58. Plenarsitzung – Helge Schwab zu “Landwirtschaft in Rheinland-Pfalz – Selbstversorgung nicht gefährden”

Aktuelle Debatte auf Antrag der FREIE WÄHLER-Fraktion

Video: Landtag RLP

In der zweiten Januarwoche haben die noch laufenden Proteste unserer Bäuerinnen und Bauern einen vorläufigen Höhepunkt erreicht. Die Bevölkerung reagiert überwiegend mit Verständnis. Das Bewusstsein, dass unsere Landwirte, Obstbauern und Winzer in hohem Maße die Sicherung unserer Ernährung garantieren, ist für uns alle spürbar, in unserer Gesellschaft noch vorhanden. Angesichts der weltweiten Krisen und Kriege ist vielen klargeworden, dass nur ein hoher Selbstversorgungsgrad die schlimmsten Konsequenzen verhindern kann, wenn die internationalen Versorgungsketten nicht mehr funktionieren oder gar ganz zusammenbrechen. Eine stabile Landwirtschaft muss also sein.

Jetzt ist nicht die Zeit, über Kürzungen in dieser Branche zu sprechen.

Die Bundesregierung kennt offenbar ihre eigenen Zahlen nicht, sonst würde es diese Pläne für Einsparungen in diesem Sektor nicht geben. Öko-Landbau, verbunden mit der Forderung nach dem Rückbau landwirtschaftlicher Flächen erscheint für einige die Lösung aller Probleme zu sein. Und natürlich die komplette Abschaffung der Viehwirtschaft. Stichwort CO2. In einem Online-Post wurde sogar angeregt, sich bei der Sicherstellung der Versorgung mit landwirtschaftlichen Produkten ganz aufs EU-Ausland zu verlassen – ohne zur Kenntnis zu nehmen, dass im Krisenfall auch die Versorgungsketten innerhalb des EU-Binnenmarktes in Gefahr sind.

Das sind Visionen von Fantasten, die meist als Stadtmenschen unsere Landwirtschaft bestenfalls aus Kinderbüchern und den Bildern im Bio-Supermarkt kennen!

In diesem Zusammenhang verweise ich auch auf Stimmen von Aktivisten, die eine drastische Reduzierung der Landwirtschaft und der Lebensmittelproduktion zur Rettung des Klimas fordern. Muss der Klimawandel also wieder einmal herhalten, um andere Motive zu verschleiern? Bereits Anfang 2021 meldete „Agrar heute“, dass in den vergangenen zehn Jahren die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe bundesweit um mehr als 35.000 abgenommen hat, wobei Rheinland-Pfalz bei den Betriebsschließungen einen Spitzenplatz einnimmt. In den letzten beiden Jahren gaben weitere Landwirte ihren Betrieb auf. Heute sind wir bei etwa 15.900 Betriebe. Die bewirtschaftete Fläche von rund 705.000 Hektar entsprach (2022) nahezu gleichbleibend in etwa der Fläche aus 2010. Das war bevor man Flächen stilllegen musste.

Angesichts dieser und weiterer Fakten frage ich: Was wären wir ohne eine funktionierende Landwirtschaft? Nach heutigem Stand müssen wir in Rheinland-Pfalz in Notsituationen nicht verhungern, weil unsere Landwirte trotz aller Widrigkeiten durch Weltmarkt und Politik noch bereit sind, an sieben Tagen in der Woche für uns zu arbeiten.

Dafür bin ich sehr dankbar!

Diese Tatsache wird leider allzu gern ausgeblendet. Wer allerdings meint, Landwirtschaft sei eine Goldgrube, kann gerne einsteigen. Auch in diesem Wirtschaftssektor wird Nachwuchs händeringend gesucht um folgende Zahlen zumindest zu halten: Unser Selbstversorgungsgrad für Nahrungsmittel liegt in Deutschland laut Statista im Berichtsjahr 21/22 bei rund 86 Prozent. Ein Landwirt ernährt durchschnittlich 139 Menschen – mehr als doppelt so viele wie noch 1990.

Das ist nur möglich, weil wir eine Hochleistungslandwirtschaft haben und eben keine Ökobauern-Idylle, die derartige Herausforderungen bestenfalls nur anteilig leisten könnte. Ich freue mich jetzt auf verbindlichen Aussagen der Landesregierung, wie sie gedenkt, das hohe Versorgungsniveau bei den derzeitigen Vorhaben der Bundesampel in unserem Rheinland-Pfalz langfristig zu sichern. Oder sollen vielleicht gar Übernahmen unserer Landwirtschaftlichen Flächen durch Großinvestoren mit fragwürdigen Plänen weit ab der Nahrungsmittelproduktion durch die Hintertür gefördert werden?

Unser Bundes-Verteidigungsminister spricht von der Wiedererlangung der Kriegstüchtigkeit, während andere Berliner Ministerien durch unüberlegte Rettungsversuche ihrer eigenen verkorksten Finanzpolitik zur Umsetzung ihrer ideologiegetriebenen und lebensfremden Klimapolitik unsere Versorgungssicherheit täglich neu aufs Spiel setzen.

Wir haben gesehen, dass es derzeit um die Selbstversorgung in Deutschland gar nicht so schlecht bestellt ist. Aber ich sage NOCH!

Bei den Kartoffeln erreicht der Selbstversorgungsgrad laut Statista im letzten Berichtsjahr sogar stolze 147 Prozent! Deutschland gehört hier – auch dank Johannes Zehfuß und seiner Familie – zu den bedeutendsten Produzenten weltweit. Erfreuliches gibt es auch über den Getreideanbau zu berichten. Hier lagen wir durchschnittlich bei rund 107 Prozent.

Fazit: Von den kriegsbedingten Lieferengpässen aus der Ukraine war Deutschland zu keiner Zeit betroffen. Auch, wenn der LEH die Gunst der Stunde zur künstlichen Verknappung nutzte. Und den Verbraucher über Gebühr in Anspruch nahm. Bei Sonnenblumenöl, Obst und Gemüse ist unser Land dagegen auf Importe angewiesen.

Hier zwei Beispiele: Bei Äpfeln erreicht der Eigenanteil lediglich 48, bei den Kirschen sogar nur 18 Prozent. Auch beim Gemüse allgemein dürfte es im Krisenfall zu Engpässen kommen. Der Eigenanteil erreicht gerade einmal 38 Prozent.

Und die Viehwirtschaft? Hier können wir uns heute in Rheinland-Pfalz noch gut selbst versorgen. 2022 gab es bei uns rund 298.000 Rinder, wobei der Anteil der Milchkühe bei etwa einem Drittel liegt. Zum Vergleich: 2020 betrug die Gesamtzahl noch knapp 313.000 Rinder. Wir wissen aus der Vergangenheit: Landwirtschaft unterliegt einem ständigen Wandel, wobei der Blick auf die Zahlen auch zeigt, dass unsere Landwirte in der Lage sind, schnell auf wechselnde, aktuelle Gegebenheiten zu reagieren.

Wenn man diese Fachleute nur lässt!

Aufgabe der Politik muss es deshalb sein, für gute und vor allem stabile und verlässliche Rahmenbedingungen zu sorgen. Die derzeitige Berliner Ampelpolitik ist hierzu definitiv nicht geeignet! Unsere Bauern brauchen Stabilität, Verlässlichkeit und Chancengleichheit auf dem internationalen MarktDafür sind wir, die Politik zuständig

Es gilt das gesprochene Wort.   

Related Images:

Nach oben scrollen