MAINZ. Der vom Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität (MKUEM) vorgelegte und vom Ministerrat gebilligte Entwurf für ein neues rheinland-pfälzisches Landesjagdgesetz soll scheinbar ausschließlich den wirtschaftlichen Forstinteressen dienen. Das Wild, die Jagd, aber auch die berechtigten Interessen der Landwirtschaft sind dem MKUEM offensichtlich egal.
Unverständlich sind die Einbrüche, die das Ministerium mit Blick auf das bewährte Reviersystem plant: Die Möglichkeit für Grundstückseigentümer, neben einem Jagdpächter selber zu jagen, sind jagdpraktisch widersinnig und dürften neben der offenbar geplanten Möglichkeit zur Bildung neuer Jagdgenossenschaften bei Zusammenschlüssen von Grundstückseigentümern mit einer Fläche zu 100 ha dazu führen, dass vor allem landwirtschaftlich geprägte Reviere mit hohem Feldanteil unverpachtbar werden. Diese Aspekte widersprechen nicht nur einer nachhaltigen Bewirtschaftung der Wildbestände, die von den Jägerinnen und Jägern in Rheinland-Pfalz seit Jahren mit hoher Verantwortung und mit hohem Einsatz auch für Artenvielfalt und Naturschutz wahrgenommen wird. Sie sind auch ein Affront gegen die Landwirtschaft und die Kleinwaldbesitzer, die nebenbei auch noch die Forst- und Waldideale der Landesregierung unabhängig von konkreten Bewirtschaftungszielen übergestülpt bekommen.
Nach unseren Informationen waren die vorgenannten Aspekte weder Gegenstand des vom Ministerium vorgelegten Diskussionspapiers im Rahmen der Evaluierung zum Landesjagdgesetz, noch Gegenstand der Stellungnahmen der betroffenen Verbände. Dieser Umstand konterkariert vor allem auch den angeblich transparenten Evaluierungsprozess. Das Ministerium wird sich fragen lassen müssen, warum es überhaupt einen monatelangen Evaluierungsprozess anstößt, wenn es in Wahrheit doch Hinterzimmerpolitik betreiben möchte. Außerdem beinhaltet der jetzt vorgelegte Gesetzesentwurf entgegen dem Koalitionsvertrag keine „bedarfsgerechte Weiterentwicklung“ des Landesjagdgesetzes, sondern eine weitreichende Neuordnung des Jagdwesens!
Leider wird durch den Entwurf auch das ehrenamtliche Engagement der Jägerinnen und Jäger mit Füßen getreten. Das lässt sich schön am Beispiel der Rehkitzrettung aufzeigen: Die Jägerschaft hat eigene Mittel in Drohnen investiert, die dem Auffinden von Rehkitzen in den abzuerntenden Feldern dienen. Hier ist die Jägerschaft seit Jahrzehnten aktiv und hilft der Landwirtschaft freiwillig in deren Verantwortungsbereich. Nun sollen die Jäger scheinbar gesetzlich zu ihren bisher freiwilligen Leistungen verpflichtet werden – ungeachtet der Frage, wie die meist berufstätigen Jägerinnen und Jäger dies überhaupt leisten sollen und können? Sollen dann zukünftig Musikvereine auch zu einer gesetzlich verankerten Hilfsleistung herangezogen werden, auch wenn dies nichts direkt mit musizieren zu tun hat?
Wer freiwilliges Engagement durch gesetzliche Vorgaben ersetzt, legt nicht nur ein seltsames Demokratieverständnis an den Tag, er riskiert auch, dass sich eine engagierte und stets zuverlässige Bevölkerungsgruppe wie die Jägerschaft zurückzieht. Diese steht somit nicht mehr für die Erfüllung der Aufgaben in der Natur, im Feld und im Wald zur Verfügung.
Der in Ausmaß und Tragweite nicht mit den betroffenen Verbänden abgestimmte Entwurf kann damit schon auf Basis der ersten Erkenntnisse unmöglich als Grundlage für ein neues Landesjagdgesetz herhalten. Auch die jetzt beabsichtigte Anhörung der betroffenen Verbände und Institutionen zum Gesetzesentwurf hat schon in der Vergangenheit oft zu diesem Ergebnis geführt: „Wie haben euch angehört – ändern werden wir doch nichts mehr.“
Das Ministerium muss hier handeln und den Entwurf zurückziehen!