Bericht des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität
„Zu fällen einen schönen Baum braucht’s eine halbe Stunde kaum. Zu wachsen, bis man ihn bewundert, braucht er, bedenkt es, ein Jahrhundert“: Eugen Roth. Mit seiner nachdenklich stimmenden, oft mit Humor gewürzten Dichtkunst hat der Münchner Lyriker Bleibendes geschaffen. Und scheinbar ganz nebenbei spricht er Dinge an, die in unserem eigenen Interesse bewahrt werden müssen. Dazu gehören die heimischen Wälder, für die unser Land weltweit berühmt geworden ist. Genau diese Wälder sind es, die dazu beitragen, unser Überleben zu sichern und uns immer wieder neue Kraft geben.
Doch wie danken wir das unseren Wäldern? Auf jeden Fall nicht so, wie sie es verdient hätten. Ganz im Gegenteil: Wir sind viel zu gedankenlos und nachlässig. Es ist also gut, dass die Landesforsten mittlerweile seit 1984 mit ihrem Waldzustandsbericht regelmäßig Salz in die Wunden streuen.
Ich denke, dass wir uns alle darin einig sind, das bestmögliche zu tun, um unsere Wälder zu erhalten. Und das nicht nur aus ökologischen Gründen. Die Forstwirtschaft ist nach der Landwirtschaft die zweitbedeutendste Landnutzungsform in Deutschland. Laut eines Hinweises der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald gibt es bundesweit rund 185.000 Betriebe im Holz- und Forstsektor mit etwa 700.000 Beschäftigten. Das erreicht fast die Dimensionen der deutschen Automobilindustrie.
Auch dies bedeutet: höchste Anstrengung für den Erhalt unserer Wälder! Diejenigen, die sich im Dienst der Länder darum kümmern und denen dafür höchster Dank gebührt, müssen einen Spagat meistern. Einerseits gilt es, neue Baumarten zu kultivieren, die mit den klimatischen Veränderungen besser zurechtkommen, andererseits muss es auch in Mittelgebirgslagen weiterhin schnell nachwachsende Nadelbäume geben, denen es in den vergangenen Jahren besonders schlecht ging. Das dürfte sich auch in den kommenden Monaten nicht ändern, auch wenn das recht regenreiche Jahr 2023 Hoffnung gibt, dass sich die Grundwasserspiegel weiter erholen. Ich bin schon jetzt gespannt auf den Waldzustandsbericht 2024 und hoffe mit Blick auf die aktuelle Winterniederschlagsentwicklung, dass es bei einer leichten Erholung bleibt.
Auf kurzfristige Verbesserungen im Bestand ist aber nicht zu hoffen. Der Bericht weist darauf hin, dass der Anteil der deutlich geschädigten Waldbäume im Vergleich zum Vorjahr noch einmal um 4 Prozent gestiegen ist. Ein Lichtblick ist wohl die Resistenz mancher Eichenbestände, einer der wichtigsten Bäume unseres „Landes der Eichen“. Doch hier werden noch viel Forschungsarbeit und großflächige Versuche benötigt, bis endgültige Aussagen vorliegen.
Überrascht hat mich die Meldung der Autoren des Berichts, dass sich bei der Belastung mit Luftschadstoffen keine signifikanten Verbesserungen ergeben haben. Die Folgen: Geschwächte Bäume, die obendrein noch besonders anfällig für Schädlinge wie Borkenkäfer sind. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie haben es ja selbst im Bericht gelesen: 53 Prozent der für den Waldzustandsbericht untersuchten Bäume wiesen Fraßschäden aus.
Diese Entwicklungen mahnen uns alle zu extremer Vorsicht. Doch oft ist genau das Gegenteil der Fall. Insbesondere bedrohen auch bauliche Veränderungen den Bestand. Ein Wald, der im Zuge von Baumaßnahmen verschwindet, kann durch Ausgleichsflächen nicht so leicht ersetzt werden. Ich erinnere an die Feststellung von Eugen Roth. Das bedeutet: Auch bei Planung und Bau von Solar- und Windkraftanlagen müssen wir im Zweifelsfall Vorsicht walten lassen. Dies gilt ganz besonders für Kalamitätsflächen in Kammlagen, auch im Hinblick auf frühzeitige Niederschlagsspeicherung, um Hochwasserereignisse zu verhindern. Diese Flächen müssen unbedingt aufgeforstet und dürfen nicht für andere Zwecke entfremdet werden.
Abschließend noch ein weiterer Punkt: Trotz der vielen begrüßenswerten sportlichen und waldpädagogischen Angebote für Groß und Klein ist bei deren weiterem Ausbau Vorsicht geboten. Die Schonung des Bestands muss oberste Priorität haben.
Fazit: Wir müssen noch mehr für unsere Wälder „trommeln“. Wir brauchen einen wirklichen Bewusstseinswandel. Damit unsere Wälder leben und gedeihen können.
Es gilt das gesprochene Wort.