Anhörung im Innenausschuss zu FREIE WÄHLER-Vorstoß zeigt Probleme auf
MAINZ. Der neue § 26 Absatz 5 Polizei- und Ordnungsbehördengesetz (POG) bereitet vielen Veranstaltern, darunter auch viele Vereine und Ehrenamtliche, Sorgen. Nach diesem gilt auch bei öffentlichen Veranstaltungen, die keine Großveranstaltungen (ab 15.000 Personen zeitgleich) sind, dass die örtliche Ordnungsbehörde die Vorlage eines Sicherheitskonzepts und die Einrichtung eines Ordnungsdienstes oder die Beauftragung von Wachpersonen eines gewerblichen Bewacherunternehmens verlangen kann – soweit dies nach der Art der Veranstaltung erforderlich erscheint. Diese neue Rechtslage führt in der Praxis zu Problemen.
Daher hatte die FREIE WÄHLER-Landtagsfraktion einen eigenen Gesetzentwurf zur Änderung des § 26 Absatz 5 POG eingebracht, damit schnellstmöglich die rheinland-pfälzische Fest- und Veranstaltungskultur gesichert wird. In diesem Entwurf schlägt die FREIE WÄHLER-Fraktion unter anderem vor, § 26 Absatz 5 Satz 2 POG um eine Untergrenze für die prognostizierte Personenzahl zu ergänzen, so dass „Kleinveranstaltungen“ von voraussichtlich zeitgleich nicht mehr als 1.500 Personen von den ordnungsbehördlichen Vorgaben (Sicherheitskonzept und Einrichtung eines Ordnungsdienstes oder die Beauftragung von Wachpersonen) ausgenommen werden. Bislang fanden die Vorgaben Anwendung auf Veranstaltungen bis zu 5.000 Personen zeitgleich.
Nun erfolgte die Anhörung im Innenausschuss des Landtags. Der rechtspolitische Sprecher der FREIE WÄHLER-Landtagsfraktion Stephan Wefelscheid sieht sich nach der Experten-Anhörung in seiner Auffassung bestätigt: „Es braucht Erleichterungen für kleinste und kleine Veranstaltungen und deren Organisatoren, denn die derzeitigen Vorgaben komplizieren die Durchführung vieler Veranstaltungen.“ Jüngst hatte es deshalb in Bernkastel-Kues eine Demonstration, statt des traditionellen Umzuges gegeben. Dort wurden auch Protestschilder mit dem Hinweis „Das Brauchtum stirbt, dank POG, das tut uns weh!“ hochgehalten. Die verschärften Auflagen, zu denen auch ein frühzeitiges Vorlegen von umfassenden Sicherheitskonzepten gehören kann, sehen viele aber als kaum umsetzbar an. Die Lust, im Ehrenamt noch kleine Veranstaltungen zu organisieren, sei auf dem Tiefpunkt angekommen. Für Wefelscheid besteht hier die Gefahr, dass bei allem Verständnis für Sicherheitsbelange, am Ende des Tages die Ehrenamtler schlicht das Interesse verlieren, noch etwas auf die Beine zu stellen.
Dabei sei es in erster Linie die Aufgabe des Staates, für die Sicherheit zu sorgen. Wefelscheid: „Für die Sicherheit bei Veranstaltungen unter freiem Himmel ist mal in erster Linie der Staat mit seinem kommunalen Vollzugsdienst und der Polizei zuständig. Denn das Gewaltmonopol liegt beim Staat. Das ist unser Staatssystem, dafür zahlen wir Steuern. Wir erleben aber in den letzten Jahren immer häufiger, dass der Staat versucht sich aus seiner ureigenen Verantwortung zu stehlen, indem er seine Aufgaben auf andere zu übertragen versucht. Für mich ziemlich entlarvend war insofern auch die Ausführung des Sachverständigen Prof. Dr. Zöller von der Universität München, wenn er ausführt, dass vermeintliche Freiheiten der Veranstalter in der Vorbereitungsphase aller Voraussicht nach durch erhebliche Mehrbelastung der staatlichen Sicherheitskräfte, also insbesondere der Polizei, erkauft würden.“ Dieses „Erkaufen vermeintlicher Freiheiten“ könne er nicht erkennen, so der rechtspolitische Sprecher der FREIE WÄHLER-Landtagsfraktion – und führt weiter aus: „Denn wo private Sicherheitsdienste und -konzepte fehlen, müssen diese Aufgaben eben durch Polizei und Ordnungsämter gelöst werden. Es war jahrzehntelang kein Problem, Kleinst- und Kleinfeste stattfinden zu lassen, ohne dass es zu gravierenden Problemen kam. Denn bei diesen Festen mit bis zu 1.500 Besuchern geht es nicht um die Duisburger Love Parade, sondern um kleine regionale Dorfveranstaltungen. Ich verstehe, dass man den Veranstalter ab einer gewissen Personengruppe an den Sicherheitskosten beteiligen will. Dieser hat dann aber auch entsprechende Einnahmen und kann das alles stemmen.“
Dass aber Ehrenamtler, die ihr kleines Dorffest organisieren wollen, ebenfalls solchen Prüfungen und gegebenenfalls Auflagen unterzogen werden sollen, hält Stephan Wefelscheid für nicht vertretbar. „Hier sollte man wirklich die Kirche im Dorf lassen und geübte Praxis nicht unnötig verkomplizieren. Rückmeldungen aus dem Land belegen mir, dass es für Vereine immer schwieriger wird und Veranstaltungen unter freiem Himmel und ohne Einzäunung nahezu undurchführbar werden. Damit geht aber ein Stück Heimat verloren, das Flair an der Mosel oder in der Pfalz lebt auch durch Kerwe- und Weinfeste. Das betrifft auch Ernte-Dank-Umzüge oder Fronleichnamsprozessionen. Damit steht ein Stück kultureller Geschichte auf dem Spiel. Wir FREIE WÄHLER wollen dies nicht,“ so Wefelscheid abschließend.