dies leider meines Erachtens nicht immer der Fall. Dies zeigt sich für mich unter anderem am Informationsaustausch bezüglich des Gißler-Gutachtens zu den Führungsleistungen in der Technischen Einsatzleitung –TEL- und von der später eingeholten ergänzenden Stellungnahme des Gutachters. Hiervon aus der Presse oder über Umwege zu erfahren, halte ich im Interesse der Aufklärung für nicht der Sache dienlich. Nachdem sich diese Art der Informationsweitergabe nach Bekanntwerden des Gißler-Gutachtens wiederholte, hatte ich mich bezüglich der plötzlich aufgetauchten, von der StA beauftragten, ergänzenden Stellungnahme von Prof. Gißler an die Landesregierung gewandt. Dem Hinweis der Staatsanwaltschaft Koblenz dem Aktenbeiziehungsbeschluss und den ,Anforderungen des Untersuchungsausschusses um Vorlage von Unterlagen im Sinne einer konstruktiven, vollständigen und transparenten Kooperation umgehend erfüllt‘ zu haben, kann ich nicht folgen. Auf meine Kleine Anfrage (Drucksache 18/9682) nun als Antwort zu bekommen, dass der Untersuchungsausschuss betreffend die ergänzende Stellungnahme von Prof. Gißler kein Übermittlungsersuchen an die Staatsanwaltschaft Koblenz gerichtet habe, finde ich angesichts der Abläufe im Informationsaustausch schon befremdlich. Wie soll der Untersuchungsausschuss ein Dokument anfordern, von dem er keine Kenntnis hat, dass dieses existiert? Darauf zu verweisen, dass die Stellungnahme Erwähnung findet in dem fast 500-seitigen Abschlussbericht der Staatsanwaltschaft, der dem Untersuchungsausschuss wenige Stunden vor der Pressekonferenz am 18. April 2024 zur Verfügung gestellt wurde, ist hier keinesfalls ausreichend. Anhand der Abreden zwischen Untersuchungsausschuss und Ermittlungsbehörde hätte ich hier eine unaufgeforderte Übermittlung der ergänzenden Stellungnahme Anfang April 2024 erwartet. Die Antwort auf meine Kleine Anfrage (Drucksache 18/9811) zeigt es, hierfür wären mit mehr als 14 Tagen ausreichend Zeit gewesen.“
An den Abschluss seines Sondervotums setzte Stephan Wefelscheid Empfehlungen für den rheinland-pfälzischen Katastrophenschutz. „Damit möchte ich keinesfalls in die Arbeit der Enquete-Kommission eingreifen, sondern es ist einfach so, dass in den vielen Sitzungen des Ausschusses neuralgische Punkte und zentrale Defizite aufgefallen sind, auf die ich an dieser Stelle hinweisen möchte. Am Ende soll ein Ergebnis stehen, das der Landesregierung hilft, den Katastrophenschutz besser aufzustellen. Meine Empfehlungen können dabei hilfreich sein“, erläutert der Obmann der FREIEN WÄHLER.
Die Empfehlungen finden Sie separat angehängt: