Betrachtet man den Einzelplan 05 muss man sagen, dass die Landesregierung den bedeutsamen Bereich der Justiz auf eine tragfähige Grundlage für die nächsten Jahre gestellt hat (bei Gesamtausgaben im Regierungsentwurf für das Jahr 2023 von rund 943,7 Millionen Euro und für das Jahr 2024 von rund 955,3 Millionen Euro, was gegenüber den Ansätzen für 2022 (926,2 Millionen Euro) eine Steigerung um ca. 17,5 Millionen Euro bzw. ca. 29,1 Millionen Euro bedeutet) und durch Schaffung von 133 neuen Planstellen und Stellen für die Justiz für eine nachhaltige Personalverstärkung gesorgt wird. Dies beruhigt uns insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Personalaufwuchs eine unserer Kernforderungen zum letzten Haushalt in diesem Bereich war und nun die dringend gebotene Umsetzung erfahren hat. Denn die Stärkung einer handlungsfähigen, effektiven und modernen Justiz, kann nur über ausreichend geschultes Personal funktionieren. Die Attraktivität der Berufe in der Justiz darf hierbei nicht nur für den Einstieg gelten, sondern es müssen auch bessere Beförderungsperspektiven geschaffen werden.
Richten wir hierfür beispielhaft unseren Blick auf den Bereich des Justizvollzugs: Gerade die Bediensteten des 3. Einstiegsamtes im Justizvollzug tragen erhebliche Verantwortung in den Justizvollzugsanstalten. Dies muss mit einer Stellenhebung im gehobenen Justizverwaltungsvollzugsdienst honoriert werden, anstatt sie wie in den letzten Jahrzehnten beförderungstechnisch abzuhängen. Hier muss der Grundsatz gelten, dass Menschen, die eine besondere Verantwortung tragen, auch dementsprechend befördert werden können. Daher halten wir eine Anpassung des Stellenplans von je einer zusätzlichen Stelle Besoldungsgruppe A 13, 3. Einstiegsamt und je drei zusätzliche Stellen für die Besoldungsgruppe A 12, 3. Einstiegsamt, und A 11, 3. Einstiegsamt, für die kommenden zwei Jahre für unbedingt notwendig, um der Verantwortung der Beamten des 3.Einstiegsamtes gerecht zu werden und einer weiteren Abwanderung dieser Beamten in andere Bereiche der Verwaltung (vornehmlich Bundes- und Kommunalverwaltung), aufgrund von wesentlich besseren Beförderungsmöglichkeiten, bei teilweise geringerer Verantwortungslast, entgegenzuwirken.
Auch werden wir uns in diesem Bereich zukünftig mit der Zulage für Beschäftigte in Justizvollzugsanstalten in Form der Ruhegehaltsfähigkeit der sogenannten „Gitterzulage“ auseinandersetzen müssen. Verschiedene Bundesländer sowie der Bund haben die Ruhegehaltsfähigkeit dieser Zulage bereits wiedereingeführt oder stehen kurz davor. Gleiches muss auch für Rheinland-Pfalz gelten.
Der Rechtsstaat darf keine Pause machen, er muss stets funktionieren und muss gut funktionieren, um die Herausforderungen unserer Zeit – seien es die Folgen der Corona-Pandemie wie auch der Energiekrise – zu bewältigen. Hierfür bedarf es aber nicht nur der erforderlichen Personaldecke, sondern auch der räumlichen Gegebenheiten unserer Justizgebäude.
Das Amtsgericht/Landgericht Mainz ist, wie auch die Staatsanwaltschaft Mainz und weitere Gerichte am Standort Mainz, teils in historischen, zumindest aber älteren Gebäuden untergebracht. Ich habe mir das vor Ort einmal selbst angesehen. Dabei ist mir insbesondere der Sanierungsbedarf des Dienstgebäudes B am Amtsgericht/Landgericht Mainz aufgefallen. Dieser Sanierungsbedarf betrifft jedoch nicht nur den Standort Mainz, sondern etwa auch die Standorte Koblenz und Bitburg. Wenn Sie mir einen kleinen Ausblick auf den Einzelplan 12 gewähren, so ist es für mich schon verwunderlich, dass dort in Anbetracht des Sanierungsbedarfs unserer Gerichte in Rheinland-Pfalz nur die Amtsgerichte Bitburg und Germersheim Berücksichtigung finden und die weitere Sanierungsplanung der Gerichtsgebäude seitens des Landesbetriebs Liegenschafts- und Baubetreuung (LBB) wohl noch Jahre dauern wird. Die FREIE-WÄHLER-Fraktion wird das Thema des Zustandes unserer Justizgebäude nicht aus dem Blick verlieren, ebenso wenig wie die Situation des dortigen Personals.
