Aktuelle Debatte Grüne
Heute sprechen wir über ein Thema, das uns alle tief bewegt: den Schutz unserer Kinder und Jugendlichen vor sexualisierter Gewalt. Es ist ein Thema, das über Fraktionsgrenzen hinweg im Zentrum unseres politischen Handelns stehen muss, denn hier geht es um das Wohl und die Zukunft der jüngsten Mitglieder unserer Gesellschaft.
Der Kinderschutz darf aber keine parteipolitische Bühne sein, auf der man sich einen Vorsprung zu verschaffen versucht. Es ist vielmehr eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, bei der jede Initiative und jede Maßnahme willkommen ist, solange sie dem Schutz unserer Kinder und Jugendlichen dient.
In diesem Zusammenhang passt auch die Übergabe von 40 Handlungsempfehlungen der Expertenkommission, die der Landesregierung überreicht wurden. Diese Empfehlungen sind ein wichtiger Schritt, aber die Arbeit hört hier nicht auf. Der Schutz von Kindern muss konkret in Maßnahmen münden, die in Kitas, Schulen, Sportvereinen und allen anderen Bereichen, in denen Kinder sich aufhalten, spürbar umgesetzt werden.
Seit Bekanntwerden zahlreicher Missbrauchsfälle, sei es in der Kirche, sei es in anderen Einrichtungen, wissen wir, wie tief diese Problematik reicht. Es geht nicht nur um die juristische Aufarbeitung, sondern vor allem auch um die
Prävention und die frühzeitige Erkennung von Kindeswohlgefährdungen. Dafür braucht es nicht nur gut ausgebildete Fachkräfte in Justiz und Polizei – deren Aufstockung wir begrüßen –, sondern auch ein wachsames Auge von allen, die mit Kindern arbeiten.
Wir müssen anerkennen, dass es in der Vergangenheit immer wieder zu Vertuschungen und falschen Verdächtigungen kam. Missbrauchsfälle wurden nicht nur verschwiegen, sondern oft von vielen gedeckt. Das darf nicht mehr passieren. Gleichzeitig müssen wir aber auch sicherstellen, dass Unschuldige nicht zu Opfern falscher Verdächtigungen werden, wie der Fall eines Lehrers aus dem Raum Koblenz gezeigt hat.
Ein Aspekt, der ebenfalls zunehmend an Bedeutung gewinnt, ist die Verbreitung und der Besitz kinderpornografischer Schriften und Medien. Hier wurden Fachbereiche für Sexualdelikte eingerichtet, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Doch wichtiger als die reine Strafverfolgung ist die Prävention. Die Erkennung von Kindeswohlgefährdungen muss ein zentrales Anliegen sein, und dabei sind alle betreuenden Personen gefordert.
Auf Seite Achtundachtzig können wir bei den Handlungsempfehlungen ein mir sehr am Herzen liegendes Projekt wiederfinden. Ich möchte hier ansprechen, dass als ein weiteres Beispiel, wie Kinderschutz weiterentwickelt werden kann, die Debatte um spezialisierte Zentren wie das „Childhood-Haus“, das in Hessen erfolgreich eingeführt wurde, empfohlen wird.
– Wir erinnern uns, dass auch wir FREIE WÄHLER genau darin ein hervorragend passendes Projekt sehen –
Solche Zentren bieten Kindern, die Opfer von Gewalt wurden, einen Ort, an dem alle relevanten Akteure – von der Polizei über die Rechtsmedizin bis hin zur psychosozialen Betreuung – unter einem Dach zusammenarbeiten. In Rheinland-Pfalz fehlen bisher solche Strukturen, und die Landesregierung hat sich bislang gegen ein Modellprojekt ausgesprochen. Mein Kollege von der SPD sagte im Ausschuss dazu sinngemäß: Wir haben doch bereits gute Strukturen und brauchen keine Dopplungen. Doch die Erfahrungen aus anderen Bundesländern zeigen, wie effektiv diese Zentren arbeiten. Wir sollten uns diese Praxis zum Vorbild nehmen und auch in Rheinland-Pfalz einen solchen Weg einschlagen. Liebe Kollegen der SPD, ich hoffe sie können auch endlich den Nutzen für unser Land in dem Projekt erkennen.
Neben all diesen Aspekten darf aber auch der Bereich Sport nicht vergessen werden. Hier scheint sich gerade ein regelrechter Wettbewerb zu entwickeln, wer die besten Präventionsmaßnahmen einführt. Der DOSB hat mit einem Gutachten der Deutschen Sporthochschule Köln einen wichtigen Schritt getan, doch es gibt zahlreiche parallel laufende Initiativen, deren Effektivität erst noch bewertet werden muss. Wichtig ist jedoch, dass im Sport endlich gehandelt wird, denn auch dort sind Kinder und Jugendliche gefährdet.
Ein zentraler Punkt, den wir heute nicht vernachlässigen dürfen, ist die unzureichende Versorgungslage im Bereich der psychotherapeutischen Betreuung von Kindern und Jugendlichen.
Die aktuelle Bedarfsplanung für psychotherapeutische Leistungen, insbesondere nach SGB V, ist völlig unzureichend und entspricht nicht mehr den gesundheitspolitischen Erfordernissen unserer Zeit. Trotz der dringenden Notwendigkeit und der klaren Zielvorgaben im Koalitionsvertrag, die Wartezeiten auf einen Therapieplatz zu verkürzen, insbesondere für Kinder, Jugendliche und Menschen in ländlichen Gebieten, sehen wir bisher kaum Fortschritte.
Besonders betroffen sind Opfer sexualisierter Gewalt und Menschen mit Traumafolgestörungen, die oft monatelang auf einen Therapieplatz warten müssen. Dies ist nicht nur inakzeptabel, sondern hat auch schwerwiegende Folgen für die Betroffenen und unser gesamtes Versorgungssystem.
Die Überlastung der Kinder- und Jugendhilfe, die in solchen Fällen oft als Ausfallbürge dient, verdeutlicht, wie dringend eine Reform der psychotherapeutischen Bedarfsplanung ist. Es ist an der Zeit, dass wir hier handeln und die notwendigen Schritte unternehmen, um eine bedarfsgerechte und schnelle Versorgung sicherzustellen.
Wie seit längerem wollen wir als FREIE WÄHLER vor allem eines: Effiziente und lösungsorientierte Umsetzungen die vor allem den Betroffenen weiterhilft.
Die 40 Handlungsempfehlungen der Expertenkommission sind für uns daher ein erster Schritt, doch wir müssen sicherstellen, dass diese Maßnahmen nicht nur auf dem Papier bestehen, sondern in der Praxis zum Tragen kommen. Wir FREIEN WÄHLER werden diesen Prozess konstruktiv begleiten und auf eine baldige Umsetzung drängen.
Die Arbeit der Kinderschutzdienste, oft ehrenamtlich oder an soziale Einrichtungen angegliedert, verdient dabei eine stärkere finanzielle Unterstützung. Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass der Schutz unserer Kinder oberste Priorität hat und keine weiteren Verschleppungen oder Verzögerungen erdulden muss.
Es gilt das gesprochene Wort.