29. Plenarsitzung – Patrick Kunz zu „Aktuelle Situation der Geburtshilfe und der Hebammenwissenschaft in Rheinland-Pfalz“ (Besprechung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD und Antwort der Landesregierung auf Antrag der Fraktionen der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP) – mit Video

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Die SPD hat ihre große Anfrage „Die Aktuelle Situation der Geburtshilfe und der Hebammenwissenschaft in Rheinland-Pfalz“ zur Aussprache aufgerufen. Bevor ich mich der Anfrage zuwende, lassen sie mich an dieser Stelle den rheinland-pfälzischen Hebammen meinen aufrichtigen Dank für ihre Arbeit aussprechen. Ich zolle ihnen höchsten Respekt. Denn wenn man sich für den Beruf der Hebamme entscheidet, geschieht das nicht aus finanziellen Beweggründen, sondern es ist vielmehr als Entscheidung zu verstehen, Mutter und Kind den Eintritt in eine neue, gemeinsame Lebensphase sicher, fürsorglich und liebevoll zu ermöglichen.

Um einen unlängst häufig verwendeten Ausdruck zu bemühen: Für Mütter gehören Hebammen vor, bei und nach der Geburt zur kritischen Infrastruktur. Umso wichtiger ist es, dass sie auf politischer Ebene unsere volle Unterstützung erfahren. Die Möglichkeit eines Studiums der Hebammenwissenschaft hat die Ausbildung für viele junge Menschen sicherlich attraktiver gemacht. Von daher ist es auch zu begrüßen, dass neben der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen auch ab dem Wintersemester 2023/2024 an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz ein solcher Studiengang angeboten werden soll.

Angesichts der unzweifelhaften Kompetenz von erfahrenen Hebammen hat es mich dann allerdings doch verwundert, dass man ihnen offenbar nicht zutraut, eine Geburtsstation zu leiten und gleichzeitig seitens der Kliniken keine Planungen bestehen, hebammengeleitete Geburtsstation zu eröffnen. Meine Damen und Herren, ich bin mir sicher, wer Verantwortung in der Stunde der Geburt übernimmt, kann auch organisatorische Verantwortung übernehmen.

Der von den Geburtshilfen geforderte Betreuungsschlüssel von 1 zu 1 ist indes nur zu unterstreichen. Die Sicherheit, die Hebammen werdenden Mütter bei der Geburt schenken, ist in diesen physisch und psychisch belastenden Stunden von enormer Bedeutung.  Aus diesem Grund kann das Land bei der Nachwuchsgewinnung auch nicht allein auf die Krankenhäuser verweisen, sondern muss die Studienkapazitäten in den kommenden Jahren Stück für Stück an beiden Standorten erhöhen.

Dass die Schließung geburtshilflicher Abteilungen mit geringen Geburtszahlen – vor allem im ländlichen Raum – auf eine unzureichende Vergütung über die DRG-Fallpauschalen zurückzuführen ist, ist sicherlich korrekt. Man hätte jedoch landesseitig über ein Sonderprogramm gegensteuern können, um die Schließung der beschriebenen Standorte zu vermeiden. Dabei ist eine länderübergreifende Kooperation, so in der großen Anfrage ausgeführt, wie beispielsweise mit dem Krankenhaus St. Joseph in St. Vith, Belgien, ein hilfreiches zusätzliches Angebot.

Es kann jedoch grundsätzlich nicht sein, dass aufgrund mangelnder Infrastruktur in Rheinland-Pfalz, Mütter gezwungen werden in einem Nachbarland zu entbinden. Hier muss dringend Abhilfe geschaffen werden. Dazu gehört auch, die Haushaltsmittel für die Hebammenzentralen im Doppelhaushalt 23/24 deutlichen zu erhöhen, gespannt erwarte ich den Entwurf der Landesregierung. Auch im Sinne des Fachkräftemangels muss Rheinland-Pfalz ein attraktiver Standort für Hebammen werden. Die Landespolitik kann die Verantwortung hierbei nicht allein auf die Kliniken abwälzen.

Wir sind alle gefordert, sei es durch unser Wirken auf kommunaler Ebene oder im Landtag, angehenden und praktizierenden Hebammen attraktive Rahmenbedingungen für ihren Berufsalltag zu schaffen. Für Hebammen ist ihr Job eine Berufung und ebenso leidenschaftlich müssen wir dafür eintreten, dass sie dieser Berufung finanziell abgesichert und mit einem entlastenden Betreuungsschlüssel nachgehen können.

Die FREIE WÄHLER-Landtagsfraktion steht geschlossen an der Seite unserer Hebammen, dankt Ihnen für ihren unermüdlichen Einsatz und wird ihre Unterstützung für die Geburtshilfen im Rahmen der nun anstehenden Haushaltsberatungen verdeutlichen.

Es gilt das gesprochene Wort.

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