Eine der größten Herausforderungen der letzten Jahre und auch für die nächsten Jahre dürfte die Digitalisierung sein. Die Etablierung des elektronischen Rechtsverkehrs und der Digitalisierungsstrategie scheint in Rheinland-Pfalz gelungen. Bei der Neuimplementierung der Systeme, darf man jedoch nicht die Pflege und Modernisierung bestehender Fachanwendungen wie etwa der STAR-Programme und weiterer Fachverfahren in der Justiz vergessen. Nennen möchte ich hier „forumSTAR“, „web.sta“, und „AUREG“. Diese Fachverfahren, die teilweise bereits seit 20 Jahren im Einsatz sind, sind zwischenzeitlich modernisierungsbedürftig und eine „Ertüchtigung der Fachverfahren für die verpflichtende Einführung der elektronischen Akte erforderlich“, so das Justizministerium auf meinen jüngsten Berichtsantrag im Rechtsausschuss zu dem Thema.
Bleibt zu hoffen, dass die Landesjustizverwaltungen es mit dem hier im Haushalt zur Verfügung gestellten Geld schaffen werden, ihrem Ziel „den Justizbediensteten in Gerichten und Staatsanwaltschaften moderne, gut bedienbare und barrierefreie IT-Fachanwendungen bereitzustellen, welche die Geschäftsabläufe sowie die Dokumenterzeugung optimal unterstützen“, gerecht zu werden. Und hoffen wir auch, dass die Belange von Rheinland-Pfalz bei den neuen Fachverfahren wie „AuRegis“ und den aktuellen Arbeiten im Entwicklungsverbund der Länder für die neuen bzw. modernisierten Fachverfahren ausreichend Gehör finden.
Dieses, wie auch andere Themen, wird die FREIE-WÄHLER-Fraktion nicht aus dem Blick verlieren und sich auch im nächsten Jahr mit frischen Ideen und neuen, innovativen Ansätzen in den Bereich der Justiz einbringen. Denn wenn Sie mir den Blick zurück erlauben, haben wir FREIE WÄHLER mit unserer Arbeit im Rechtsausschuss Themen aufgegriffen, die im Folgenden nicht nur Beachtung in der Presseberichterstattung gefunden haben, wie zweckfremde Nutzung von Corona-Kontaktdaten, Ermittlungsverfahren wegen des „Z“-Symbols und Sabotageaktionen von Klimaaktivisten, sondern auch mit Themen, die unmittelbaren Einfluss auf die Arbeit der Justizministerkonferenz genommen haben, etwa hinsichtlich der Reform des § 184b StGB. Ob und wie das Bundesministerium der Justiz den dahingehenden Beschluss der Justizministerkonferenz, die erst 2021 erfolgte Verschärfung rückgängig zu machen, umsetzen wird, werden Sie, Herr Minister Mertin, ebenso wie wir FREIE WÄHLER, mit fachpolitischem Interesse verfolgen. Mit ebenso großem Interesse werden wir die weiteren Themen der zweimal jährlich stattfindenden Justizministerkonferenz im Blick behalten und uns in die Themenfindung für den Bereich der Justiz sowohl auf der sachlichen Ebene, wie auch über den Haushalt, zielgerichtet einbringen.
Und die Zeichen der Zeit finden Niederschlag nicht nur in den Themen der Justizministerkonferenz und anderer Fachkonferenzen, sondern auch hier im rheinland-pfälzischen Landtag. Noch vor einigen Wochen haben wir die Protestaktionen der Klimaaktivisten der „Letzten Generation“ nur aus der Ferne betrachtet, seit dem 9. Dezember 2022 haben wir es hier in Mainz selber erlebt, wenn durch die Aktivisten eine der Hauptverkehrsadern von Mainz lahmgelegt wird. Der Klimaschutz ist Bestandteil des Koalitionsvertrages als wichtiges Ziel der heutigen Zeit, doch werden mit den Aktionen der Klimaaktivisten mittlerweile Grenzen überschritten und Straftaten begangen, wie das Innenministerium im Rahmen der Sitzung des Rechtsausschusses letzte Woche selber ausführte. Unabhängig davon, ob man Radikalisierungstendenzen bejahen mag oder nicht, muss – wie bereits oben ausgeführt – der Rechtsstaat stets funktionieren und er muss gut funktionieren. Dies gebietet, die rechtlichen Möglichkeiten zu Prävention und Repression auch auszuschöpfen. So sieht unser Polizei- und Ordnungsbehördengesetz (POG), wie auch die Polizeigesetze der anderen Bundesländer, die Möglichkeit des polizeilichen Präventivgewahrsams zur Verhinderung einer unmittelbar bevorstehenden Begehung oder Fortsetzung einer Straftat vor.
