7. Plenarsitzung – Helge Schwab zu: “Gesetzesentwurf zur Änderung des Landesbeamtengesetzes” (mit Video)

Quelle: Landtag RLP

Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen,

Schwache – oder offene Fehlerkultur im Landtag?

Dass der angesprochene §119 Abs. 3 aus dem 17. Landtag ein Bürofehler ist, steht inzwischen außer Frage. Selbst die Regierungskoalition hat dies erkannt und einen Änderungsantrag, gemeinsam mit der CDU eingereicht.

Fraglich ist jedoch, in wie weit wir hier in diesem hohen Hause dazu bereit sind, eine offene Fehlerkultur zu leben.

Sind wir bereit einen Fehler so offen anzugehen, dass wir ihn Rückgängig machen, oder versuchen wir zwanghaft einen Kompromiss zu finden?

Genau hier liegt die Frage, die wir uns in dieser Minute stellen müssen.

Als Staatsbürger in Uniform wurde ich dazu erzogen, eine offene Fehlerkultur zu leben. „Lessons learned“ wurde dies bei uns genannt. Vielleicht war dies auch deshalb so wichtig, weil an falschen Entscheidungen so schnell ein Menschenleben hing.

Hier, im historischen Deutschhaus, in dem wir gerade an einem Gesetz arbeiten, welches nicht ganz so glücklich formuliert wurde, ist dies für manche vielleicht nicht ganz so wichtig.

Für mich schon. Denn ich möchte meiner Linie treu bleiben.

Wenn etwas nicht richtig ist, dann ist es falsch.

Und dieses Gesetz schießt weit über das Ziel hinaus. Es war für hauptamtliche Kommunalbeamtinnen und Kommunalbeamte vorgesehen. In der jetzt vorliegenden Fassung ist es damit falsch. Es gängelt Ehrenbeamte, Ortsbürgermeisterinnen, Ortsbürgermeister, Wehrleiterinnen und Wehrleiter.

Zitat:

„Kommunalbeamtinnen und Kommunalbeamte auf Zeit unterrichten bis zum 1. April eines jeden Kalenderjahres in einer öffentlichen Sitzung der Vertretungskörperschaft über Art und Umfang ihrer innerhalb und außerhalb des öffentlichen Dienstes ausgeübten Nebentätigkeiten und Ehrenämter sowie über die Höhe der dadurch erzielten Vergütungen im vergangenen Kalenderjahr.“

„Vergütung“ ist dem Grunde nach ein Oberbegriff und beschreibt ganz allgemein die finanzielle Gegenleistung für eine erbrachte Leistung. Im bisherigen Gesetz gab es keine Unterscheidung zwischen Kilometergeld, Parkgebühren, Sitzungsgeld oder Grundvergütung.

Genau hier lag oder liegt das Problem.

Wenn Sie von Bleialf nach Mainz fahren, um an einer Sitzung des Kommunalen Rates teilzunehmen, dann sind Sie alleine für die Fahrt hin und zurück mindestens vier Stunden unterwegs und haben rund 380 Kilometer mehr auf ihrem Tacho.

Eine Stunde Sitzungsdauer, Ihr Auto steht für zwei angefangene Stunden in der Tiefgarage, macht folgende Abrechnung:

  • Sitzungsgeld:                   25,56 €
  • Reisekosten:                     95,00 €
  • Parkgebühren:                    5,00 €
  • Gesamtvergütung: 125,56 €

Damit sind 4/5 der Vergütung tatsächliche Kosten, die dem Sitzungsteilnehmer in Ausübung des Ehrenamtes entstanden sind.

Der Selbe Sitzungsteilnehmer ist vielleicht Mitglied in einer Planungsgemeinschaft, Mitglied in einem Verwaltungsrat, durch sein vielfältiges Engagement Mitglied im VG-Rat sowie im Kreistag. Was glauben Sie, wieviel von den über 4000 €, welche nach dem Änderungsantrag Drucksache 18/1134, der Berichtspflicht unterliegen sollen, am Ende des Tages wirklich Sitzungsgelder sind? Hier besteht zumindest Nachbesserungsbedarf in der Gesetzesbegründung.

An dieser Stelle möchte ich erwähnt wissen, dass ich das Rad nicht neu erfinden wollte und mir deshalb den Änderungsantrag 18/1134 als sehr gut ausgearbeitetes Grundgerüst für unseren eigenen Änderungsantrag ausgeliehen habe. Ich bitte von Plagiatsvorwürfen abzusehen.

Ohne Klarstellung, welche Zahlungen zu den Vergütungen hinzuzurechnen sind, verfälschen sie durch dieses Gesetz die öffentliche Wahrnehmung der Berichterstatter. Über 4000 €. Ohne definierte Differenzierung viel Geld, für einen Ehrenbeamten in einem kleinen Dorf.

Damit schüren sie Neid, Missgunst und Hetze. Unnötig.

Sie selbst müssen als Mitglied des Landtages erst ab einer Bagatellgrenze von 5000 € im Einzelfall berichten. Die gleiche Grenze sollte auch hier gelten. Eine Regel für alle.

Die unschätzbare Arbeit der Ehrenamtlichen in unserem Land durften wir sehr deutlich nicht erst während und jetzt auch nach der Flutkatastrophe im Ahrtal anerkennen und schätzen lernen.

Es ist mir eine Herzensangelegenheit und unser aller Aufgabe das Ehrenamt zu fördern und ehrlich wertzuschätzen.

Lassen Sie uns über die Parteigrenzen hinweg gemeinsam die fehlerhafte Norm korrigieren und aus Respekt und zum Schutz unserer kommunalen Ehrenbeamten vor Beleidigungen, Anfeindungen und Missgunst die Bagatellgrenze im Einzelfall auf 5000 €/Kalenderjahr anpassen. Eine Regel für alle.

Die Ehrenbeamten komplett aus der Berichtspflicht zu nehmen wäre selbstverständlich die bessere Lösung gewesen.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und würde mich stellvertretend, als ehrenamtlicher Ortsbürgermeister, über eine Zustimmung und Wertschätzung all meiner Kolleginnen und Kollegen durch ihr Abstimmungsverhalten freuen.

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