58. Plenarsitzung – Joachim Streit zu “Bescheide zur neuen Grundsteuer wegen verfassungsrechtlichen Zweifeln am Bundesmodell vorläufig stellen”

Entschließungsantrag der AfD-Fraktion

Video: Landtag RLP

Ich kann mich noch gut an den November 2021 erinnern, als wir an dieser Stelle über einen Gesetzesentwurf der CDU beraten haben. Man wollte von der Öffnungsklausel Gebrauch machen und von dem eingeschlagenen Weg der Landesregierung, das Scholz-Modell in Rheinland-Pfalz zu implementieren, abkehren. Der Zeitpunkt war natürlich völlig falsch gewählt, da sich die Verwaltung längst in der Umsetzung des Bundesmodells befand und ein „Zurück auf Los“ alles bis dahin Geleistete zunichtegemacht hätte.

Aber in der ersten Beratung dieses Gesetzesentwurfes wagte Staatssekretär Weinberg eine Aussage, die zumindest aus jetziger Perspektive zweifelhaft erscheint. Mit Erlaubnis zitiere ich aus dem Protokoll der Plenarsitzung vom 9.11.2021: „Die Bundesregierung hat sich für das entschieden, was vor allem eines gewährleistet, nämlich Einfachheit und Gerechtigkeit unter einen Hut zu bringen. Das ist ganz besonders entscheidend.“

Einfach ist das Scholz-Modell nicht.

Gerecht? Das werden uns die Gerichte sagen.

Denn in Anbetracht der Leistungsbilanz der Ampel in den vergangenen zwei Jahren würde heute selbst der treueste Verfechter der Ampelpolitik zu der Einsicht gelangen: Wenn ein politisches Projekt den Namen des Bundeskanzlers trägt, hat das noch nichts mit Qualität zu tun.

In der weiteren Umsetzung der Grundsteuerreform haben auch wir FREIE WÄHLER Kritik an der Landesregierung geübt. Sie hat nämlich Maßstäbe an die Bürger gesetzt, denen sie selbst nicht gerecht werden konnte. Während die Rheinland-Pfälzer ihre Grundsteuererklärungen bis zum 31. Januar 2023 abgeben mussten – und dies auch überwiegend fristgerecht taten –, hatte das Land zum Stichtag für lediglich 40 Prozent der eigenen wirtschaftlichen Einheiten eine entsprechende Erklärung eingereicht. Außerdem hat man es versäumt, den Menschen im Zusammenhang mit der Aufkommensneutralität der Grundsteuer reinen Wein einzuschenken.

Und genau hier schließt sich der Kreis zu den Kommunalfinanzen.

Wir haben bereits mehrfach angemahnt, dass es sich bei Erzählung von der aufkommensneutralen Grundsteuerreform um ein Märchen der Landesregierung handelt. Die Festlegung auf das Bundesmodell fand im Jahr 2019 statt, doch das Referenzjahr für die Bewertung der Immobilien ist 2024. Aber bereits seit vergangenem Jahr gelten die erhöhten Nivellierungssätze. Ein Umstand, der etliche Kommunen dazu gezwungen hat, die Grundsteuer zu erhöhen. Deswegen hätte es damals richtig heißen müssen: Die Aufkommensneutralität ist lediglich gegenüber dem Jahr 2024 gewahrt – vorher heißt es aber: bitte kräftig draufzahlen.

Mit dem Urteil des Finanzgerichts muss sich die Landesregierung jedoch zusätzlich die Frage gefallen lassen, ob sie die Verfassungsmäßigkeit der Grundsteuerreform einer hinreichenden Prüfung unterzogen hat. Das wäre dringend geboten gewesen.

Denn im Licht der Geschehnisse rund um den Bundeshaushalt steht jetzt der Verdacht im Raum, dass es sich bei der Grundsteuerreform erneut um ein handwerklich schlecht gemachtes Gesetz handelt. Die Forderung der AfD, die Bescheide vorläufig zu erlassen, ist jedoch angesichts einer bevorstehenden Stellungnahme des Bundesfinanzhofs nicht nachvollziehbar.

Zumal der Entscheidung des rheinland-pfälzischen Finanzgerichts die des sächsischen Finanzgerichts gegenübersteht. Jetzt gilt es also, das Votum aus München abzuwarten, dem womöglich ein finales aus Karlsruhe folgen wird. Eigentlich sollte man als Oppositionspolitiker an dieser Stelle festhalten: Scheitert das Scholz-Modell, scheitert die Ampel ein weiteres Mal.

Es gilt das gesprochene Wort.

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