47. Plenarsitzung – Joachim Streit zu „Asylvollkosten der Kommunen ermitteln und erstatten“

Antrag der AfD-Fraktion

Wer den Antragstitel und die ersten Zeilen dieser Vorlage liest, könnte zumindest meinen, hier möchte sich jemand für die Kommunen und deren angespannte finanzielle Lage einsetzen. Hilfreich ist es jedoch immer, auch die Vorlage genau und bis zum Ende durchzulesen… ich zitiere aus dem letzten Satz „…Maßnahmen zu ergreifen, die die Asylzuwanderung insgesamt bremsen…“.

Daher weht also der Wind.

Im Vorfeld des Berliner Flüchtlingsgipfels hatte ich für die FREIEN WÄHLER der rheinland-pfälzische Delegation einen klaren Auftrag ins Gepäck gelegt: Die Kommunen im Land sind bei der Unterbringung, Versorgung und Integration von Flüchtlingen längst am Limit angekommen. Die Kommunalen Spitzenverbände in Rheinland-Pfalz fordern eine Vollkostenerstattung vom Land, unabhängig davon, wie die Gespräche zur Finanzierung der Fluchtaufnahme ausgehen.

Und daraus resultierte unsere Forderung: „Sollte der Bund nach der MPK keine weiteren Mittel zur Verfügung stellen, muss das Land für eine auskömmliche Finanzierung der Kommunen bei der Fluchtaufnahme sorgen.“ Dies habe ich bereits mehrfach betont.

Leider müssten wir feststellen, dass unsere Ministerpräsidentin die Ergebnisse des Berliner Flüchtlingsgipfel schönredet.

Das Resultat der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) 1 Milliarde Euro für 2023 hört sich zunächst nett an, doch, wenn nur 48 Millionen davon in Rheinland-Pfalz ankommen ist das verschwindend gering. Und diese Summe wird dann auch noch auf die Kommunen verteilt – da bleibt nicht viel übrig. Das ist das Resultat!

Für die Länder und Kommunen endete der Flüchtlingsgipfel beim Bundeskanzler enttäuschend. Es ist weiterhin keine dauerhafte Lösung für rheinland-pfälzische Kommunen in Sicht und die finanziellen und strukturellen Sorgen bleiben.

Dass vom Bund überhaupt etwas kommt, ist wenigstens ein guter Anfang. Es kommt allerdings zu spät. Solange die Kommunen schon um Hilfe bitten, ist die Entscheidung der MPK kein Geschenk, sondern eine Selbstverständlichkeit. Für die Kommunen ist das Ergebnis eine herbe Enttäuschung. Sie müssen finanziell dauerhaft entsprechend den Anforderungen unterstützt werden. Und ich spreche auch von einer weiteren Enttäuschung, wenn ein Gipfel-Ergebnis nur Entscheidungen für 2023 festlegt. Unabhängig von der Anzahl der Flüchtlinge, die noch in 2023 in Deutschland ankommen bleibt die Frage wie es 2024 weitergeht?

Ich erneuere meine gebetsmühlenartig vorgetragene Forderung, dass das Land die Kommunen nicht im Stich lassen darf. Die vorhandenen Kapazitäten sind nicht ausreichend, die Haushalte der Kommunen auf Kante genäht. Die Kommunen sind am Limit. Wenn der Bund nicht mehr zusteuert, muss das Land handeln, um seine Kommunen zu unterstützen und für eine auskömmliche Finanzierung sorgen. Und das mit dauerhaften Lösungen und nicht nur für dieses Jahr!

Und wenn unsere Ministerpräsidentin dann auch noch beklagt, dass der Bund sich zu keiner Dynamisierung bereiterklärt – ich zitiere aus dem Interview im SWR vom 9.5.2023: „Wir wünschen uns darüber hinaus, dass wir eine andere Verabredung bekommen, was die Dynamisierung betrifft. Die finanzielle anteilige Beteiligung muss dynamisch sein, denn auch die Flüchtlingszahlen sind dynamisch. Das Risiko steigender Zahlen dürfe nicht den Kommunen überlassen werden. Die Herausforderungen für alle staatlichen Ebenen und auch für die vielen Menschen, die sich ehrenamtlich engagierten und Geflüchtete aufnähmen, seien immens.“

Ja sehr geehrte Landesregierung, die Herausforderungen sind immens!

Doch es geht nicht nur ums Geld, sondern auch um den notwendigen Wohnraum – und der ist nicht vorhanden. Alle anmietbaren Hotels sind angemietet, alle verfügbaren Wohnungen belegt, Lösungen mit Containern sind teuer, unabhängig davon, dass diese den Kommunen fehlen und Lieferzeiten bis zu einem halben Jahr betragen. Den Kommunen stelle sich aktuell vor allem eine strukturelle Problematik: etwaige Turnhallen umzufunktionieren, komme alleine deswegen nicht in Betracht, da diese in der Regel im Rahmen der Notfallplanung Gasmangellage als Wärmeinseln vorgesehen sind. Vom Unterrichtsausfall einmal ganz abgesehen.

Wir haben in den jüngsten beiden Jahren so oft die Beschleunigung der Ausweisung von Baugenehmigungen und die Vereinfachung der Ausweisung von Baugebieten gefordert, dass es Ministerpräsidentin Dreyer ein leichtes gewesen wäre, schon etwas zu ändern.

Zusätzlich sind die für die Flüchtlingsunterbringung eingesetzten kommunalen Mitarbeiter bereits über die Belastungsgrenze im Einsatz sind und weiteres Personal nicht in Sicht. Die Verzweiflung kommunal Verantwortlicher ist groß.

Erst am Wochenende habe ich ein Schreiben des Bürgermeisters einer Gemeinde aus der Pfalz an unsere Familienministerin in Kopie erhalten, das die dramatische Lage beschreibt. Um Unterbringungsmöglichkeiten baurechtlich umzusetzen, werden zeitgleiche Aktivitäten zum Bau von Kita’s trotz aktueller Gesetzgebung und Verpflichtung zurückgestellt.

Die fixe Regelung der jährlichen Pauschale laut Landesaufnahmegesetz – 35 Millionen Euro für Personen, die nach Erstbescheid von den Kommunen zu versorgen sind – auch wenn heute andere Zahlen ins Gesetz beschlossen wurden, berücksichtige die tatsächlichen Zugangszahlen nicht. Die Anzahl der Asylsuchenden, die Rheinland-Pfalz nur im ersten Halbjahr zugewiesen wurden, hat sich gegenüber dem Vorjahr fast verdoppelt. Die Kommunen stehen vor dem Kollaps.

Daher appelliere ich erneut an die Ampelkoalition: In erster Linie sind die Länder zur Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen verpflichtet. Rheinland-Pfalz überträgt diese Aufgabe seinen Kommunen. Wir FREIE WÄHLER schließen uns der Aussage der Kommunalen Spitzenverbände des Landes an: „Wer bestellt, bezahlt!“ Die Vorlage der antragstellenden Fraktion lehnen wir dennoch ab.

Es gilt das gesprochene Wort.

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