51. Plenarsitzung – Joachim Streit zu “Rheinland-pfälzische Bundesratsinitiative zur Entfristung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes in der Gastronomie” – mit Video

Entschließungsantrag der FREIE WÄHLER-Fraktion

Video: Landtag RLP

Sehr geehrte Frau Ministerin Schmitt, als wir FREIE WÄHLER das Thema Mehrwertsteuer in der Gastronomie im Rahmen der aktuellen Debatte auf die Tagesordnung des vergangenen Plenums gesetzt haben, ließen Sie sich alle Türen offen. Ihre Rede ließ nicht eindeutig erkennen, ob Sie eine Verlängerung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes über 2023 hinaus befürworten oder ob Sie letztlich den Fokus auf andere Maßnahmen legen.

Als logische Konsequenz haben wir nun diesen Entschließungsantrag eingebracht, der Ihnen durch Ihr Votum ein unmissverständliches Bekenntnis abverlangt und für Klarheit hinsichtlich des Standpunkts der Landesregierung unter den rheinland-pfälzischen Gastronomen sorgt.

2.500 Unternehmensschließungen in den Corona-Jahren nur in Rheinland-Pfalz in der Gastronomie, stark steigende Energiepreise im Jahr 2022 und eine damit verbundene, historisch hohe Teuerungsrate. All das hat die Bundesregierung zu Recht dazu bewogen, die Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie von 19 auf 7% zu senken.

Dieser reduzierte Mehrwertsteuersatz läuft nach aktuellem Stand zum Jahresende aus und die FREIE WÄHLER-Landtagsfraktion teilt die Einschätzung des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands, dass eine Rückkehr zu den vormals üblichen 19% gravierende Folgen für die Branche hätte.

Durch den reduzierten Mehrwertsteuersatz war es den Gastronomen möglich, die massiven Preissteigerungen bei Personal, Energie und Lebensmitteln nicht 1 zu 1 an die Kunden weiterzugeben. Finden wir allerdings keine gemeinsame Lösung, sehen sich beide Seiten der Theke mit unzumutbaren Preisen konfrontiert.

Zum einen die Gastwirte, die weitere Umsatzeinbrüche aufgrund ausbleibender Gäste befürchten. In der Konsequenz würde das das Aus für viele ohnehin gebeutelte Betriebe bedeuten, die aber wiederum in ihrer Vielzahl und Vielfalt das rheinland-pfälzische Lebensgefühl prägen. Das gilt für Einheimische – es gilt aber auch für den Tourismus, der im Ergebnis als wichtiger Wirtschaftsfaktor für unser Land geschwächt werden würde.

Zum anderen hätte eine Erhöhung der Mehrwertsteuer gesellschaftspolitische Folgen, die wir nicht einfach ignorieren können. Wenn Menschen nicht mehr zu ihrem Stammtisch gehen oder Familien bestimmte Traditionen nicht länger pflegen können – nehme man nur den klassischen Restaurantbesuch an den Weihnachtsfeiertagen –, dann verweigern wir vor allem Bürgern mit geringem Einkommen ein Stück sozialer Teilhabe. Denn der Besuch des Gasthauses ist nämlich genau das: Ausdruck, am öffentlichen Leben teilnehmen zu wollen. Und diese Möglichkeit darf auch dem kleinen Mann nicht verwehrt werden.

Es gibt aber ein weiteres Argument grundsätzlicher Natur, dass für die Entfristung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes von 7% auf Speisen in der Gastronomie ausschlaggebend ist. In 23 europäischen Staaten existiert keine Differenzierung zwischen der Lieferung von Essen, dem Essen aus dem Supermarkt, dem Essen im Gehen und dem Essen in Restaurants. Das sollte auch im Sinne des Wettbewerbs in Deutschland möglich sein.

Deswegen fordern wir die Landesregierung auf, sich im Rahmen einer Bundesratsinitiative für eine Entfristung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes auf Speisen in der Gastronomie einzusetzen. Und da die Zeit drängt, sollten Sie sich schnell an die Arbeit machen. Jenseits Ihrer Entscheidung bekennt sich die FREIE WÄHLER-Landtagsfraktion jedoch uneingeschränkt zu den 7%. Wir sind es unseren Gastronomen, aber auch den Bürgern schuldig, die Lebensqualität in unserem Land in allen Facetten aufrecht zu erhalten. Und dazu gehört auch, dass die Tochter oder der Sohnemann nicht auf Wiener Art umstellen müssen, wenn normalerweise immer die Wahl auf das Original fiel – oder der traditionelle Restaurantbesuch zu besonderen Anlässen ohnehin ausfallen muss.

Die Berliner Ampel hat sich unlängst mit Verweis auf die anstehende Steuerschätzung einem Bekenntnis zur Beibehaltung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes verwehrt. Unsere Landesregierung sollte sich nicht hinter dieser Entscheidung verstecken, sondern einen anderen Weg einschlagen.

Es gilt das gesprochene Wort.

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