4. Plenarsitzung am 14. Juli
Im Namen der Fraktion FREIE WÄHLER im rheinland-pfälzischen Landtag begrüße ich den Gesetzentwurf zur Anpassung des Hochschulgesetzes an die durch die immer noch andauernde Corona-Pandemie veränderte Situation an unseren Hochschulen. Wir halten den Entwurf für ausgewogen und der Situation angemessen. Warum?
Die beabsichtigte Ausdehnung der Regelstudienzeitverlängerung auf das Wintersemester 2020/2021 und das Sommersemester 2021 ist sinnvoll. Dadurch werden die Corona-Folgen für eingeschriebene und nicht beurlaubte Studierende abgemildert. Ohne diese Regelung könnten Studierende, die wegen der besonderen Umstände mehr Zeit zum Abschluss des Studiums brauchen, unverschuldet ihren Anspruch auf Förderung gemäß Bundesausbildungsförderungsgesetz einbüßen. Das wäre ganz sicher ungerecht.
Auch die vorgesehene Verordnungsermächtigung für den Fall, dass bei künftigen SemesternAuswirkungen einer Pandemie oder vergleichbare Umstände den Hochschul- und Wissenschaftsbetriebs einschränken oder behindern, halten wir für sinnvoll. Bei Bedarf kann das zuständige Ministerium dann die Regelstudienzeit durch eine Rechtsverordnung anpassen und somit in angemessener Zeit zugunsten der Studierenden reagieren.
Aus dem gleichem Kontext ergibt sich auch die Option, Beamtenverhältnisse auf Zeit, die der Qualifizierung dienen, auf Antrag um bis zu zwölf Monate zu verlängern, sofern die Qualifizierung durch eine Pandemie oder vergleichbare Umstände gefährdet ist. Bei befristeten, privatrechtlichen Dienstverhältnissen, die nicht dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz unterliegen, kann ebenso verfahren werden – und das ist gut so.
Weil von dieser Verlängerungsoption vor allem der wissenschaftliche Nachwuchs, Juniorprofessorinnen und Juniorprofessoren sowie wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Universitäten profitieren werden, trägt dies auch zur Stärkung und Attraktivität des Wissenschaftsstandortes Rheinland-Pfalz bei. Warum sollten die FREIEN WÄHLER dem widersprechen? Wir werden also diesem Gesetzentwurf gerne zustimmen.
Besonders beeindruckt mich als Neuling, wie man in einer solch trockenen Materie auch völlig andere, politisch opportune Gesichtspunkte unterbringen kann: Das Gesetz berücksichtigt sogar die Auswirkungen von Corona auf die spezifische Lebenssituation von Frauen und Männern: Zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter wird die pandemiebedingte Verlängerungsoption von befristeten Dienstverhältnissen nicht mit der Verlängerungsoption bei Elternzeit oder Betreuung von Kindern „verrechnet“, sondern soll zusätzlich gewährt werden. Ebenso kann die Verlängerung der Regelstudienzeit zur Kompensation von pandemiebedingten Nachteilen und Einschränkungen im Studium beitragen, von denen weibliche Studierende aufgrund der Lebenssituation von Familien mit Kindern oder wegen der Pflege von Angehörigen besonders betroffen sind. Auch die FREIEN WÄHLER halten es für angezeigt, diese zusätzlichen pandemie-bedingten Belastungen auszugleichen.
Noch zwei Anmerkungen zum Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen. Zum einen bin ich in einem für mich relativ neuen Gebiet außerordentlich beeindruckt von der Akribie, mit der solche Änderungen bis ins kleinste Detail und mit minimalen Eingriffen formuliert werden – und wie man sich über mehrere Stufen hinweg und unter Zuhilfenahme des ursprünglichen Gesetzes vorarbeiten muss bis man dann aber auch den Sinn des Ganzen versteht. Das Herz des Naturwissenschaftlers lacht! Als Kommunalpolitiker bin ich zum anderen hoch erfreut über den Punkt 1. b), in dem in der Verordnungsermächtigung die Worte „Pandemie oder vergleichbare Umstände“ durch „Naturkatastrophe oder einer anderen außergewöhnlichen Notsituation“ ersetzt und dadurch verallgemeinert werden. Dies dient tatsächlich der Rechtsklarheit und einheitlichen Formulierung, denn es sind genau die Begriffe, die auch in der Corona-bedingten Ergänzung des § 35 der rheinland-pfälzischen Gemeindeordnung benutzt werden! Dafür danke.
Abschließend lassen Sie mich noch einen kleinen Bogen schlagen. Wie ich schon ausführte, begrüßen wir, die Fraktion FREIE WÄHLER, diesen Gesetzentwurf. Er verbessert ganz sicher die Situation an den Hochschulen. Aber nicht nur diese sind von der Pandemie betroffen, sondern auch viele andere Institutionen und Menschen, insbesondere viele Selbständige in den verschiedensten Gebieten, deren verordnete Sonderopfer bisher nur unzureichend ausgeglichen wurden. Auch wenn für eine Abhilfe hier – im Gegensatz zu den Hochschulen – erhebliche finanzielle Mittel erforderlich sind, erhoffe ich mir dennoch von allen, die sich heute für die Hochschulen stark machen, auch eine Unterstützung unseres morgigen Antrags zu einer Entschädigungsregelung für Selbständige.