58. Plenarsitzung – Stephan Wefelscheid zu „Ermächtigung für Festsetzung der Anwohnerparkgebühren den Räten übertragen“

Antrag der FREIE WÄHLER-Fraktion

Video: Landtag RLP

Die Landesregierung von Rheinland-Pfalz hat im März 2023 die Landesverordnung zur Übertragung der Ermächtigung zum Erlass von Gebührenordnungen für die Festsetzung der Parkgebühren beschlossen. Nach dieser Verordnung können Kommunen selbstbestimmt die Höhe der Anwohnerparkgebühren festlegen.

Das gilt gemäß Straßenverkehrsgesetz (StVG) für städtische Quartiere, in denen ein erheblicher Parkraummangel besteht, dabei können auch verschiedene Kriterien wie die Bedeutung der Parkmöglichkeit oder deren wirtschaftlicher Wert berücksichtigt werden. Der bisherige Deckel von 30 Euro pro Jahr und Parkplatz wurde damit aufgehoben.

In vielen Städten von Rheinland-Pfalz ist nun eine deutliche Erhöhung der Anwohnerparkgebühren zu beobachten. Denn die Verordnung ermächtigt die jeweilig zuständigen Kommunalverwaltungen zur Festsetzung der Gebührenordnung. Der Rat als demokratisch gewählte Vertretung der betroffenen Bürgerinnen und Bürger soll lediglich gehört werden.

Das hat gravierende Auswirkungen für die Menschen: So sollen z.B. in meiner Heimatstadt Koblenz, wie in vielen anderen Kommunen, die Anwohner jetzt zur Kasse gebeten werden. Die jährlichen Gebühren für Anwohnerparkausweise sollen von bisher 30,70 Euro auf einen Sockelbetrag von 100 Euro erhöht werden.

Und darüber hinaus soll mit einer Formel abhängig von der Größe des Fahrzeuges, die da lautet: „Länge des Fahrzeugs mal Breite des Fahrzeugs mal 42 Cents mal 52 Wochen“, die jährliche Gebühr berechnet werden. Im Resultat: Für ein Kleinstfahrzeug zahlen Sie 100 Euro, für ein kleines Fahrzeug schon eher 150 Euro, und die meisten regulären Autos liegen bei oder über 200 Euro jährlich.

Da sage ich als ganz klar: Es ist doch sozial ungerecht, wenn die Familie mit dem großen Familien-Van zur Kasse gebeten wird, während der Besserverdiener mit kleinem Sportwagen erheblich weniger zahlen muss. Denn letztlich ist ein Parkplatz ein Parkplatz. Der Parktasche ist es egal, ob dort ein großes oder ein kleines Auto draufsteht. Der Verwaltungsaufwand ist ebenfalls der Gleiche.

Mit unserer Haltung sind wir im Übrigen nicht allein, wie ich aus dem Koblenzer Stadtrat berichten kann: Ihre Genossin Frau Lipinski Naumann, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, bezeichnete es als einen schwierigen Akt, dem Bürger glaubhaft vermitteln zu können, dass der Rat keinen Einfluss auf die Preisgestaltung hat. Ihr Kollege von der CDU Herr Kalenberg sieht durch diese Entwicklung gar den sozialen Frieden gefährdet.

Unterdessen behaupteten Sie, Herr von Heusinger, dass die Landesregierung ja eigentlich gar keine Verantwortung für die Erhöhung der Parkgebühren treffe. Gleichzeitig forderten Sie staatliche Beihilfen für Anwohner mit geringem Einkommen.

Das könnte man einfacher haben, nämlich mit einer Parkgebühr für alle.

Natürlich haben wir das jüngste Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Juni 2023 zu den Anwohnerparkgebühren vor Augen, welches feststellt, dass die Gemeinden die Gebührenordnungen nur als Rechtsverordnung, nicht aber als Satzung erlassen können. Doch zeigt der damalige Versuch des Landes Baden-Württemberg, die Ausgestaltung der Gebührenfestsetzung weiträumig in die Hände der Kommunen und der Gremien vor Ort zu geben, die Erkenntnis, dass dort die „Fachleute“ sitzen, um die maßgebliche Bewertung der Situation und Faktoren für die konkrete Gebührenfestsetzung zu treffen, die über den Sockelbetrag hinausreichen. Dies hat das BVerwG einer formalrechtlichen Bewertung unterzogen.

Hier offenbart sich für mich jedoch ein Rechtsproblem, was es sinnvoll aufzulösen gilt. Der Bundesgesetzgeber hat den Weg über die Rechtsverordnung in § 6a Abs. 5a Satz 2 StVG vorgegeben. Zugleich werden Kriterien wie „die Bedeutung der Parkmöglichkeiten, deren wirtschaftlicher Wert oder der sonstige Nutzen der Parkmöglichkeiten für die Bewohner“ angeführt, die angemessen berücksichtigt werden können. Der Grund für die Verordnungsermächtigung zugunsten der Landesregierung und die Möglichkeit ihrer Weiterübertragung war, dass es den Landesregierungen und Kommunen ermöglicht werden sollte, die Gebühren nach den örtlichen Verhältnissen festzusetzen (BT-Drs. 19/19132 S. 12).

Wenn die Landesregierung aber eine Verordnung und eine Weiterübertragung ermöglicht hat, muss sie sich auch Gedanken machen, wie sie diese angesichts der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie ausgestaltet.

Wir FREIE WÄHLER sehen den Widerspruch zwischen dem Streben des Gesetzgebers und der Realität in unseren Kommunen und fordern die Landesregierung auf sich mit diesem Problem ernsthaft auseinanderzusetzen und eine Lösung zugunsten der echten kommunalen Partizipation und Mitsprache der Räte als demokratisch gewählte Vertretung der betroffenen Bürgerinnen und Bürger zu erarbeiten.

Es gilt das gesprochene Wort.

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