33. Plenarsitzung – Joachim Streit zu Entlastung der Landesregierung Rheinland-Pfalz für das Haushaltsjahr 2020 / Entlastung des Rechnungshofs Rheinland-Pfalz für das Haushaltsjahr 2020 / Jahresbericht 2022 des Rechnungshofs / Stellungnahme der Landesregierung zum Jahresbericht 2022 des Rechnungshofs sowie Ergänzung zum Schlussbericht der Landesregierung im Entlastungsverfahren für das Haushaltsjahr 2019 – mit Video

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Das, was der Rechnungshof auf den elf Seiten 122-133 im Jahresbericht 2022 zusammengetragen hat, lässt tief in das Wertesystem der Landesregierung blicken. Es geht um die Sonderurlaube von Beamten und Staatssekretären. Die Landtagsverwaltung gewährte zehn Beamtinnen und Beamten „bis auf Weiteres“, d. h. unbefristeten Urlaub unter Wegfall der Dienstbezüge, damit diese eine Tätigkeit bei Fraktionen des Landtags aufnehmen konnten. Eine weitergehende Begründung für die Urlaubsgewährung war in den vorgelegten Unterlagen nicht enthalten. Teilweise dauerten die Urlaube mehr als sechs Jahre.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist ein „wichtiger Grund“ für längerfristige Beurlaubungen nur ausnahmsweise anzuerkennen und das auch meist nur für sechs Monate. Ungeachtet der Frage, bis zu welcher Dauer und aus welchen Gründen Sonderurlaub bewilligt werden darf, muss es sich bei der Befreiung von der Pflicht zur Dienstleistung überhaupt um „Urlaub“ handeln. Dieser Begriff umfasst nur die lediglich vorübergehende Gestattung der Abwesenheit vom Dienst. Daher ist eine auf Dauer angestrebte Freistellung ebenso wenig zulässig, wie eine Beurlaubung für eine zeitlich nicht genau bestimmte Dauer.

Schon aus diesem Grund entsprachen die zehn unbefristet gewährten Beurlaubungen nicht den rechtlichen Anforderungen. Soweit die Sonderurlaube sechs Jahre und länger dauerten, standen diesen nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch wegen ihrer Dauer eindeutig dienstliche Gründe entgegen. Sie waren rechtswidrig nach geltendem Recht!

 Acht Beamtinnen und Beamte wurden während der Beurlaubung dann auch noch befördert. In sieben Fällen zwei Mal. Sie waren über den gesamten für die Beförderung maßgeblichen Beurteilungszeitraum ausschließlich bei den Fraktionen jeweils auf Grundlage eines privatrechtlichen Arbeitsvertrages beschäftigt. Das heißt, die Eignung, Leistung und Befähigung, die als Maßstab bei Millionen von Beamten immer galten, konnten gar nicht in einem Beamtenverhältnis festgestellt werden, da die Tätigkeit bei der Fraktion ein rein privatrechtliches Beschäftigungsverhältnis ist, das keinerlei rechtlichen Zusammenhang mit der Amtstätigkeit aufweist. Unabhängig davon waren Beförderungen zum Teil unzulässig, weil die gesetzlichen und laufbahnrechtlichen Wartezeiten nicht eingehalten wurden.

In mehreren Fällen erfolgte eine Beförderung in weniger als sechs Monaten nach der Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit. Die Voraussetzungen für eine Verkürzung der Wartezeiten waren nach den vorgelegten Unterlagen nicht gegeben. Das alles macht einen sprachlos. Doch das ist nur der Prolog der Landtagsverwaltung. Die Landesregierung genehmigte drei ehemaligen SPD-Staatssekretären Sonderurlaube von bis zu zehn Jahren, obwohl sie niemals in das Amt zurückkehren.

Der Vorteil für die drei SPD-Leute: Man verdient auf der neuen Stelle, wie dem Landeskrankenhaus oder bei Lotto RLP sein Geld und die Altersversorgung wird über die Pension gesichert. Ich hätte noch verstanden, wenn die Staatssekretäre bis zum Ende einer Legislaturperiode beurlaubt worden wären. Der eine schied 2014 aus (nächste Landtagswahl 2016), der andere 2017, der dritte mit der LTW 2021. Die Beurlaubung des ersten und des letzten dauern an. Das widerspricht dem Anstandsgefühl aller gerecht Denkenden.

Wenn jemand in seinem neuen Job, mehr verdient, denn als Staatssekretär, und die Altersversorgung über die eigentliche Amtszeit hinaus noch bekommt, dann stimmt etwas im politischen Koordinatensystem des Betroffenen und der Landesregierung nicht. Das mögen Sie, meine Damen und Herren der Regierung verstehen, die Menschen da draußen, denen man vorschreibt zu sparen, Pullover anzuziehen und Waschlappen zu benutzen, verstehen es nicht. Und sie verstehen es zu Recht nicht.

Die Bewerbung auf eine andere Stelle beendete das Vertrauensverhältnis, dass man zu einem Staatssekretär hat. Er ist mit dem Ausscheiden in den Ruhestand zu versetzen. Gutes Geld auf einem anderen Posten zu verdienen und weiterhin an den Pensionen teilzunehmen und das über die Zeit einer Legislaturperiode, das ist nicht in Ordnung!

Sehr geehrte Frau Dreyer, Sie sollten diesen Dingen ein Ende setzen! Sicher wäre jetzt noch Zeit über Haushaltsreste, Verschuldung pro Kopf oder die zu niedrige Quote der Investitionen im Vergleich zu den anderen Flächenländern zu sprechen. Das verblasst aber alles im Licht des Vorherigen.

Es gilt das gesprochene Wort.



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