Wefelscheid hakt nach – Landesregierung hält entsprechende Alarm- und Einsatzpläne für „nicht erforderlich“
MAINZ. Vor dem Hintergrund des verheerenden Erdbebens in Japan und auch der Verwüstungen in Marokko, Afghanistan, der Türkei und Syrien im vergangenen Jahr stellt sich für viele Menschen die Frage, ob wir hierzulande im Falle des Falles auf eine solche Katastrophe vorbereitet sind. Wie die VRM am 2. Januar 2024 berichtete, sind schwere Erdbeben hierzulande zwar selten, die Gefahr werde laut Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe als „gering bis mittel eingestuft“. Doch gebe es in Rheinland-Pfalz verschiedene Gebiete, in denen häufig zumindest schwache Erdbeben registriert werden – so etwa den Oberrheingraben, das Mainzer Becken, das Rheintal und die Niederrheinische Bucht. Und dort, wo es häufig zu solchen Beben komme, bestehe auch eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für das Auftreten schwerer Beben. Am 18. Dezember 2023 bebte in Nassau im Rhein-Lahn-Kreis die Erde mit immerhin 3,0 Magnitude.
Stephan Wefelscheid, Parlamentarischer Geschäftsführer der FREIE WÄHLER-Landtagsfraktion, hatte zu dem Umgang der Landesregierung mit dem möglichen Auftreten von Erdbeben zwei Anfragen gestellt – die erste im März 2022, die jüngste im November 2023 (siehe Anhang). „Liegen entsprechende Alarm- und Einsatzpläne vor? Wer trägt die Verantwortung? Und welche Rolle spricht die Landesregierung der sogenannten ,Selbsthilfefähigkeit‘ der Bevölkerung zu“, fragte Wefelscheid. „Die Antworten sind ernüchternd: Einsatzpläne brauche man nicht, dafür sei das Eintreten eines solchen Falls zu unwahrscheinlich. Und die Selbsthilfefähigkeit sei zwar ein wichtiges Element des Katastrophenschutzes, auch im Falle eines schweren Erdbebens“, so der Parlamentarische Geschäftsführer der FREIEN WÄHLER. „Entsprechendes Wissen zur Selbsthilfe wird aber abseits des Brandschutzes nicht vermittelt.“
Entsprechende Pläne für Evakuierungen oder Hilfemaßnahmen liegen in keiner Kommune im Land vor, ebenso wenig beim Land selbst.
„In den vergangenen Jahren häufen sich Naturkatastrophen, die unseren Katastrophenschutz immer wieder an seine Belastungsgrenzen bringen“, so Wefelscheid, auch Obmann im Untersuchungsausschuss Flutkatastrophe. „Die Katastrophe im Ahrtal hat viele Defizite schonungslos aufgedeckt. Unter anderem auch, dass das Land auf eine derartige Großschadenslage unzureichend vorbereitet war. Auch wenn es sehr unwahrscheinlich sein mag, dass es hier bei uns in Rheinland-Pfalz zu starken Erdbeben kommen kann: Vorsicht ist besser als Nachsicht! Denn die Auswirkungen eines schweren Bebens in besiedeltem Gebiet können verheerend sein.“ Bei einem starken Beben wüsste kaum jemand, was zu tun oder wie sich zu verhalten wäre, so Stephan Wefelscheid. „Auf die Selbsthilfefähigkeit der Bevölkerung zu verweisen, wie es die Landesregierung, namentlich der damalige Minister Volker Wissing, in der Antwort auf eine Anfrage im Jahr 2017 getan hat, ist unverantwortlich. An dieser Position – auch nach den vielen Toten im Ahrtal – festzuhalten ist nicht nachvollziehbar. Falls der Ernstfall eintreten und bis dahin keine entsprechenden Pläne vorliegen sollten, soll keiner sagen, er habe damit nicht rechnen können“, spricht der FREIE WÄHLER-Abgeordnete Klartext.