In einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes von 1990 steht – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten: „…Die Forstpolitik der Bundesregierung ist weniger auf Marktpflege ausgerichtet; sie dient vor allem der Erhaltung des Waldes als ökologischen Ausgleichsraum für Klima, Luft und Wasser, für die Tier- und Pflanzenwelt sowie für die Erholung der Bevölkerung. …“ Nun haben wir den Waldzustandsbericht von 2022 vorliegen, 32 Jahre später, und stellen fest, dass wir nichts Wesentliches verbessert haben. Die Lage verschlimmert sich von Jahr zu Jahr. Und dabei ist der Wald der wichtigste Verbündete gegen den Klimawandel!
Trockenheit und Hitze führten 2022 wieder zu einer Vitalitätsschwächung der Bäume, vor allem auch der Buche. Die Auswirkungen dieser Schwächung sind derzeit laut dem aktuellen Waldzustandsbericht noch nicht abzusehen. Zusätzlich verschärfen die hohen Temperaturen die Waldbrandgefahr und begünstigen die Entwicklung vieler Baumschädlinge und Baumkrankheiten. Im Zuge der erwartenden Klimaveränderungen wird auch eine Häufung der Wetter-Extrema erwartet. Die Waldbewirtschaftungsmaßnahmen müssen daher an den geänderten Wald- und Wasserhaushalt angepasst werden.
Denn wir Menschen brauchen den Wald – als Sauerstoffproduzent, zur Regulierung der Verdunstungsrate, zur Wasserspeicherung im Boden. Gerade alte, gut durchmischte Wälder halten den Wasserhaushalt im Boden intakt und sind somit besser auf Dürreperioden vorbereitet.
Durch die Grundsatzanweisung „für den Umgang mit flächenwirksamen Störungen in den Wäldern“ vom 1.8.2022 ist Landesforsten Rheinland-Pfalz bereits einen guten Schritt nach vorn gegangen und zeigt mit dieser Anweisung auf, welche vorbeugenden Maßnahmen bei der Waldentwicklung getroffen werden sollen: ich zitiere: „…Auf mittlere und längere Sicht entscheidend ist aber die geduldig und stetig betriebene Entwicklung ungleichaltriger, reich gemischter Dauerwälder mit den Mitteln der naturnahen Waldbewirtschaftung…“.
Wir FREIE WÄHLER begrüßen außerdem das Forschungsprogramm „Klimawald 2100“, das mit wissenschaftlichem Know-how vier Module zum Thema Wald, Waldboden, Biodiversität und Wasser abarbeitet. Wir erwarten, dass die hierbei gewonnenen Erkenntnisse schnellstens Eingang in die praktische Arbeit finden, um nicht noch mehr Zeit zu verlieren.
Auch das Fazit des Waldzustandsberichtes 2022 ist ganz klar: Mischwälder und stabile Einzelbäume müssen her, um den Wald wieder in seiner natürlichen und gesunden Dynamik zu unterstützen. Nur der konsequente Schutz der natürlichen Dynamik ermöglicht mittel- bis langfristig wieder einen artenreichen Wald, der nicht nur zur Erholung einlädt, sondern uns auch im Kampf gegen den Klimawandel hilft!
Besonders freut es mich, dass der Waldzustandsbericht 2022 der Bedeutung des Wasserrückhaltes im Wald ein großes Kapitel widmet. Ich habe schon mehrfach, auch in meiner letztjährigen Rede zum Waldzustandsbericht 2021, gefordert, den Waldboden besser zu schützen und den Humusaufbau zu fördern als wichtige Wachstumsgrundlage und natürlichen Wasserspeicher. Gerade im Hinblick auf die Abmilderung der schrecklichen Folgen von Starkregenereignissen sowie für eine nachhaltige Grundwasserneubildung ist seine Aufnahmekapazität von herausragender Bedeutung.
Doch was tun wir? Z.B. haben wir in vielen Wäldern in kurzen Abständen Rückegassen, die von schweren Maschinen befahren werden. Dies führt zur Bodenverdichtung und wie aus dem Waldzustandsbericht hervorgeht haben vor allem lehmige Böden dadurch bedingt einen erhöhten Oberflächenabfluss – und daher steigt wiederum die Gefahr einer Sturzflutentstehung.
Dies alles gilt vor allem für Gipfellagen und Gebiete mit großflächigen Waldverlusten, die z.B. durch Trockenheit und Borkenkäferbefall vor allem in Fichtenkulturen entstanden sind. Genau dort ist also eine zeitnahe Wiederaufforstung von Kahlflächen zwingend erforderlich, um den Boden vor Erosion zu schützen und um seine lebenswichtige Funktion nicht nur zu erhalten, sondern auch zu stärken. Eine andere Nutzung dieser Flächen darf nur in besonderen Notfällen ermöglicht werden.
Und genau hier offenbart sich ein Dilemma der Grünen, eines von vielen: Wollen Sie in Kammlagen, wo unter anderem das Problem der Sturzfluten beginnt, Wald und intakten Waldboden erhalten oder wollen Sie dort Windräder bauen? Windräder, die enorme Fundamente benötigen, die Abholzung, Wegebau und Bodenverdichtung durch schwerste Geräte bedeuten. Wollen Sie also einen dauerhaften Erhalt der Schutzfunktionen oder die unwiederbringliche Zerstörung wegen einer kurzfristigen Übergangstechnologie? Sie müssen sich entscheiden, so oder so, für beides gibt es Argumente und Gegenargumente. Aber vor allem müssen Sie den Menschen reinen Wein einschenken. Sie müssen ihnen gestehen, dass Sie den Teufel mit dem Beelzebub austreiben wollen.
Es gilt das gesprochene Wort.