50. Plenarsitzung – Helge Schwab zu “Erstes Landesgesetz zur Änderung des Wasserentnahmeentgeltgesetzes” – mit Video

Gesetzentwurf der Landesregierung

Video: Landtag RLP

Wasser ist unser wichtigstes Lebensmittel. Schutzmaßnahmen sind also stets das Gebot der Stunde. Und so spricht grundsätzlich nichts dagegen, auch die Wasserentnahme neu zu regeln. Mit diesem Fazit könnte man die Debatte um das neue Gesetz sehr schnell abschließen. Doch bei näherer Betrachtung des Entwurfs fragt man sich dann doch: Warum werden wieder einmal Landwirte und Winzer in die Pflicht genommen und andere nicht?

Wer mit Fachleuten in Verbänden und Arbeitskreisen spricht, wird vor allem eines hören: Landwirte und Winzer benötigen nur 7 Prozent des Wasserdargebots. Und: Diese für die Versorgung unseres Landes immens wichtige Gruppe verbraucht das Wasser nicht, sondern gebraucht es – das ist ein wichtiger Unterschied. Kehrt doch das Wasser unverschmutzt in den Wasserkreislauf zurück. Man könnte jetzt natürlich sagen, dass alles nur halb so wild ist, weil infolge der Änderung vor allem große, finanzstarke Unternehmen belastet werden. Das stimmt aber nicht.

So werden zum Beispiel auch kleinere Obstbaubetriebe zusätzlich belastet, weil für die Bewässerung von Obstbauanlagen doch erhebliche Wassermengen erforderlich sind. Einsparungen, die ja mit dem Gesetz erreicht werden sollen, würden sich auf den Baumbestand und die Qualität der Ernten auswirken – und das in einer Zeit, in der so viel von CO2-Bilanz und Regionalität die Rede ist. Indirekt werden wieder einmal unsere Landwirte und Winzer für Probleme verantwortlich gemacht, die es vor allem in den Höhenlagen schon immer gegeben hat – manchmal lohnt sich ein Besuch des Landeshauptarchivs. Und wieder einmal steht das Vorurteil im Raum, dass Landwirte und Winzer nicht sparsam mit Wasser umgehen können.

Dem ist nicht so.

Dass wir kein „Erziehungsgesetz“ brauchen, rechnete der Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau (BWV) jüngst vor. Demnach kostet das Fördern und Verteilen von Grundwasser bereits jetzt etwa 60 bis 70 Cent pro Kubikmeter. Jetzt sollen noch einmal 6 Cent für Grundwasser und 2,4 Cent für das Oberflächenwasser dazukommen, wenn die „Freimengen“ überschritten werden. Schon der nüchterne Blick auf die reinen Zahlen zeigt: Es liegt im ureigenen Interesse unserer Landwirte und Winzer, Wasser zu sparen, zumal die Entnahmemengen ohnehin kontingentiert sind.

Ich frage mich: Wird diese Unternehmergruppe nicht schon genug gegängelt?  Warum werden ihre Betriebe immer weiter belastet? Diese Fragen muss man sich auch bei der geplanten Änderung des Wasserentnahmeentgeltgesetzes stellen, die ja bereits am 1. Januar 2024 in Kraft treten soll. Sicherlich: Wenn man die Novelle und die gewährten „Freimengen“ von 10.000 beziehungsweise 20.000 Kubikmetern allein für sich betrachtet, könnte man zu dem Schluss kommen, dass die Sache nicht so dramatisch ist. Mit Blick aufs Ganze ergibt sich dennoch ein anderes Bild.

Scheibchenweise werden den Betrieben in vielen Bereichen neue Vorschriften und Kostenerhöhungen serviert, die nicht im vollen Umfang weitergegeben werden können. Landwirte, Winzer und Verbraucher zahlen am Ende die Zeche. Die geplante Novelle ist aus meiner Sicht außerdem ein weiterer Pflasterstein auf dem Weg in eine Zukunft mit weiter steigenden Kosten und noch mehr Bürokratie.

Eine Zukunft, in der selbst die genügsamsten Idealisten die Lust an einer Selbstständigkeit verlieren könnten. Die Ankündigung, dass für die Umsetzung des geänderten Gesetzes zwei weitere Verwaltungsstellen in der Besoldungsgruppe A 10 und in der Entgeltgruppe 10 TV-L geschaffen werden, dürfte darüber hinaus diejenigen bestätigen, die das Vorurteil hegen, dass für nichts Geld da ist – außer für die staatliche Verwaltung.

Vor allem frage ich mich, ob die Berechnung, dass infolge der Novelle genügend Geld aus dem Bereich der Land- und Forstwirtschaft eingenommen wird, wirklich stimmt. Meines Wissens rechnet die Landesregierung mit Mehreinnahmen von 400.000 bis 800.000 Euro pro Jahr, um „ressourcenschonende Bewässerungsprojekte“ zumindest in Teilen zu finanzieren. Welche und wie viele Projekte sind im Einzelnen gemeint? Und vor allem: Beruht das Ganze wirklich auf einer soliden kalkulatorischen Basis?

Fragen über Fragen, die für mich mit der aktuellen Vorlage bestenfalls nur vage beantwortet werden können. Berücksichtigt man diese Fakten, entpuppt sich das Änderungsgesetz als das, was es ist: Als weiterer Versuch der Landesregierung, die Einnahmesituation zu verbessern und genau diesen Ansatz mit dem Prädikat „alternativlos“ zu verschleiern.

Es gilt das gesprochene Wort.

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