62. Plenarsitzung – Joachim Streit zum „Landeswindenergiegebietegesetz (LWindGG)“

Gesetzentwurf der Landesregierung

Video: Landtag RLP

Als ehemaliger Landrat eines Flächenkreises mit mehr als 254 Windkraftanlagen und weiteren 40 in der Projektierung kann ich nachweislich aus eigener Erfahrung berichten, dass die zielgerichtete Flächenausweisung ein unverzichtbarer Baustein für einen Energieerzeugungswandel ist. Aber wir müssen gleichzeitig – und ich betone es nochmals: GLEICHZEITIG –alle Bestrebungen in die oberste Priorität setzen, die auf einen Ausbau der Speicherung der durch den Wind onshore bei uns erzeugten Strom abzielt. Unsere Forderung nach mehr Landesmitteln für die Erforschung neuer Speichertechnologien und Investitionen in flankierende Pilotprojekte zur Schaffung kurzfristiger Speicherkapazitäten wurden hier im Landtag mit den Stimmen der Ampelkoalition abgelehnt (zuletzt im Dezember 2022).

Auch wenn die FREIEN WÄHLER dem vorliegenden Gesetzesentwurf grundsätzlich positiv gegenüberstehen, heißt das noch nicht, das damit die Energieprobleme der Zukunft auf einem guten Lösungsweg sind. Schnellere und einfachere Genehmigungen, die Priorisierung der Windenergie im gutachterlichen Abwägungsprozess, die Einbindung der unteren Naturschutzbehörde direkt am Anfang des Verfahrens, wie es Landrat Boch gefordert hat, sind dabei nur einige Erkenntnisse der Expertenanhörung im Innenausschuss. Bei den Abstandsflächen ist die Angabe der Nabenhöhe als Bezugspunkt der Höhe der Windkraftanlagen zu nehmen, was in den meisten Fällen vor Ort als unproblematisch gesehen wird.

Einig sind sich die FREIEN WÄHLER mit den vortragenden Experten, Roland Wernig, Chefplaner der Planungsgemeinschaft der Region Trier, und Lennart Siefert, Oberbürgermeister der Stadt Lahnstein: die Planungsgemeinschaften als Ansprechpartner sind besser geeignet als die einzelnen Kommunen, wenn gleich die Einbindung der Gemeinden vor Ort als wichtig erachtet werden muss. Dieser Systemwechsel in Rheinland-Pfalz von der Verbandsgemeinde-Ebene auf die Planungsgemeinschaften korrigiert einen Fehler, den das Land nunmehr erkannt hat. Auch die Vorgabe des öffentlichen Interesses der erneuerbaren Energien mit Vorrang vor anderen Schutzgütern wird geregelt und nunmehr umgesetzt.

Die Frage des Für und Wider einer Überhangsregelung sei juristisch zu bewerten – hier bietet das Gesetz auf jeden Fall noch Nachbesserungsbedarf. Eine Überhangsregelung darf aber nicht dazu führen, dass manche Planungsgemeinschaften mit weniger Flächen planten als sie eigentlich könnten, wenn es möglich sei zu tauschen. Dann ist ein Austausch kontraproduktiv.

Insoweit können die FREIEN WÄHLER auch dem von der CDU-Fraktion eingebrachten Änderungsantrag zustimmen, der ambitioniertere Ziele bei der Flächenausweisung fordert.

Der einhelligen Meinung fast aller Experten steht gegen die Meinung der Landesregierung in Sachen Stufigkeit entgegen: mit dem Argument des rechtssicheren Weges und der Umsetzung in acht Bundesländern möchte die Landesregierung mit der Zweistufigkeit 2027 und dann in 2030 vor allem Ruhe im Land. 2026 sind Landtagswahlen und eine allzu abrupte Flächenfestlegung bis 2027 birgt sicher die Gefahr, dass sich viele Adressaten überstrapaziert fühlen. Dennoch haben die Experten mehrheitlich für eine Einstufigkeit plädiert. Einerseits benötigen die Genehmigungsverfahren für angedachte Projekte, die erst im zweiten Zwischenziel eine Flächeneinstufung erfahren, viel zu lange. Mit der Formulierung von Vorranggebieten kann dann immer noch je nach Region eine Prioritätenliste erstellt werden.

Als gute Beispiele wurden die Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Sachsen von den Experten genannt. Auch in diesem Punkt können die FREIEN WÄHLER dem eingebrachten Änderungsantrag zustimmen, der ein Vorziehen des Zielkorridors insgesamt auf 2027 fordert.

Die Rolle der Planungsgemeinschaften gilt es abschließend weiter zu stärken – natürlich auch mit der Förderung der personellen Ressourcen durch das Land. Wer sollte sonst die Bundesvorgaben der Flächenausweisung fristgerecht erledigen können?

Nicht vergessen möchte ich den Hinweis der Experten, neben der Flächenausweisung für Windrädern auch an der erforderlichen Infrastruktur zu arbeiten: Stromtrassen und Trafos gehören zur Energiewende genauso dazu, sonst kann die erzeugte Stromenergie nicht transportiert werden.

Abschließend betone ich aber nochmals unsere Forderung nach einer schnellen und umfassenden Förderung der Erforschung alternativer Speichertechnologien – sonst verpufft unsere ganze Windenergie bzw. und die Windräder werden zentral abgestellt. Dann waren unsere ganzen Bemühungen, das Windenergiegebietegesetz schnell umzusetzen, den aufgewirbelten Wind nicht wert.

Es gilt das gesprochene Wort.

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