Doch gehen hier die Bundesländer unterschiedlich gegen die Klimaaktivisten der „Letzten Generation“ vor. Von zwei Tagen bis zu einem Monat reicht bundesweit die Höchstdauer der Präventivhaft, und sieht in Bayern sogar noch die Verlängerungsmöglichkeit um einen weiteren Monat vor. Somit reden wir hier von einem Spektrum von zwei Tagen bis zwei Monaten der Präventivhaft. Insbesondere unionsgeführte Länder -verehrte Kollegen der CDU- finden die lange Präventivhaft angemessen. Aber unsere Landesregierung, so der Vertreter des Innenministeriums in der Rechtsausschusssitzung, erachtet die momentane Höchstdauer des Präventivgewahrsams von sieben Tagen als ausreichend, Gespräche hierzu würden aktuell nicht geführt werden. Die Bundesinnenministerin wirbt für eine Verständigung. Wenn schon die Ampel in Mainz nicht auf die Ampel im Bund reagiert, dann zumindest wir FREIE WÄHLER! Die Höchstdauer der Präventivhaft in Rheinland-Pfalz bedarf aus unserer Sicht einer deutlichen Anhebung, um auf die Gefahrenlagen der heutigen Zeit sachgerecht reagieren zu können. Nachdem wir FREIE WÄHLER die Reform des § 26 POG gefordert hatten, um unsere Festkultur zu retten, kündigen wir bereits hier und heute eine Gesetzesinitiative zur Modernisierung der Dauer der Präventivhaft nach bayrischem Modell für das nächste Plenum an, denn schnelles Handeln ist hier geboten!
Lediglich kurz möchte ich noch auf die hier zu beschließenden Landesgesetze, insbesondere das Landesgesetz zur „Änderung des Landesgesetzes über die juristische Ausbildung“ eingehen. Als Rechtsanwalt, der selber schon Rechtsreferendare ausgebildet hat – übrigens haben diese alle bestanden – ist das „Landesgesetz zur Änderung des Landesgesetzes über die juristische Ausbildung“ von größerem praktischen Interesse, auch wenn es weitestgehend nur der Umsetzung bundesrechtlicher Vorgaben und Ideen zur Harmonisierung der Ausbildungs- und Prüfungsordnungen in den Ländern dient. Regelungsdefizite zu erkennen und zeitnah anzugehen, begrüßen wir FREIE WÄHLER hier ausdrücklich.
Die Möglichkeit der Ableistung des juristischen Vorbereitungsdienstes in Teilzeit bei Erfüllen bestimmter Voraussetzungen ist dabei eine sinnvolle und sachgerechte Anpassung an unsere Lebenswirklichkeit und Arbeitswelt. Die Modernisierung der juristischen Ausbildung in Bezug auf ein Teilzeit-Referendariat sollte unseres Erachtens deshalb jedoch noch einen Schritt weitergehen und dieses nicht nur Referendaren ermöglichen, die Kinder oder Angehörige betreuen, sondern auch denjenigen, die bereits im Berufsleben stehen und nach einem erfolgreichen Erst- oder Zweit-Studium der Rechtswissenschaften nun auch den juristischen Vorbereitungsdienst berufsbegleitend absolvieren wollen. Es gibt Lebensläufe, bei denen der Wille Volljurist werden zu wollen, erst später eingetreten ist. Zum Beispiel nachdem bereits ein Informatikstudium absolviert und ein StartUp erfolgreich aufgebaut und zu einem soliden Unternehmen gebracht wurde. Auch solchen späten Quereinsteigern muss es möglich gemacht werden, neben dem laufenden Geschäftsbetrieb ein Referendariat durchlaufen zu können. Dieser Wille zur beruflichen Fortbildung und Qualifizierung verdient unsere Anerkennung und vollste Unterstützung, dies auch mit Blick auf die Überlastung und Überalterung in der Justiz in Deutschland, der wir entgegenwirken müssen. Natürlich sehen wir die Bindung des hiesigen Landesgesetzgebers aufgrund der bundesrechtlichen Vorschriften in § 5b DRiG, doch besteht nicht ohne Grund eine „Auffangklausel“ für „vergleichbare Fälle“, die die Möglichkeit gibt die entsprechenden Voraussetzungen für die Ableistung des juristischen Vorbereitungsdiensts in Teilzeit konkret und praxisnah auszugestalten. Die Landesregierung täte gut daran. Wir FREIE WÄHLER sehen den Bedarf jedenfalls deutlich!
Einige der im Gesetzesentwurf angeführten Regelungen lassen die notwendigen ersten Schritte erkennen, um die Fachkräftebasis, z.B. im Hinblick auf geeignete Prüfer, zu sichern. Wir täten gut daran, bei dem erklärten Ziel die Qualität im juristischen Vorbereitungsdienst weiter zu steigern, unseren Blick in alle Richtungen zu richten und die juristische Laufbahn attraktiv und zukunftssicher zu gestalten, auch um ein Abwandern in andere Bundesländer zu verhindern.
Die gesetzliche Verankerung der Möglichkeit der Durchführung der schriftlichen juristischen Prüfungen in elektronischer Form, und die geplante Klarstellung ergänzend zu § 5 d Abs. 6 Satz 2 Deutsche Richtergesetz (DRiG) im hiesigen Landesrecht, ist hier jedoch eher Kür als Pflicht und entbindet uns nicht, stetig die notwendigen Schritte für eine sinnvolle und sachgerechte Anpassung der juristischen Ausbildung an unsere Lebenswirklichkeit und Arbeitswelt zu gehen. Lassen Sie uns die Justiz in Rheinland-Pfalz gemeinsam zukunftsfähig gestalten!
Es gilt das gesprochene Wort.