66. Plenarsitzung – Patrick Kunz zu “Pflegebedürftigkeit überschreitet Prognosen – Rheinland-Pfalz auf Kurs bringen”

Aktuelle Debatte auf Antrag der FREIE WÄHLER-Fraktion

Video: Landtag RLP

Vor dem legalen Kiffen gab es 50.000 Pflegebedürftige, nach der Legalisierung von Cannabis sind es unerwartet 360.000. Womöglich war man beim Bedienen des Rechenschiebers bekifft, als man die 50.000 berechnet hat und hatte dann einen nüchternen Moment und festgestellt, ups es sind über 360.000. Das Siebenfache mehr zum Ursprung hat auch Auswirkungen auf Rheinland-Pfalz. Nicht ohne Grund haben die Pflegeverbände immer wieder in den letzten Jahren mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass die Pflegesituation mehr als angespannt ist.

Und nun, meine Damen und Herren, muss ich Sie ernsthaft fragen: Wird die Pflegesituation explodieren oder kollabieren? Herr Minister, wie sieht es mit der Evaluation der generalistischen Pflegeausbildung aus? Schaffen wir die angestrebten Ziele oder schaffen wir sie nicht? Die aktuellen Pflegereports von BARMER 2023 und DAK 2024 zeigen alarmierende Entwicklungen in der Pflegebedürftigkeit.

Der BARMER-Pflegereport zeigt, dass die Zahl der Pflegebedürftigen auf 4,96 Millionen Ende 2021 gestiegen ist. Der DAK Pflegereport 2024 stellt fest, dass die Zahl der Pflegebedürftigen die 5-Millionen-Grenze überschritten hat und hebt den “Sandwich-Effekt” hervor, der dazu führt, dass sowohl die Babyboomer-Generation als auch deren Eltern gleichzeitig pflegebedürftig werden Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat nun einen Steuerbonus für Menschen vorgeschlagen, die trotz Rentenalter weiterarbeiten. Wie hoch der zusätzliche Freibetrag bei der Einkommenssteuer sein könnte, ist jedoch noch offen.

Da eine Steuerbefreiung jedoch kein Thema für die Landesregierung ist, müssen wir auf bereits funktionierende Dinge zurückgreifen und das sind Mehrgenerationenprojekte. Ob Mehrgenerationenwohnungen oder Pflegebauernhöfe, diese Ansätze sind probate Mittel, um der Situation im Ansatz auch nur entgegenzuwirken. Meine Kollegen Stephan Wefelscheid und Lisa-Marie Jeckel waren im Dezember 2023 bei solch einem Pflegebauernhof in Marienrachdorf und haben mir nur Gutes darüber berichtet. Dort kommen Mensch und Tier zum Einsatz und wie toll das ist, kann man ja aus dem Sprechvermerk zu unserem Berichtsantrag nachlesen. Der Betreiber des Pflegebauernhofs erklärte, dass der tägliche Kontakt mit Tieren die kommunikativen Fähigkeiten und das Wohlbefinden der Senioren fördert.

Nicht grundlos kann man in zwei Videos auf der Website des genannten Pflegebauernhofs die Ministerpräsidentin Dreyer und den Landtagspräsidenten Hering sehen, wie sich beide positiv zu dem Konzept Pflegebauernhof äußern. Der Hof wurde mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Deutschen Pflegepreis 2023. Das wäre auch vielleicht ein guter Einstieg für die Landesregierung, sich dieser Thematik anzunehmen. Solche Modelle müssen Schule machen und gezielter gefördert werden!

Zum Thema Zuverdienst möchte ich hinzufügen, dass junge Männer und Frauen einen freiwilligen Dienst ableisten sollen, ähnlich wie früher die Wehrpflicht. Hier soll im Fokus der Sozialdienst an erster Stelle stehen und im Ersatzdienst die Wehrpflicht. Die Gesellschaft hat sich gewandelt und der Bedarf an Sozialarbeitern auf Zeit ist extrem hoch. Diesen Bedarf müssen wir kompensieren und wenn sich aus diesen Sozialarbeitern auf Zeit dauerhafte Sozialarbeiter gewinnen lassen, ist das ein Gewinn für die Gesellschaft und kann dem Fachkräftemangel im Bereich der Pflege entgegenwirken.

Unsere Forderungen sind nicht unbegründet: Anfang dieses Jahres erreichten meinen Kollegen Helge Schwab und mich eine Vielzahl an Briefen aus verschiedenen Pflegeheimen, die uns ihre Probleme schilderten. Diese Einrichtungen berichteten übereinstimmend von wirtschaftlicher Bedrohung durch unzureichende Refinanzierung, steigenden Kosten und gravierendem Personalmangel.

Besonders eindrücklich war der Brief des Haus Marienberg aus Kamp-Bornhofen, der die fehlende Refinanzierung der Personal- und Sachkosten sowie die daraus resultierende Bedrohung der Existenz und der Arbeitsplätze der Mitarbeiter betonte. Bereits 2014 besuchte Minister Schweitzer zusammen mit dem damaligen Innenminister Lewentz das Haus Marienberg. Ein weiterer Besuch folgte 2016 durch die damalige Ministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler. Trotz dieser hochrangigen Besuche wendet sich das Haus Marienberg nun 2024 mit einem verzweifelten Schreiben an unsere Fraktion.

Auch andere Pflegeeinrichtungen klagen über ausbleibende Zahlungen, Personalmangel und bürokratische Hürden, die sie wirtschaftlich an den Abgrund treiben. Meine Damen, meine Herren, was ist da nur los? Diese Stimmen zeigen uns, wie dringend der Handlungsbedarf ist. Schöne Pressefotos reichen einfach nicht länger aus. Es ist dringend notwendig, dass die Landesregierung endlich handelt und die Versprechen aus ihrem eigenen Koalitionsvertrag zur Pflege vollständig umsetzt. Die Landesregierung muss jetzt Verantwortung übernehmen und zeigen, dass sie die Pflegekrise ernsthaft angeht.

Es gilt das gesprochene Wort.

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