14. Plenarsitzung – Joachim Streit zu “Elementarschadenversicherung als Teil eines Gesamtkonzepts zum Schutz vor den finanziellen Folgen von Naturereignissen (Antrag der CDU-Fraktion) – mit Video

Video: Landtag RLP

Der Antrag – so wichtig er ist – wirft zunächst einmal mehr Fragen auf als er Antworten bringt:

• Sind bei Elementarschäden nur Gebäude zu versichern oder auch der Hausrat, der heute oftmals einen enormen Teil des Vermögens ausmacht?
• Besteht eine Kontrahierungspflicht, ein Abschlusszwang des Versicherers, auch alle Interessenten anzunehmen?
• Darf der Versicherer nach mehrmaligen Eintreten eines Schadens auch kündigen?
• Wer nimmt dann den Betroffenen auf?
• Wie sind die Versicherungsprämien für Menschen in besonderen Risikogebieten?
• Gibt es Risikoklassen mit gestaffelten Beiträgen oder eine einheitliche Versicherungsprämie?
• Darf man die im CDU-Antrag angesprochene Versicherungspflicht mit der Kfz-Versicherung vergleichen?
• Und viele Fragen mehr aus dem Bauplanungsrecht . . .

Pflichtversicherungen gibt es in den Bereichen der
1. Sozialversicherung
2. Insolvenzversicherung
3. Haftpflichtversicherung

Das heißt beim Auto gibt es keine Pflichtversicherung, meinen eigenen Schaden ganz abzudecken. Es gibt keine Vollkaskopflicht für mich selbst. Es gibt nur eine Verpflichtung, den anderen durch eine Haftpflicht mit bestimmten Höchstsummen zu schützen. Das haben wir auch wir auch bei den Berufshaftpflichtversicherungen bestimmter freier Berufe (Rechtsanwälte, Architekten, Ingenieure), Betriebshaftpflicht für bestimmte Branchen und Geschäftszweige, Jagd- und Tierhalterhaftpflicht.

Lediglich bei den Sozialversicherungen haben wir eine Verpflichtung gegen sich selbst: gesetzliche Kranken-, Pflege-, Renten-, Arbeitslosenversicherung, die auch durch Beiträge des Arbeitnehmers – mit Ausnahme bei geringfügig Beschäftigten – finanziert werden.

Die frühere – in Teilen von Deutschland – geltende Pflicht-Feuerversicherung ist seit 1994 keine Pflicht mehr.

Wichtigster Punkt für den Katastrophenfall wäre, dass in Deutschland ein Versicherungsmodell entwickelt wird, das allen Eigentümern ermöglicht, eine Gebäude-, Hausrats- und Unternehmensversicherung einzugehen – und zwar mit bezahlbaren Prämien.

Dies ist eine Forderung der FREIEN WÄHLER aus dem 5-Punkte-Programm vom Juli 2021 nach der Flutkatastrophe!

Was macht Österreich in der Frage? Antwort: seit 1951 einen Katastrophenfonds. Der Katastrophenfonds wurde für die zusätzliche Finanzierung von Maßnahmen zur Vorbeugung gegen künftige und zur Beseitigung von eingetretenen Katastrophenschäden eingerichtet. Weiter werden aus Mitteln des Katastrophenfonds auch Einsatzgeräte für Feuerwehren sowie das Warn- und Alarmsystem mitfinanziert. Der Katastrophenfonds wird durch Anteile am Aufkommen an Einkommenssteuer (veranlagte Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kapitalertragssteuern) und Körperschaftssteuer aufgebracht. Obwohl es sich bei diesen Abgaben um gemeinschaftliche Bundesabgaben handelt, wird nur der Bund mit der Bereitstellung der Mittel des Fonds belastet, weil die Anteile von den Ertragsanteilen des Bundes abgezogen werden. Privatpersonen, in deren Vermögen Schäden durch Naturkatastrophen eingetreten sind, können einen Antrag auf Unterstützung aus dem Katastrophenfonds direkt bei ihrer Gemeinde stellen. Die Höhe der Beihilfen wird in Richtlinien der Länder festgelegt.

Die Ausgaben aus dem Katastrophenfonds setzen sich wie folgt zusammen (Erfolg 2020, in Millionen Euro): Schäden Privater 17,9; Schäden Länder 7,0; Einsatzgeräte Feuerwehr 38,1; Schäden Gemeinden 18,6; Schäden Bund 3,5; Vorbeugungsmaßnahmen 242,0; Warn- und Alarmsysteme 3,6; Ernteversicherung 49,4; Schäden an Landesstraßen B 2,3.

Die Lösung unserer Frage der tragbaren Versicherungsprämien für Versicherungsnehmer aus allen Risikoklassen findet sich in einem Punkt des österreichischen Modells: Aus dem Katastrophenfonds werden auch Versicherungsprämien gefördert. Das sind in Österreich zwar nur die Ernteversicherungen, aber dies sehe ich auch als übertragbaren Ansatz für die weiteren Schadensversicherungen in Deutschland.

Insgesamt gibt es mehr offene Fragen als Antworten – und ganz wichtig wäre es, diesen Antrag mit Experten der Versicherungswirtschaft im Ausschuss zu klären. Deshalb beantrage ich die Überweisung in den Wirtschaftsausschuss!

Es gilt das gesprochene Wort.

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