Die Situation im Ahrtal ist nach wie vor angespannt. Die Flutkatstrophe des vergangenen Sommers hat eine unfassbare Zahl an Opfern gefordert. Dies wird uns als Land, insbesondere aber den unmittelbar Betroffenen, für immer im Gedächtnis bleiben. Wir stehen weiterhin fest an ihrer Seite.
Zum anderen hat sie jedoch auch materielle Schäden verursacht, in einem Ausmaß, das sich niemand vorstellen konnte. Die notwendigen Wiederaufbauarbeiten werden noch für Jahre eine zentrale Herausforderung für die Region, aber auch für das gesamte Land darstellen, auch wenn vieles an kulturellen und ideellen Werten leider für immer verloren ist.
Um den Wiederaufbau voranzubringen steht in erster Linie der Staat in der Pflicht, die zerstörte Infrastruktur wieder Instand zu setzen beziehungsweise neu zu schaffen. Denn nur so ist es den Bürgern und Unternehmen vor Ort möglich, Normalität nach der Krise zu erreichen, Zerstörtes wiederaufzurichten, in ein geordnetes Leben zurückzufinden. Doch gibt es noch immer Probleme mit der Stromversorgung, geheizt wird oft mit provisorischen Installationen, unterrichtet wird vielerorts in Containern, die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Ich begrüße daher ausdrücklich, dass die Landesregierung in Zusammenarbeit mit den Kommunen und den Unternehmen und Bürgern vor Ort echten Einsatz für diese immens wichtige Aufbauarbeit zeigt.
Der hier zur Debatte stehende Entwurf geht ein Hindernis für die Kommunen an, das eben diesen Wiederaufbau verzögert und erschwert. Wir stehen unbedingt dazu, kommunale Bauaufträge lokal und mittelstandsfreundlich zu vergeben, doch in Ausnahmefällen wie derzeit im Ahrtal muss es den überlasteten kommunalen Verwaltungen so einfach und praktikabel wie möglich gemacht werden, die verfügbaren Mittel schnell zum Einsatz zu bringen. Zumal, gerade bei so großen und umfassenden Vorhaben, wie sie dort notwendig sind, liegt es durchaus nahe, Generalunternehmer beziehungsweise Generalübernehmer zu beauftragen, die planerische Arbeit abnehmen, die Verwaltung entlasten und Synergieeffekte nutzen können.
Ich halte die Aufnahme des Ausnahmetatbestands zu dem Grundsatz der Losvergabe für einen sinnvollen Schritt, um einerseits den Aufwand der Einzelfallbegründung bei der Generalunternehmer-Vergabe von den Schultern der Verwaltungen zu nehmen und andererseits dringend benötigte Rechtssicherheit im Vergabeprozess zu schaffen. Gut und richtig ist, dass im Gesetzesentwurf im neuen § 7 Absatz 3 daran gedacht wurde, auch den Absatz 2 Satz als entsprechend anwendbar zu erklären. Darin steht nämlich, dass beauftragte Generalunternehmen zu verpflichten sind, in angemessenem Umfang Unteraufträge an Unternehmen der mittelständischen Wirtschaft zu vergeben, soweit die vertragsgemäße Ausführung dem nicht entgegensteht, und den unterbeauftragten Unternehmen keine ungünstigeren Bedingungen aufzuerlegen, als zwischen ihnen und dem öffentlichen Auftraggeber vereinbart sind. Als Rechtsanwalt, der viele Jahre im Zivilrecht tätig war und auch viele Bausachen vor Gericht ausgetragen hat, weiß ich darum, in welche finanziellen Schwierigkeiten Subunternehmer kommen können, wenn der Markt die Regeln diktiert und vor allem fällige Rechnungen wegen angeblicher Mängel am Bau nicht gezahlt werden. Deswegen ist es sehr wichtig, dass gerade § 7, Absatz 2, Satz 4 entsprechende Anwendung finden soll. Wer auch immer den Gesetzentwurf geschrieben hat war an dieser Stelle wachsam.
Wichtig ist aber auch, dass der Zustand der „Ausnahmesituation“, für den die neue Regelung gelten soll, besonders genau kontrolliert wird, damit der Einsatz dieses Instruments nicht über das gebotene Maß erfolgt. Sobald die Verwaltungen in der betroffenen Region also wieder die Kapazität aufweisen, reguläre Verfahren ohne erhebliche Verzögerungen durchzuführen, muss zu dieser grundsätzlichen Praxis zurückgekehrt werden, damit dort ansässige Unternehmen der Baubranche nicht benachteiligt werden.
Im Ergebnis ist der Gesetzentwurf aber nicht nur sinnvoll, sondern auch dringend geboten.
Die FREIE WÄHLER Fraktion wird diesem Gesetz daher zustimmen.
Es gilt das gesprochene Wort.